Der Klang Deiner Gedanken
etwas warten, bevor ich weitere Änderungen vornehme.“
Allies Gedanken wurden von der freudigen Stimme ihrer Mutter übertönt, die voller Anerkennung war: „Ich freue mich ja so auf diese Hochzeit, Agatha. Schon seit fünf Jahren träume ich davon.“
„Nein.“ Allie stand energisch auf. Die Stuhlbeine schabten laut über den Holzfußboden. „Nein. Machen Sie weiter.“
Kapitel 31
Zweites Feldlazarett, Diddington, Huntingdonshire
29. Januar 1943
Er hätte nach dem zweiten Brief aufhören sollen.
Walts Husten hallte von den Wänden der Wellblechhütte wider, die als Krankenstation diente.
„Möchten Sie noch etwas Hustensaft, Captain Novak?“
Mit Mühe hob er den Kopf. Lieutenant Doherty lächelte ihn an. Die Krankenschwester hatte ein so attraktives Äußeres, dass in den zwei Tagen, die Walt auf der Krankenstation lag, bereits die Hälfte aller Männer versucht hatte, sich mit ihr zu verabreden.
„Nein, danke“, krächzte er. Keine Medizin der Welt konnte ihm helfen. Er ließ den Kopf wieder auf das Kopfkissen sinken und starrte die drei Briefe an, die neben ihm auf der Matratze lagen.
Der erste war sehr erfreulich gewesen. George und Betty Anello erwarteten im Juni ein Baby. Wenigstens konnte der Vater dieses Kindes nicht im Krieg bleiben wie Frank.
Der zweite Brief hatte genauso gutgetan. Eigentlich hatte er sich vor Allies Antwort auf seinen durchgeknallten Brief vom Tag von Franks Absturz gefürchtet, aber wieso hatte er an ihr gezweifelt? Sie verstand ihn. Sie verstand ihn immer. Allie trauerte mit ihm, tröstete ihn und ermutigte ihn sogar, sich ihr anzuvertrauen.
Dann hatte er den dritten Brief gelesen. Juli – Allie heiratete im Juli. Und er sollte sich für sie freuen. Das erwartete man von einem Freund. Sie an seiner Stelle würde sich freuen. Aber nein, der Schmerz in seiner Brust wurde nur schlimmer. Vom Husten war seine Lunge sowieso schon wund, völlig verschleimt, und jetzt kam noch dieser blöde Herzschmerz dazu.
Lieutenant Doherty trat neben Walts Bett und schob eine rote Haarsträhne unter ihre Haube. Dann legte sie ihm einen kalten Umschlag auf die Stirn. „Hoffentlich keine schlechten Nachrichten von zu Hause?“
Angenehme Kühle sickerte zu seinen Augenlidern herab. „Kommt ganz auf die Perspektive an.“
„Wieso?“ Die Krankenschwester legte ihm eine kalte Hand in den Nacken und half ihm, sich aufzurichten.
Walt schluckte bereitwillig die Aspirin, die sie ihm verabreichte. „Die Frau, die ich liebe, heiratet einen andern.“ Unglaublich, aber die Wahrheit tat gut. Auch wenn Lieutenant Doherty das Gesicht entgleiste.
„Oh, das tut mir leid. Und dann erreicht Sie diese Nachricht auch noch gerade hier.“
Der Umschlag rutschte nach unten und er drückte ihn sich an die Stirn. „Na ja, so ganz stimmt das nicht. Sie ist eine gute Freundin von mir, aber sie ist schon seit Jahren mit dem anderen zusammen. Sie weiß gar nicht, dass ich in sie verliebt bin.“
„Warum sagen Sie es ihr denn nicht?“
„Wie bitte?“
„Wieso sagen Sie es ihr nicht?“ Lieutenant Doherty lächelte. „Und wenn sie böse wird, dann schieben Sie es auf den Fieberwahn.“
Walt versuchte zu lachen und löste dadurch einen Hustenanfall aus. „Nein. Nicht noch mehr Lügen.“
„Na dann sagen Sie ihr die Wahrheit.“
„Was würde das bringen? Ich stünde da wie ein Idiot.“ Er würgte den abscheulichen Hustensaft hinunter.
„Ach Quatsch. Selbst, wenn sie böse wird, wird sie tief im Innern trotzdem berührt sein. Und wer weiß? Vielleicht ist sie insgeheim auch in Sie verliebt und wartet nur darauf, dass Sie den ersten Schritt machen?“
Walt runzelte die Stirn. „Hören Sie auf, meinen Fieberwahn zu unterstützen.“
Lieutenant Doherty lachte. „Denken Sie drüber nach, Captain. Sie haben nichts zu verlieren. Und gewinnen können Sie alles.“ Sie ging zum nächsten Patienten.
Walt legte sich wieder hin und starrte an die Wellblechdecke. Was hatte er zu verlieren? Allies Freundschaft, ihre Briefe, ihre Gebete. Und was hatte er zu gewinnen? Bestimmt nicht ihre Liebe. Lieutenant Doherty hatte wohl zu viele Liebesfilme geguckt.
Er nahm Allies ersten Brief in die Hand. Sie bewunderte seine Ehrlichkeit nach Franks Tod. Vielleicht würde sie auch seine Ehrlichkeit in Bezug auf seine Gefühle bewundern? Wäre es nicht eine Befreiung, ihr endlich die Wahrheit zu sagen?
Oh Herr, ich will nicht mehr lügen. Das macht mich noch mehr krank als die Keime in meiner Lunge. Bitte hilf
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