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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
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im Schneidersitz hinter einem Spielzeugklavier zu sehen waren.
    „Wo ist Betty?“, fragte George.
    „Sie versteckt sich. Betty und Dorothy haben Lockenwickler im Haar.“ Von hinten traf sie ein Kissen und sie musste lachen.
    „Und wo sind deine Lockenwickler?“
    Allie hob eine ihrer Haarsträhnen an. „Natürliche Locken. Manchmal ein Segen, manchmal ein Fluch.“
    „Immer ein Segen.“ Walt ließ mit einer raschen Handbewegung eine Tonleiter erklingen und grinste Allie an. Seine widerspenstige Locke lag ungestört auf seiner Stirn.
    Allies Gesicht wurde heiß. Wieso hatte sie ihn heute Morgen berührt? Er musste sie für vollkommen treulos halten, dass sie hier so mit ihm herumflirtete. Dabei hatte sie bisher noch nie geflirtet.
    „Sie sehen heute Abend hinreißend aus, Miss Miller“, sagte Walt und zwinkerte ihr zu.
    Allie brauchte einen Moment, um sich zu fangen und das Kompliment einzuordnen. Dann lachte sie. Natürlich, er neckte sie, wie immer. Sie hatte noch nie hinreißend ausgesehen, und vor allem nicht heute Abend. „Und Sie sehen so fesch aus, Lieutenant Novak. Das muss das große Klavier sein.“
    „Bestimmt.“ Er klimperte ein paar Takte. „Soll ich es zu unserem ersten Date mitbringen?“
    Ein Date? Allies Brustkorb schnürte sich zu. Ach nein, er nahm sie nur auf den Arm. Er wusste doch von Baxter, oder nicht? „Ein Date? Das ist doch ... eine rein hypothetische Frage, oder?“
    „Oh, ja.“ Er legte eine Hand auf seine Brust. „Und der schreckliche Krieg riss die beiden auseinander.“
    Allies Lachen schallte über den Vorgarten. „Betty sagt immer, du seist schüchtern, aber das hier artet doch ins Flirten aus!“
    „Hey!“, rief George dazwischen. „Ich bin hier derjenige, der flirten sollte. Wo ist meine Braut? Ich will meine Braut sehen.“
    „Sing nur, Liebling“, rief Betty. „Ich kann dich hören.“
    Allie duckte sich zurück ins Zimmer. „Betty, das musst du dir angucken. Sie sehen zuckersüß aus. Und das ... das ist ein einmaliger Moment. Der kommt nicht wieder.“
    Betty kaute zögernd auf ihrer Unterlippe.
    „Ich hab eine Idee“, sagte Dorothy. „Wir decken die Lockenwickler ab.“
    Betty und Dorothy legten sich Handtücher auf den Kopf und banden sie unter ihrem Kinn zusammen. Dann quetschten sich die drei jungen Frauen nebeneinander auf das Fenstersims. Die Ukulele plärrte, das Kazoo jaulte, das Klavier klimperte und George und Walt sangen rau und kräftig.
    Allie fühlte sich rundum zufrieden. Die laue Sommernacht, die Musik, nette Freunde und die leidenschaftliche Liebe von George und Betty – ein wahrhaft einmaliger Moment. Obwohl sie sich auch nach solch einer Liebe sehnte, mischte sich keinerlei Bitterkeit in ihre Gefühle.
    Und wieder konnte sie in Walts Lächeln dieses Verständnis lesen. Was auch immer er für Fehler hatte, er war ein guter Mann und ein willkommener Freund. Was würde daraus werden, wenn sie wieder nach Hause fuhr? Würde er ihr schreiben? Hoffentlich. Freunde waren kostbar und selten, noch dazu Freunde, die einen verstanden.
    Eine Saite der Ukulele riss. George warf sie beiseite.
    „,A love song, my darling, a moonlight serenade.‘“
    Betty schniefte und wischte sich Tränen aus den Augen. „Ich liebe dich, George Anello.“
    „Ich liebe dich auch. Und morgen wirst du meine Frau.“ Er warf ihr eine Kusshand zu und verschwand in der Dunkelheit.
    Betty und Dorothy zogen sich hinter den Vorhang zurück und Allie griff nach dem Fenster, um es zuzuziehen.
    „Gute Nacht, Allie.“
    Sie sah nach unten. Nur Walt stand noch im goldenen Lichtkegel. Das Spielzeugklavier hatte er sich unter den Arm geklemmt. „Gute Nacht, Walt.“
    Sein Lächeln brachte in ihr etwas Freudiges zum Schwingen. Wäre es nicht traumhaft, wenn ...?
    Nein! Allie zog das Fenster zu und wandte sich ab. Ihre Freundinnen richteten die Lockenwickler. „Walt weiß doch, dass ich einen Freund habe, oder?“
    „Logisch“, sagte Betty. „Ich habe ihm alles von dir erzählt.“
    Allie runzelte die Stirn. Walt hörte Betty nicht immer besonders gut zu.
    „Er weiß es“, bestätigte Dorothy. „Er redet doch mit dir, oder nicht?“
    Betty musste lachen. „Der arme Walter. Kann nur mit einem Mädchen reden, wenn es vergeben ist.“

Kapitel 8
    Samstag, 27. Juni 1942
    Walts Haltung war mustergültig. Als hätte er gerade den „Rührt-euch“-Befehl bekommen. Wenn er sich nur rühren könnte.
    Die Lähmung war wieder da.
    In dem Moment, in dem Allie in ihrem langen

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