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Der Klabautermann

Der Klabautermann

Titel: Der Klabautermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Ich wiederhole die Meldung: Bei mir in der Kabine sitzt der Klabautermann.«
    »Beatrice!«
    »Er liegt bei mir im Bett und fühlt sich wohl. Ich soll die Herren herzlich von ihm grüßen.«
    Hellersen brüllte jetzt. »Haben Sie den Verstand verloren? Das geht zu weit!«
    »Ich schwöre Ihnen, Herr Kapitän: Er liegt bei mir im Bett.«
    »Der ›Blinde‹?!«
    »Jawohl, der›Blinde‹. Er kann nicht mehr weg. Ich habe die Kabine abgeschlossen.«
    »Beatrice! Wenn das stimmt …«
    »Es stimmt, Herr Kapitän.«
    »Den Kerl will ich sofort sehen. Hartmann, Sie kommen mit.« Hellersen stieß sich ab und spreizte die Finger. »Meine Herren, die Besprechung ist beendet. Sie werden durch Rundspruch über die neue Situation verständigt. Ha! Der Bursche kann was erleben! Den drehe ich durch die Mühle …«
    Das Candlelight -Dinner gehört zu den großen gesellschaftlichen Ereignissen einer Schiffsreise. Die Herren, meistens im weißen Smoking, führen ihre Damen zu Tisch, die sich in dem Schmuck sonnen, den sie stolz tragen. Dieser Schmuck ist wie eine Visitenkarte: Wer soviel Wertvolles um den Hals hängen kann, wie ein normaler Mensch sein ganzes Leben lang nicht zu verdienen vermag, der hat es geschafft, in der dünnen Luft der oberen Zehntausend zu leben. Im Kerzenlicht, das auf allen Tischen flackert, glitzern die Edelsteine noch mal so feurig … es ist ein Abendessen, das gedämpfter als sonst stattfindet, so als vertrügen Brillanten, Smaragde, Saphire und Rubine keine lauten Töne. Eine Abart von Andachtsstimmung breitet sich aus; die Lektüre der Gala-Speisekarte wird zelebriert, als genieße man den Vortrag eines Psalms.
    Überraschenderweise standen jedoch keine Wachen vor den Speisesaaleingängen, wurden keine Lifts überwacht, gingen keine Patrouillen durch die Kabinengänge und über die Decks, stand der Sicherheitsoffizier nicht mit allen Mannschaften im Sprechfunkkontakt. Vielmehr saß Hellmut Dornburg an einem Achtertisch, dessen Tischoffizier er für dieses Gala-Essen war.
    Warum auch sollte man noch vorsichtig sein? Der ›Blinde‹ war gefangen und hatte – so Kapitän Hellersen in seinem Offiziersrundspruch – gestanden. Alles. Jede Untat. Und er hatte sich sehr zerknirscht gezeigt. Er war bereit, sich bei den Betroffenen zu entschuldigen.
    Für diesen Festabend hatte Kapitän Hellersen seinen Kapitänstisch umgestaltet. Er hatte alle ›Geschädigten‹ eingeladen und um sich versammelt. Um den großen runden Tisch saßen sie nun alle erwartungsvoll: das Ehepaar Lotte und Peter Ahlers, die Baronin Thekla von Sahlfelden, Eduard Hallinsky, Friedhelm von Sollner, Erna und Arno Falkenhausen, Peter Hallau, Dr. Hans-Jakob Schwengler und Frau Selma, Konsul Fehrenbach mit Gattin, Wilhelmine Möller mit Ehemann Julius und Fritz Tölle, der Chief. Man hatte ihnen nicht gesagt, warum sie alle an den großen Tisch gebeten worden waren, aber irgendwie ahnten sie, daß etwas ganz Großes auf dem Schiff vorgefallen war. Etwas, das sie alle unmittelbar betraf.
    »Man hat ihn …«, flüsterte Hallinsky der Baronin zu. »Ich wette, man hat ihn! Ich werde beantragen, ihn uns auszuliefern.«
    Noch merkwürdiger war es, daß neben dem Kapitänstisch die Bordband Aufstellung genommen hatte, zudem nicht im gebührenden Smoking, sondern in einer Art karnevalistischer Kostümierung. Kein Repeater konnte sich erinnern, jemals bei einem Candlelight-Dinner die Bordband im Speisesaal gesehen zu haben. Kerzen in Silberleuchtern und eine Band … das paßte nie zusammen. Außerdem stand vor dem Kapitän ein Mikrophon! Was soll das?
    Die Spannung stieg.
    Der Tusch, den die Band plötzlich spielte, schreckte fast jeden auf. Die Köpfe flogen herum zum Kapitänstisch.
    »Meine Damen und Herren!« sagte Hellersen. Infolge der Lautsprecher erreichte seine Stimme den letzten Winkel des Saales. »Sie werden heute alles anders finden, als man es bisher gewöhnt war. Aber das hat seinen Grund. Auf unserem schönen Schiff hat sich in den letzten Tagen allerlei Merkwürdiges ereignet. Da wurden Biergläser ausgetrunken, Schals flogen durch die Luft und verknoteten sich am Davit, im Magazin und in der Bäckerei verschwanden Lebensmittel, aus der Küche wurde ein Braten gestohlen, eine Dame wurde an Deck umgestoßen und der Reißverschluß ihres Abendkleides heruntergezogen, ein Passagier wurde niedergeschlagen, unserem Leitenden Ersten warf man eine Taurolle auf den Kopf, ein BH flatterte als Fahne im Wind, unserem Chief wurde die

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