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Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Titel: Der Klang des Pianos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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konnte ihre unhöflich erscheinende Handlungsweise durchaus nachvollziehen. Wahrscheinlich wollte sie diese zum Schneiden dicke Feuchtigkeit nicht ins Haus lassen.
    Adam gesellte sich zu den beiden wartenden Männern in die Mitte der Gasse. Obwohl er zumindest äußerlich noch immer erstaunlich ruhig wirkte, biss er die Zähne so kräftig aufeinander, dass seine Wangenknochen deutlich in seinem bärtigen Gesicht hervortraten.
    „Es gab also sogar im Schwarzwald Übergriffe? Vielleicht ist ja noch mehr vorgefallen und Norah hat es uns verschwiegen“, nahm er das vorherige Thema wieder auf.
    „Hey, sowas würde ihr ähnlich sehen“, schimpfte Dylan.
    Richard musterte den Heizer prüfend. Wie groß mussten Dylans Sorgen um Norah sein, die er doch liebte? Er selbst spürte in seinem Hals einen unangenehmen Knoten, der ihm wieder einmal die Luft zum Atmen rauben wollte. Die Sorge um Norah beunruhigte ihn minütlich mehr.
    „Dylan, du gehst hier links entlang bis zum Kai hinunter, ich nehme Rick mit, und wir treffen uns dann beim Dock wieder.“
    Richard folgte Adam, der nach seiner knappen, sachlichen Anweisung im Laufschritt zwischen den Baracken und Häusern hindurcheilte.
    Sie liefen durch so viele verwinkelte Gassen, dass Richard vollständig die Orientierung verlor und verwundert die Augenbrauen hob, als er plötzlich vor sich die gewaltigen Aufbauten der Werft auf Queen Island und schließlich auch wieder die Titanic entdeckte.
    Und da, im bläulichen Dämmerlicht vor dem dunklen, aufgewühlten Wasser und dem weiter entfernt liegenden Rumpf des Schiffes, saß Norah auf der Kaimauer und begutachtete ein paar Stoffreste.
    Als sie die festen Schritte der Männer hörte, stand sie auf und kam ihnen lächelnd entgegen. „Ich habe Stoff für Evans Babykleidung bekommen. Ganz umsonst! Ist das nicht wunderbar?“, rief sie, hielt aber inne, als sie in das wütende Gesicht ihres Bruders blickte. „Habt ihr mich gesucht?“, fragte sie harmlos.
    Adam riss ihr mit einer ungehaltenen Bewegung die Stoffreste aus den Fingern und warf sie Richard zu, der sie reaktionsschnell auffing, sich dabei allerdings fragte, ob er sich nicht schützend zwischen den muskulösen Adam und die zierliche Norah stellen sollte.
    Doch Adam zog seine Schwester in seine Arme und ließ sie lange nicht mehr los. Gemurmelte irische Worte drangen zu Richard hinüber. Es erstaunte ihn noch immer, wie ruhig Adam blieb – ganz ähnlich wie Norah nach dem Vorfall in der Ravennaschlucht. Er selbst war stark in Versuchung, sie entweder lautstark für ihr unangekündigtes Verschwinden zu tadeln oder sie ebenfalls vor Erleichterung in die Arme zu schließen. Diese Überlegung trug nicht gerade dazu bei, dass er sich besser fühlte. Gereizt schob er alle Gedanken von sich und wandte sich um, als er schnelle Schritte hinter sich vernahm. Keuchend und mit hochroter Gesichtsfarbe, die seine Sommersprossen trotz der einbrechenden Dunkelheit deutlich hervortreten ließ, kam Dylan angerannt.
    „Gut!“, meinte er einfach mit einem Blick auf die Geschwister.
    Richard zog konsterniert die Augenbrauen in die Höhe. Von einem verliebten Mann hätte er ein wenig mehr Emotionen erwartet.
    „Ich möchte den Stoff gleich zu Chloe bringen. Sie hat angeboten, Kleidung für Ellas Baby zu nähen. Komm, Richard, wir gehen zu ihr, dann lernst du eine meiner besten Freundinnen kennen.“
    Norah trat zu ihm und wollte ihm das Stoffbündel aus den Händen nehmen.
    „Ich trage das für dich“, bot er höflich an.
    „Sieh an, ein richtiger Gentleman. Von ihm könnt ihr beide euch mal eine gewaltige Scheibe abschneiden!“, lachte Norah. Und schon eilte sie wieder voraus, über die im Boden eingelassenen Gleise und in Richtung des Gassengewirrs, aus dem sie erst vor ein paar Minuten gekommen waren.
    Wieder einmal krachte Dylans gewaltige Hand wuchtig auf Richards linke Schulter, doch allmählich gewöhnte er sich an diese grob ausfallenden Zuneigungsbekundungen. „Hey, du machst mir vielleicht Spaß! Führst hier solche Sachen ein. Am Ende müssen Adam oder ich Norah bei unserer nächsten Heuer noch das Kosmetikbeutelchen an Bord tragen!“

Kapitel 13
    Richard, der annahm, sie befänden sich auf dem kürzesten Weg in das etwas bessere Viertel, runzelte die Stirn, als Norah nach flüchtigem Anklopfen die Tür eines der völlig heruntergekommenen Gebäude öffnete.
    „Chloe? Bist du da?“, rief sie, obwohl der Schein einer Kerze zumindest vermuten ließ, dass jemand anwesend

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