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Der Klabautermann

Der Klabautermann

Titel: Der Klabautermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fritz«, sagte Hartmann. »Beim Trinken erwischen wir ihn am wenigsten, vor allem, wenn er nachts Wasser zapft.«
    »Mit anderen Worten: Der Spuk geht weiter.« Hellersen hob resignierend die Schultern. »Wir sind alle lächerliche Figuren, meine Herren. Vermeiden Sie es später bloß, davon zu erzählen. Es ist kein Ruhmesblatt in der Seefahrt, was Sie da beschreiben könnten. Hartmann?«
    »Herr Kapitän?«
    »Vertreten Sie mich bitte heute am Kapitänstisch und entschuldigen Sie mich. Sagen Sie, ich müßte mit der Reederei in Kontakt bleiben und erwarte Funkmeldungen. Und Sie, Herr Losse, bitten Herrn Dr. Schwengler zu mir in die Wohnung. War Dr. Schwengler mit an Land?«
    »Ja, Herr Kapitän.«
    »Und Konsul Fehrenwaldt?«
    »Nur seine Gattin.«
    »Er ist an Bord zurückgeblieben?« Hellersen hob nur ein wenig die Augenbrauen. Absurd, was ich denke, sagte er sich. Aber ist im Leben nicht das Absurdeste denkbar? Er ist an Bord geblieben. Wo hat man ihn auf dem Schiff gesehen? Salat, frische Möhren und Butter sind gestohlen worden. Auf einem Schiff ist alles möglich. Da hatten wir einen Passagier, der wurde überrascht, wie er in der Bügelkammer auf dem Bügeleisen Spiegeleier briet. Bei 600 Passagieren muß man mit allem rechnen.
    »Ich danke, meine Herren«, sagte Hellersen dienstlich. »Einen schönen Abend noch.«
    Und die Offiziere antworteten im Chor: »Danke, Herr Kapitän.«
    Dr. Schwengler, noch etwas erschöpft von dem Landausflug auf Sumatra, aber doch vom Duschen erfrischt, machte erst einen schnellen Umweg über die Pool-Bar, ehe er zur Kapitänswohnung ging. Ein Bier war für ihn heute die genialste Erfindung, die je ein Mensch gemacht hatte.
    Die Untersuchung von Fehrenwaldts Prothese war am Morgen genauso verlaufen, wie Schwengler es geahnt hatte.
    Pünktlich um 10 Uhr war Konsul Fehrenwaldt im Hospital erschienen, wurde von Schiffsarzt Dr. Schmitz begrüßt und dann an den ›Zahnkollegen‹ abgegeben. Fehrenwaldt war erstaunt, als er in den großen Behandlungsraum kam.
    »Das ist ja grandios«, sagte er. »Die haben ja alles hier. Operationstisch, Narkosegerät, Zahnarztstuhl, Kurzwelle, EKG … hier kann man beruhigt krank werden …«
    Er lachte selbst laut über diesen Witz, räkelte sich auf dem Zahnarztstuhl und blinzelte etwas, als Schwengler den Scheinwerfer heranschwenkte und die Lampe anstellte.
    »Für Notfälle sind Sie gut eingerichtet.« Schwengler zog die Schublade mit den Instrumenten auf und griff nach dem Mundspiegel. »Hier kann gegipst und verbunden werden, geschient und bestrahlt, auch ein Röntgengerät ist da, und akute Blinddärme hat man auch schon operiert. Ein Mikrowellengerät gibt es und eine Inhaliereinrichtung. Und nun, Herr Fehrenwaldt, machen Sie bitte den Mund weit auf.«
    »Sie wollten nur hineingucken, Doktor …«
    »Natürlich.«
    »Warum ziehen Sie dann die Instrumentenschublade heraus?«
    Dr. Schwengler mußte lächeln. Ob brüllendes Kleinkind oder Konsul: Auf dem Behandlungsstuhl sind sie alle gleich. Von allen Ärzten ist der Zahnarzt der gefürchtetste und unsympathischste. Warum eigentlich? Die Zeiten, in denen man mit einem Fußtrittbohrer arbeitete, sind doch längst vorbei.
    »Ich mußte doch den Spiegel holen.«
    »Und die anderen Marterinstrumente?«
    »Bleiben im Kästchen. Ehrenwort. Ich fummele doch nicht an Ihrer Prothese herum ohne Ihren Auftrag. Herr Konsul, bitte Mund auf!«
    »Lassen Sie bitte den Konsul weg.« Fehrenwaldt legte den Kopf an die Stütze, riß den Mund auf und schloß, wie die meisten Zahnarztpatienten, die Augen. Wer auf einem Zahnarztstuhl liegt, ist bereit zur Resignation.
    Dr. Schwengler beugte sich vor und warf einen Blick auf den wiederhergestellten Kiefer und das Gebiß. Eine fabelhafte Arbeit, das sah er sofort. Ein großer Könner, der Kollege. Aber Schwengler sah auch, daß zwischen dem Abdruck auf dem Hallau-Papier und diesem Gebiß keinerlei Ähnlichkeit bestand. Wer auch immer in das Manuskript gebissen und es mit den Zähnen zerrissen hatte – Fehrenwaldt war es nicht gewesen. Man brauchte da gar keine Vergleichsmessungen vorzunehmen, das Bild war völlig klar.
    Schwengler richtete sich wieder auf, Fehrenwaldt öffnete die Augen.
    »Nun?« fragte er.
    »Hervorragend!«
    »Das habe ich immer gesagt.«
    »Und wann ist das alles gemacht worden?«
    »Die Plastik vor 38 Jahren. Das Gebiß, das Sie jetzt besichtigen, stammt aus dem Jahre 1978. Das bisherige Gebiß mußte erneuert werden, weil das Material, das man

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