Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)
Grundstück der Pirries entgegen. „Noch besser wird es sein, wenn ich Danny um Mithilfe bitte. Er bekommt sicher besser Zugang zu solchen Informationen als ich. Und ich könnte …“
„Norah?“, wurde sie von Chloe unterbrochen.
Fragend sah sie zu der Frau hinüber, die mit schnellen Schritten neben ihr hereilte.
„Eigentlich wollte ich dich verstecken und beschützen.“
Norah warf Chloe erst einen überraschten Blick zu, um sie daraufhin frech anzugrinsen, was der älteren Frau ein halb entrüstetes, halb entnervtes Seufzen entlockte. Vermutlich wusste sie schon jetzt, dass sie ihrer unternehmungslustigen Freundin nichts würde entgegensetzen können.
Gemeinsam überquerten sie einen der großen, breiten Boulevards mit den vornehmen viktorianischen Häusern, während die Stadt allmählich zum Leben erwachte. Von Pferden gezogene Transportkarren und ein motorisierter Lastwagen rumpelten an den beiden Frauen vorbei. Ein Mann führte mehrere kläffende Schoßhündchen aus und livrierte Bedienstete eilten mit Einkaufskörben vorbei, denen der Duft frisch gebackenen Brotes entströmte.
„Ich habe ganz schön Hunger“, raunte Norah ihrer Freundin zu.
„Ich auch. Und ich bin sehr müde.“
„Also sehen wir zu, dass wir den Besuch bei Miss Andrews hinter uns bringen.“
Etwa vier Stunden nachdem sie das Topplicht der Carpathia zum ersten Mal gesehen hatten, erreichte auch das letzte Rettungsboot den Dampfer. Es war eine größere Herausforderung für die erschöpften Menschen, das von den Wellen hin und her geworfene, völlig überladene Boot vom Rumpf des Schiffes fernzuhalten, an dem mehrere Jakobsleitern hinunterhingen.
Adam griff nach einer der Leitern und hielt sie stramm, während zuerst ein paar der Männer nach oben stiegen, damit es in dem Rettungsboot etwas mehr Platz gab. Anschließend kletterten die Frauen und Kinder hinauf zur weit offen stehenden Gangwayluke. Einige Frauen, die zu schwach waren, um die Strickleiter zu erklimmen, wurden mit Bootsmannsstühlen 21 in die Höhe gezogen, ein paar Kleinkinder gar in Postsäcken.
Als einer der letzten Männer war schließlich Adam an der Reihe. Oben angelangt zogen ihn die starken Arme zweier Matrosen das letzte Stück in das Innere des Dampfers. Sofort war eine ihm wildfremde Frau, wohl eine Passagierin der Carpathia, an seiner Seite und legte ihm eine Decke um die Schulter. Eine andere Dame reichte ihm ebenso schweigend eine Tasse mit Brandy, den er sofort hinunterstürzte. Offenbar waren sowohl die Besatzung als auch die Passagiere der Carpathia von ihrem Kapitän, Arthur Rostron, hervorragend auf die Situation vorbereitet worden.
Adam trat beiseite und beobachtete ihr Tun, wobei er es genoss, endlich wieder stabilen Boden unter den Füßen zu spüren. Die brannten allerdings schmerzhaft und weitaus unangenehmer als der Alkohol in seinem Magen. Ob das nun wiederkehrende Gefühl in seinen Gliedmaßen ein gutes Zeichen war? Erschöpft lehnte er sich in seinen klammen Kleidern an die Korridorwand und dankte Gott erst einmal für ihre Rettung. Sie hatten es tatsächlich geschafft, obwohl die Lage auf dem instabilen, tief im Wasser liegenden und gekenterten Halbklappboot mehr als kritisch gewesen war. Vermutlich kam ihre Rettung einem Wunder gleich.
Die geretteten Passagiere der Titanic wurden nach Klassen getrennt auf den Decks untergebracht und versorgt. Die Erste-Klasse-Passagiere wurden zum größten Teil in von ihren bisherigen Bewohnern leer geräumten Kabinen untergebracht. Die Carpathia -Passagiere rückten dafür enger zusammen. Decken und heiße Getränke waren genügend vorhanden und der Schiffsarzt, Dr. McGhee, sah nach den Verletzten.
Nach einem von Kapitän Rostron in die Wege geleiteten Gottesdienst zum Gedenken an die Verlorenen und aus Dankbarkeit für die Geretteten kreuzte die Carpathia auf der Suche nach weiteren Überlebenden über der Untergangsstelle. Sehr bald schon wurde Kapitän Rostron klar: Es gab nichts mehr zu retten. Nachdem auch noch die Californian und die Birma an der Unglücksstelle eingetroffen waren, überließ man diesen Schiffen die weitere Suche, und die Carpathia schickte sich an, nach New York zurückzukehren.
Adam, der ahnte, dass er sehr bald schon zu Arbeiten an Bord herangezogen werden würde, begab sich zügig zu den Passagieren der zweiten Klasse. Suchend ging er die Reihen der dort kauernden Menschen ab. Erst jetzt, da sie sich in Sicherheit befanden, realisierten die ersten Frauen, dass es
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