Der Knochenmönch
hin einsamen Ort umbringen wollte, bewies ihm, wie sicher sich die andere Seite letztendlich war.
Sie arbeitete mit allen Tricks, sie hatte einen Killer engagiert, und der auf dem Eis sitzende Jesuit mußte plötzlich an die Machenschaften innerhalb des Vatikans denken, die auch mit der Mafia zu tun hatten. Da hatte es Morde und Selbstmorde gegeben, und Spuren hatten zu einer geheimen Loge geführt.
Zogen ihre Mitglieder die Fäden? Waren sie es, die die Kirche in ihren Grundfesten erschüttern wollten?
Den Jesuit überlief ein Schauer nach dem anderen, als er sich gedanklich damit beschäftigte, und der Schweiß auf seinen Handflächen wollte einfach nicht verschwinden. Warten…
Der Tod streckte seine Klauen nach ihm aus.
Er ärgerte sich, daß er keine Waffe bei sich trug, doch daran hatte er eigentlich nie gedacht. Seine Waffe war das Wort und nicht die verruchte Tat.
Die Vorwürfe steigerten sich, während er immer wieder seine Blicke über die dunklen, leeren Sitzreihen gleiten ließ, ohne allerdings etwas entdecken zu können. Er fror, was nicht an der Kälte unter ihm lag. Das innere Frieren beschäftigte ihn viel stärker.
Er hätte sein Wissen nicht für sich behalten sollen. Es gab eine Organisation, der er sich hätte anvertrauen sollen, aber er hatte auch erfahren, daß die Weiße Macht in Schwierigkeiten steckte. Es gab einen neuen Koordinator, einen Father Ignatius. Mit ihm hatte Driscoll noch keinen Kontakt aufnehmen können. Möglicherweise mußte er dafür jetzt mit seinem Leben bezahlen.
Der Mann wußte nicht, wieviel Zeit verstrichen war. Die Gedanken und Vermutungen waren wie kurze Blitze durch seinen Kopf gezuckt, da war das Gefühl für die Zeit verloren gegangen.
Er mußte trotzdem etwas tun.
Noch hatte er den Schützen nicht entdeckt. Wer immer auf ihn lauerte, die andere Seite hatte sich dabei auf keinen Anfänger verlassen und einen Profi geschickt.
In den letzten Minuten hatte sich Father Driscoll nicht bewegt, was er nun tat. Er drehte sich nach links, wollte sich dann abstemmen, um auf die Füße zu gelangen.
Zur Hälfte führte er die Bewegung durch. Dann hörte er wieder dieses Geräusch, glaubte, den Widerschein eines gedämpften Mündungsfeuers zu sehen, und spürte noch in derselben Sekunde, wie das Geschoß ihn berührte.
An seiner Schulter hatte es gezupft. Ein leichter Schlag nur, das war alles. Er fiel wieder zurück.
Das Blut schoß ihm als gewaltige Hitzewelle in den Kopf. In diesem Augenblick war ihm klar, daß er sein Leben nicht retten konnte, wenn der unbekannte Mörder es nicht wollte.
Wieder lag er auf dem Eis, auf beiden Ellenbogen abgestützt.
Er wartete auf den Tod.
Und er sah ihn!
Zum erstenmal fiel ihm die Bewegung auf. Zwischen den Sitzreihen ziemlich weit unten hatte er gelauert und war nun dabei, sich aufzurichten.
Er ließ sich Zeit damit.
Nur langsam erhob er sich, denn er war es, der die Situation beherrschte. Er hatte die Waffe!
Driscolls Augen wurden groß. Was er da sah, wollte er nicht glauben, und er hatte Mühe, einen Schrei zu unterdrücken. Aus dem Dunkel schälte sich etwas in die Höhe, das zum absolut Bösen gehören mußte, nun nicht mehr abstrakt war, sondern Gestalt angenommen hatte.
Driscoll glaubte, dem Teufel persönlich gegenüberzustehen!
***
Wir waren nicht sofort losgefahren, sondern hatten uns noch einmal besprochen. Außerdem hatte ich meiner Mutter Bescheid gegeben, daß mit Vater alles in Ordnung war, was sie mir nicht so recht glaubte, denn sie war davon überzeugt, daß wir beiden Männer unter einer Decke steckten.
Uns war zudem bekannt, daß Father Driscoll zu einer bestimmten Zeit auf der Eisbahn war. Nicht am Nachmittag, wo das Eis von zu vielen Läufern bevölkert wurde, er lief gern am frühen Abend und würde zu den letzten gehören, die die Fläche verließen.
Natürlich spukten uns noch immer die anderen beiden Namen durch den Kopf. Wir konnten nicht fassen, daß selbst ein Sir James mit seinen Beziehungen gegen eine Wand gelaufen war, was einen gewissen Alberti und einen Wallraven betraf.
Okay, man hatte ihm möglicherweise etwas gesagt, was allerdings nur für seine Ohren bestimmt war. Wir kamen uns vor wie die Blinden, die sich erst zurechtfinden mußten.
Das ärgerte uns.
Ob dieser Father Driscoll mehr wußte, wer konnte das schon sagen?
Jedenfalls mußte er eine gewisse Rolle spielen, sonst hätte der Sterbende meinem Vater diesen Namen nicht verraten.
Es war uns nicht gelungen, mehr über
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