Der Klient
ich sage Ihnen, sie ist nicht hier.« Momma Love hob ihre Stimme, als sie das sagte, und Reggie hörte es.
»Dürfen wir das Haus durchsuchen?« fragte Flagg.
»Wenn Sie einen Durchsuchungsbefehl haben, dann dürfen Sie es. Wenn Sie keinen Durchsuchungsbefehl haben, sollten Sie zusehen, daß Sie von meinem Grundstück verschwinden.«
Beide traten einen Schritt zurück. »Ich hoffe, Sie haben nicht vor, die Zustellung einer bundesgerichtlichen Vorladung zu behindern«, sagte Hedley ernst. Es sollte einschüchternd und bedrohlich klingen, aber Hedley scheiterte kläglich.
»Und ich hoffe, Sie versuchen nicht, eine alte Frau zu bedrohen.« Ihre Hände lagen auf den Hüften, und sie war bereit zum Kampf.
Sie gaben auf und wichen zurück. »Wir kommen wieder«, versprach Hedley, während er seine Wagentür öffnete.
»Ich werde hier sein«, rief sie wütend und machte die Vordertür auf. Sie trat auf die kleine Veranda und sah zu, wie sie auf die Straße zurücksetzten. Sie wartete fünf Minuten, und als sie sicher war, daß sie abgefahren waren, ging sie zu Reggies Wohnung über der Garage.
Dianne nahm die Vorladung von dem höflichen, sich entschuldigenden Gentleman kommentarlos entgegen. Sie las sie im Licht der schwachen Lampe neben Rickys Bett. Sie enthielt keine Instruktionen; Mark wurde lediglich angewiesen, am Montag um zehn Uhr unter der unten angegebenen Adresse vor der Anklagejury zu erscheinen. Es stand nicht da, wie er dorthin kommen sollte; keine Hinweise, wann er zurückkehren würde; keine Warnung, was passieren würde, wenn er nicht tat, was sie wollten, oder wenn er die Aussage verweigerte. Sie rief Reggie an, aber Reggie meldete sich nicht.
Obwohl Clints Wohnung nur eine Viertelstunde entfernt war, dauerte die Fahrt fast eine Stunde. Sie fuhr im Zickzackkurs durch die Straßen der Innenstadt, dann raste sie ziellos über einen Teil der Interstate, und erst als sie sicher war, daß sie nicht verfolgt wurde, stellte sie ihren Wagen auf einer Straße zwischen vielen anderen geparkten Autos ab. Sie ging vier Blocks weit zu seiner Wohnung.
Er hatte seine für neun Uhr getroffene Verabredung plötzlich absagen müssen, und es war eine vielversprechende Verabredung gewesen. »Tut mir leid«, sagte Reggie, als er die Tür öffnete und sie eintrat.
»Das ist schon okay. Was ist passiert?« Er nahm ihre Reisetasche und deutete auf die Couch. »Setz dich.«
Reggie kannte sich in seiner Wohnung aus. Sie holte sich eine Diät-Cola aus dem Kühlschrank und setzte sich auf einen Barhocker. »Es war das Büro des US-Marshals mit einer Vorladung vor die Anklagejury. Für Montagmorgen zehn Uhr in New Orleans.«
»Aber sie haben sie dir nicht übergeben?«
»Nein. Momma Love hat sie abgewimmelt.«
»Dann bist du aus dem Schneider.«
»Ja, es sei denn, sie finden mich. Es gibt kein Gesetz, das das Ausweichen vor Vorladungen verbietet. Ich muß Dianne anrufen.«
Clint reichte ihr ein Telefon, und sie gab die Nummer aus dem Gedächtnis ein. »Entspann dich, Reggie«, sagte er und küßte sie sanft auf die Wange. Er sammelte herumliegende Zeitschriften auf und schaltete die Stereoanlage ein. Dianne war am Apparat, und Reggie brachte kaum drei Worte heraus, bevor ihr nichts anderes übrigblieb, als zuzuhören. Es wimmelte nur so von Vorladungen. Eine für Reggie, eine für Dianne und eine für Mark. Reggie versuchte, sie zu beruhigen. Dianne hatte in der Haftanstalt angerufen, Mark aber nicht erreicht. Telefone wären zu dieser Tageszeit nicht verfügbar, hatte man ihr gesagt. Sie unterhielten sich fünf Minuten. Reggie, selbst schwer erschüttert, versuchte Dianne zu überzeugen, daß alles in bester Ordnung war. Sie, Reggie, würde sich um alles kümmern. Sie versprach, am Morgen wieder anzurufen, dann legte sie auf.
»Sie können Mark nicht abholen«, sagte Clint. »Er untersteht der Jurisdiktion unseres Jugendgerichts.«
»Ich muß mit Harry reden. Aber er ist nicht in der Stadt.«
»Wo ist er?«
»Beim Angeln. Irgendwo mit seinen Söhnen.«
»Das hier ist wichtiger als Angeln, Reggie. Wir müssen ihn finden. Er kann dem allen doch einen Riegel vorschieben, oder?«
Sie dachte an hundert Dinge gleichzeitig. »Das ist ziemlich schlau eingefädelt, Clint. Stell dir das vor. Foltrigg wartet bis Freitagabend, um Vorladungen für Montagfrüh zustellen zu lassen.«
»Wie kann er das tun?«
»Ganz einfach. Er hat es gerade getan. In Strafsachen wie dieser kann eine Anklagejury eines Bundesgerichts jeden
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