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Der Kindersammler

Titel: Der Kindersammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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aber ohne Leichen konnten sie wenig tun. So hatten sie ihre Ermittlungen irgendwann ergebnislos eingestellt.
    Als Mareike die Bilder der vermissten Jungen sah, bekam sie am ganzen Körper eine Gänsehaut. Alle drei waren blond, sehr schlank, sehr zart und klein für ihr Alter. Alle drei waren zwischen zehn und dreizehn Jahren alt und hatten eine verblüffende und — wie Mareike fand — gespenstische Ähnlichkeit mit Daniel, Benjamin und Florian.
    »Ich bin wieder da!«, brüllte Edda aus dem Flur.
    »Prima! Und sogar pünktlich!«, brüllte Mareike zurück und versuchte, dennoch keinen Satz von dem Bericht zu überhören.
    Edda riss die Küchentür auf. »Du siehst fern?«, tönte sie. »Und dann noch beim Essen? Willst du verblöden?«
    »Edda, sei mal bitte ganz kurz ruhig, ich will hier was hören ...«
    Edda machte ein beleidigtes Gesicht. »Kaum bin ich zu Hause, meckerst du rum. Aber ich kann ja wieder gehen, wenn es dir lieber ist.« Edda verließ die Küche und sch miss die Tür hinter sich
    Mareike verdrehte die Augen und seufzte. Dann konzentrierte sie sich wieder auf den Fernseher, aber die Reportage war nach einem kurzen Statement des Maresciallo der Carabinieri, Albano Lorenzo, zu Ende. Er hatte seine Besorgnis zum Ausdruck gebracht, dass die Toscana nun auch allmählich in die Kriminalität abrutschen könnte. Die Toscana, in der die jungen Menschen ihre Eltern noch achteten und eine Perspektive hatten, in der Verbrechen früher einfach nicht vorgekommen waren und man seine
    Kinder unbesorgt im Wald spielen und einen Sack voll Geld auf der Straße stehen lassen konnte — er war auch am nächsten Tag noch da.
    Mareike schaltete den Fernseher aus und zündete sich eine Zigarette an.
    Ich wusste ja gar nicht, dass es in Italien so blonde Jungen gibt, dachte sie. Und wenn unser Mörder aus Deutschland abgehauen und nach Italien gegangen ist? Möglich wäre es, und es würde erklären, warum die Mordserie in Deutschland so plötzlich aufhörte. Auch in Italien waren die Kinder im Abstand von jeweils drei Jahren verschwunden. Verflucht noch mal, dachte sie, jetzt sehe ich diesen verdammten Mörder schon überall. Aber es könnte doch sein! Viele Menschen wanderten aus und zogen in den Süden. Warum nicht auch unser Mörder?
    Sie holte das Telefon aus dem Flur und rief Karsten Schwiers an. »Karsten«, sagte sie, »hast du eben das Reportagemagazin im Zweiten gesehen?«
    Karsten hatte nicht, und sie schilderte ihm das Gesehene so detailliert wie möglich. Sie fügte auch ihre Vermutung hinzu und fragte ihn, ob sie nicht mal mit den Kollegen in der Toscana Kontakt aufnehmen sollten ...
    »Ich bitte dich«, sagte Schwiers. »Ich bitte dich wirklich, Mareike.« Diesen Ton kannte sie zur Genüge. So gestelzt redete er immer, wenn er sie für übergeschnappt hielt.
    »Unser Mörder hat eine Macke. Er hat seine Opfer immer für uns in Szene gesetzt. Damit wir es ein bisschen nett hatten am Tatort.« Jetzt wurde er sarkastisch, aber Mareike sagte nichts. »Es hat fabelhaft funktioniert, wir sind ihm trotz dieser riskanten Mätzchen nicht auf die Schliche gekommen. Warum sollte er sich jetzt plötzlich in der italienischen Pampa die Mühe machen, die Leichen verschwinden zu lassen? Du weißt, das ist das größte Problem.«
    »Ich weiß«, sagte sie tonlos.
    »Also wie man da in der Handschrift des Mörders eine Ähnlichkeit oder gar Übereinstimmung entdecken kann, kann ich nicht ganz nachvollziehen.« »Es ist nur so ein Gefühl, Karsten. Ein diffuses Bauchgefühl.«
    »Hm.« Karsten wollte jetzt nichts dagegen sagen, denn Mareikes Intuitionen waren schon oft verblüffend richtig gewesen und hatten bereits mehrmals bei Ermittlungen ins Schwarze getroffen.
    »Ich dachte, wir schicken den Carabinieri mal ein Fax und bitten um ein paar Infos.«
    »Mareike ..., in Südafrika, China und Usbekistan sind bestimmt auch kleine Kinder verschwunden. Wir können nicht mit der ganzen Welt korrespondieren und alle Fälle vergleichen!«
    »Schon gut, war ja nur so ne Idee.«
    »Nicht böse sein. Wir sehen uns morgen?«
    »Sicher.« Mareike legte auf.
    Bettina kam um zehn nach Hause. Auf dem Elternabend von Jans Klasse war im Grunde nur die bevorstehende Klassenfahrt besprochen worden, und Bettina ärgerte sich, überhaupt hingegangen zu sein. Mit Klassen reisen kannte sie sich aus. Die Infos, die andere Eltern, deren Kinder zum ersten Mal wegfuhren, wie nasse Schwämme aufsaugten, brauchte sie nicht.
    Mareike blätterte in

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