Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
als sei es ihr wichtig, den weiteren Verlauf der Unterhaltung selbst zu bestimmen: »Es war bereits sehr offensichtlich, dass Caroline die Beziehung nicht fortsetzen wollte und dass es kein Zurück gab. Ich hätte das natürlich schon viel früher einsehen müssen. Denn mir ist klar, dass es nicht nur um Raoul ging. Im Grunde genommen wollte sie gar kein Kind mit mir. Ich war die treibende Kraft. Ich sehnte mich nach einem Kind, und ich überredete sie zu etwas, wofür sie noch nicht reif war. Caroline hat sicher ein schlechtes Gewissen mir gegenüber. Sie ist kein böser Mensch. Sie lässt sich vollkommen von ihren Gefühlen beherrschen, sowohl was die Liebe als auch was ihre Musik betrifft.«
Ebba beugte sich vor und goss Kaffee ein. Sie bot Louise und Vendela an, bevor sie ihre eigene Tasse nahm.
»Und war Raoul ein böser Mensch?«
Louise dachte eine Weile nach, um die richtigen Worte zu finden.
»Böse war er natürlich nicht, aber vielleicht etwas rücksichtslos, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. In dieser Beziehung haben Caroline und er gewisse Ähnlichkeiten. Hatten sie eine fixe Idee, so ließen sie sich nicht von Loyalitäten oder Sentimentalität davon abbringen.«
»Raoul war mit Joy verheiratet«, fuhr Ebba fort. »Hatten die beiden Kinder?«
»Nein. Sie versuchten es mit künstlicher Befruchtung, mehrmals, soweit ich weiß, jedoch ohne Erfolg. Das war vermutlich auch der Grund, warum ihre Ehe unlängst scheiterte.«
»V erstanden Sie sich gut mit seiner Frau?«
»Nicht wirklich. Ich glaube, sie befürchtete immer, ich könnte ihr Raoul wegnehmen und meine sexuellen Neigungen seien nur eine Fassade. Sie konnte nicht akzeptieren, dass die Person, die ihrem Mann am nächsten stand, eine Frau war. Irgendwie ist das verständlich. Raoul und mich verband eine sehr innige Freundschaft, wie sie sonst nur zwischen Partnern erwartet wird.«
»Aber Anna stand er doch auch noch sehr nahe?«
»Anna und Raoul waren immer gut befreundet. Vielleicht nicht unbedingt in den ersten Jahren nach der Trennung. Sie wurde von Raoul schwanger, als sie verlobt waren, entschied sich dann aber für einen Abbruch. Eigentlich nicht so merkwürdig, sie waren beide noch sehr jung und mussten erst noch beruflich Fuß fassen. Ich glaube auch nicht, dass diese Schwangerschaft sonderlich weit fortgeschritten war. Der Schwangerschaftsabbruch war dann einer der Gründe dafür, dass sie Schluss machten. Anna hatte erkannt, dass Raoul gewisse Seiten besaß, mit denen sie nicht würde leben können. Sie sind ja im Grunde sehr unterschiedlich. Aber natürlich war sie vermutlich immer noch etwas verliebt in Raoul. Raoul war schließlich … «, sie schien ihre Gefühle nicht in Worte fassen zu wollen und wählte einen eleganten Euphemismus, »… spontan und körperlich. Vielleicht hätte er ihre Gefühle nicht noch ermuntern sollen, wo er doch schon einmal mit ihr Schluss gemacht hatte.«
»W äre es denn nicht möglich gewesen, einen anderen Violinisten zu finden, der für Sie hätte einspringen können? Jemanden, der nicht so weit weg wohnte und der nicht Affären mit dem halben Quartett gehabt hatte?«
»Dem halben Quartett? Was meinen Sie damit? Ein Ensemble zu unterhalten erfordert sehr viel Zeit und Planung. Es gibt eine Grenze dafür, wie viel Rücksicht man bei einer Krise auf persönliche Wünsche nehmen kann. Ich bin davon überzeugt, dass die anderen das auch wissen. Man muss professionell sein. Die Arbeit erledigen. Ich habe nach künstlerischen Gesichtspunkten entschieden und weil ich wusste, dass Raoul uns helfen würde, sofern es ihm möglich war. Mit Raoul als Primarius wusste ich außerdem, dass der Unterschied zu den anderen Aufnahmen nicht so groß werden würde. Wir haben recht ähnliche Ideale, was Klang und Interpretation betrifft.«
»Ganz zu schweigen davon, dass der Wert der Aufnahme durch seinen Tod immens gestiegen ist. Ihre CD ist seine letzte Aufnahme. Es fragt sich, wie groß sein Name auf dem Cover stehen wird? Vielleicht genauso groß wie Furioso Quartett? Oder sogar noch größer?« Ebba konnte es nicht lassen.
Louise brauste auf: »W as erlauben Sie sich eigentlich? Wollen Sie behaupten, ich wolle aus seinem Tod Gewinn schlagen? Ich verlange eine Entschuldigung.«
Die bislang entspannte Stimmung war wie weggeblasen. Louises Miene verfinsterte sich. Ebba legte den Kopf zurück und betrachtete sie von oben. Wut lag in der Luft, genau wie sie es beabsichtigt hatte.
»W as brachte das
Weitere Kostenlose Bücher