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Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Titel: Der Klang des Pianos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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Heizer auf der Liste.“
    Eve schloss die Augen und auch Norah hielt den Atem an.
    „Euer Dylan ist leider nicht dabei.“
    Norah biss sich auf die Unterlippe und hörte dabei, wie ihre Mutter laut ausatmete.
    „Er war aber ja gar nicht offiziell an Bord gemeldet, Eve. Er stand nie auf einer Heuerliste, weil er für andere, überfällige Heizer eingesprungen war“, sagte Catherine in dem Versuch, der schrecklichen Nachricht die Spitze zu nehmen.
    Niemand wagte eine Erwiderung. Alle Augen, außer Eves, waren auf Danny gerichtet. Gänzlich ruhig saß er inmitten des Raums und hob den Blick nicht von den niedergekritzelten Buchstaben in seiner Hand.
    „Casey, Adam, Vollmatrose. Er steht auf der Liste.“
    Ellen rutschte mit dem Rücken an der Wand entlang zu Boden. Dort blieb sie sitzen und weinte lautlos. Norah hatte ihre linke Hand vor den Mund gepresst, und Freudentränen rollten ihr aus den Augen. Adam lebte! Ihr geliebter Bruder war unter den Geretteten!
    Danny hob den Kopf. Seine Augen waren für den Bruchteil einer Sekunde auf Norah gerichtet, ehe er sie wieder auf die Papiere senkte. Norahs Magen rebellierte. Sie wollte am liebsten schreien. Was sollte sie denn jetzt tun? Weinen um Dylan? Jubeln wegen Adam? Oder aus Furcht um Richard mit den Fäusten gegen die Wand hämmern?
    „Ich kann keinen Richard Martin auf der Liste finden, Norah. Weder bei den Passagieren noch bei der Besatzung.“
    Norah nickte. Sie musste warten. Warten auf weitere, ergänzte Listen. Richard war unfreiwillig an Bord geblieben. Auch er war daher vermutlich weder auf einer Passagier- noch auf einer Heuerliste verzeichnet. Vielleicht wurde sein Name deshalb nicht erwähnt?
    Als direkt vor ihr Papier raschelte, fuhr Norah zusammen. Danny streckte ihr die Listen entgegen, wohl weil er dachte, sie wolle nach weiteren Bekannten sehen.
    Mit zitternden Händen nahm sie ihm die Papiere ab und sah sich alle Namen durch.
    Leise murmelte sie vor sich hin:
    „ Anderson, J. Able bodied seaman/ Archer, Ernest Able bodied seaman/ Bailey, W. Master at arms/ Boxhall, Joseph Grove Fourth Officer/ Brice, W. Able bodied seaman/ Bright, Arthur John Quartermaster/ Buley, Edward J. Able bodied seaman/ Clench, Fredrick Able bodied seaman/ Evans, Alfred Frank Lookout/ Fleet, Fredrick Lookout/Foley, Jack Storekeeper …“
    Violet Jessop hatte überlebt. Norah fand weitere Bekannte, aber viele von ihnen fehlten auch auf der Liste. Als sie mit ihr durch war, schüttelte sie benommen den Kopf und drehte die Papiere um, dann wieder und schließlich noch einmal.
    „Aber Danny, das sind nur etwa siebenhundert Namen!?“
    „Ich weiß.“
    Norahs Augen wurden groß. Nach seiner nüchtern klingenden Antwort schaute sie bestürzt in sein angespanntes Gesicht. Über das leise Schluchzen von Eve hinweg sagte sie mit heiserer Stimme: „Dann fehlen etwa tausendfünfhundert. Es wurden mehr als doppelt so viele Menschen nicht gerettet ?“
    Norah erhielt keine Antwort.

    Ella hatte Eve zu deren Eltern gebracht und war anschließend mit ihren Kindern in ihr Haus zurückgekehrt. Catherine musste dringend zur Arbeit, wobei fraglich war, ob an diesem Tag in der Werft überhaupt jemand ans Arbeiten dachte.
    Norah verabschiedete sich von Danny, der weitere Informationen über die Titanic, aber auch über die beiden ermordeten Männer zusammentragen wollte.
    Als Norah sich dem Haus von Chloes Verwandten näherte, wurden ihre Schritte immer langsamer. Ihr war klar, dass es ihr nicht lange gelingen würde, den aufsteigenden Schmerz durch Arbeit oder Ablenkung zu verdrängen. Irgendwann würde er sie einholen und dann vermutlich mit noch größerer Wucht überrollen, als wenn sie ihn jetzt zuließ.
    Aber das Einzige, was sie mit Sicherheit wusste, war, dass Adam am Leben war. Und das war bei aller Trauer ein Grund zur Dankbarkeit.
    Die Tür wurde aufgestoßen, und Chloe rannte ihr entgegen. Wieder wurde sie heftig gegen ihren massigen Körper gedrückt und lange Zeit nicht mehr losgelassen.
    „Adam lebt, Chloe. Er lebt!“, flüsterte sie ihr zu.
    „Gott sei gelobt! Was ist mit Rick und Dylan?“
    „Wir wissen es nicht. Beide stehen nicht auf den Listen, die per Telegraf ankamen. Aber das sagt nichts. Es gibt drei verschiedene Listen, und die sind wirklich sehr unterschiedlich.“
    „Dann hoffen wir, dass Adams Nennung stimmt“, brachte Chloe einen Gedanken ein, auf den Norah noch gar nicht gekommen war.
    Sie schob sich von der Freundin fort und sah sie entsetzt an.

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