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Der Kindersammler

Titel: Der Kindersammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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werden.«
    »Ja ...« Annes Herz klopfte bis zum Hals.
    »Ich hab die Anschlüsse schon gelegt. Es fehlen nur noch die Heizkörper. Ich bau sie dir ein. Aber du bräuchtest dann natürlich einen Gastank im Garten, denn mit den Gasflaschen kommst du nicht weit, die reichen für eine Heizung nicht.«
    Anne brach der Schweiß aus. Sie konnte das alles nicht glauben und nicht einordnen. Entweder war sie finanziell ruiniert, wenn er das alles in die Tat umsetzte, oder er musste komplett verrückt sein.
    Sie schwieg. Das Wasser im Espressokännchen blubberte. Enrico goss den Kaffee in zwei kleine Espressotassen und stellte sie auf den Tisch. Er holte Zucker und ein paar trockene Kekse und setzte sich.
    »Und du?«, fragte Anne. »Seit wann lebst du hier?«
    »Seit dreizehn Jahren.«
    »Und dir hat die Heizung im Winter nie gefehlt?«
    »Nein. Ich brauche nichts. Ich habe auch die beiden Badezimmer nur gebaut, um das Haus eventuell irgendwann mal verkaufen zu können. Mir reicht es, draußen jeden Tag einmal in das kleine Naturschwimmbad zu springen. Ein Badezimmer ist für mich der reine Luxus, und den will ich nicht.«
    »Auch im Winter badest du jeden Tag im Pool?«
    Enrico nickte. »Ich habe von der Quelle einen Schlauch nach unten zum Schwimmbad gelegt, da kann man sich abduschen. Carla ist letztes Jahr bis November in den Pool gegangen und hat draußen geduscht. Sie gewöhnt sich immer mehr daran.«
    »Carla ist deine Frau?«
    »Ja. Wir sind nicht verheiratet, aber wir leben seit vielen Jahren zusammen.«
    Anne sah zu dem Bild auf, unter dem sie saß. »Ist sie das?« Enrico nickte.
    »Ja. Aber im Moment ist sie bei ihren Eltern in Deutschland. Ihr Vater ist sehr krank. Ich hoffe, dass sie bald wiederkommt.«
    Seine Stimme hatte einen sehr sanften, weichen Klang. Dieser herbe, durchtrainierte, muskulöse Mann war offensichtlich überaus sensibel, aber dennoch war sie erneut verunsichert. Enrico und eine Frau? Sie grübelte, warum sie sich das beim besten Willen nicht vorstellen konnte, während sie einen Keks aß und sich in der Küche umsah.
    »Diese Küche ist wunderschön. Ich kenne keine schönere.«
    »Du hast wahrscheinlich nicht allzu viele toscanische Küchen gesehen.« Enrico schmunzelte.
    »Warum willst du überhaupt verkaufen?«
    »Das Leben ist mir zu bequem geworden, weißt du ... Ich habe hier alles, und es kommt immer mehr dazu Seit wir vor zwei Jahren Strom bekommen haben, macht mir das Wohnen im Tal keinen Spaß mehr. Ich will bescheidener leben. Ich brauche das alles nicht. Keinen Strom, keine Möbel, keinen Besitz. Im Grunde auch kein Haus. Am liebsten wäre ich nur mit einem Koffer unterwegs. Das ist für mich Freiheit. Aber Carla will das nicht.«
    »Und wohin gehst du, wenn du verkaufst?«
    »Keine Ahnung. Irgendwas findet sich schon. Und wenn es ein alter VW-Bus ist, in den ich eine Matratze lege. Ein wunderbares Gefühl, nicht zu wissen, was kommt.«
    »Oh, mein Gott.« In Anne regte sich bereits eine Spur von schlechtem Gewissen. »Und was sagt deine Frau dazu?«
    »Keine Ahnung. Sie weiß es noch gar nicht.«
    »Und wenn sie hier bleiben will?«
    »Das will sie bestimmt. Aber das geht nicht. Mach dir darüber bloß keine Gedanken.«
    Enrico stand auf, wusch die beiden Espressotassen sofort ab und stellte sie auf das frei von der Decke hängende Regal, das bei jeder Berührung hin und her schwang und das Geschirr leise klappern ließ, wie eine sphärische Küchenmusik.
    »Das Regal gefällt mir.«
    »Ich hab es extra für diese Küche gebaut. Vor diese schiefen Wände kannst du keinen Schrank stellen. Außerdem mag ich keine Möbel. Also—sag mir, was du behalten willst, du kannst alles haben, kein Problem, ich will es nicht mehr.«
    Was war das nur für ein Mensch?
    »Du hörst dich an, als würdest du dich umbringen wollen.«
    »Nein«, jetzt lächelte er endlich wieder. »Das will ich ganz bestimmt nicht. Im Gegenteil. Ich will mindestens neunzig Jahre alt werden, und deshalb versuche ich auch, etwas bescheidener zu leben. Damit mein Geld länger reicht. Und überhaupt. Wenn ich mich umbringen wollte, würde ich Carla das Haus lassen.«
    Anne hatte das Gefühl, Enrico schon jahrelang zu kennen, und fühlte sich plötzlich wie zu Hause. Aber im Grunde war es unlogisch, was Enrico sagte.
    »Dann verkauf doch das Haus so teuer wie möglich! Dann reicht dein Geld länger! Das verstehe ich nicht!«
    »Nein.« Und jetzt wurde er fast heftig. »Nein, ich baue ein Haus, ich restauriere es, ich

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