Der Knochenmönch
Informationen gegeben und nicht nur einen Namen genannt, sondern noch zwei andere.«
Driscoll rieb die Handflächen gegeneinander. »Sagen Sie nichts, bitte. Lassen Sie mich reden. Waren es Wallraven und Alberti?«
»Exakt!«
Der Kirchenmann schlug die Hände vor sein Gesicht und schüttelte den Kopf. Wir hörten ihn sprechen, und es waren beileibe keine Worte, die uns Mut einflößten. »Um Himmels willen, um Gottes willen, dann ist es schon soweit.«
»Was ist soweit, Father Driscoll?«
Er kümmerte sich nicht um meine Frage, nahm aber die Hände vom Gesicht weg und starrte ins Leere. »Es ist alles schlimm. Die dunkle Wolke rollt auf uns zu und wird uns zerstören. Die Kirche wird einen schweren Schlag erleiden, sie wird erschüttert werden, denn die Mächte des Bösen, die vor Jahrhunderten schon einmal den Versuch unternommen haben, konnten sich wieder formieren. Und sie sind stark, sehr stark, sie haben die Zeiten überdauert.«
Suko und ich schauten uns hinter dem Rücken des Mannes an. »Von wem reden Sie?« fragte der Inspektor.
»Später«, murmelte Driscoll. Er wandte sich an Suko. »Sie haben doch den Killer gesucht – oder?«
»Ja, das habe ich.«
»Haben Sie ihn gesehen?«
»Nein.«
»Wenn Sie ihn gesehen hätten, wären Ihnen die Augen übergelaufen. Es war kein Mensch, es war ein Geschöpf der Hölle. Es war die Hyäne, das Zerrbild des Teufels. Sie ist überall, sie lauert, sie beobachtet, und sie tötet.«
Auch ich konnte den Schauer nicht unterdrücken, der mich bei diesen Worten überlief. Das Kribbeln spürte ich bis in die Fingerspitzen, denn von einem derartigen Monster hatte auch mein Vater gesprochen. Father Driscoll stand auf. »Ich – ich möchte nicht mehr länger hierbleiben, wenn Sie gestatten.«
Auch wir standen auf. »Bitte, wenn Sie einen besseren Ort wissen, wo wir uns unterhalten können.«
Driscoll nickte gedankenverloren. »Ja, den weiß ich wohl. Gegenüber dem Stadion befindet sich ein Café.«
»Das kennen wir.«
»Dann lassen Sie uns gehen.« Er nahm seine Schlittschuhe auf und ging eilig davon. Nicht einen Blick mehr warf er zurück auf die leere Eisfläche, die beinahe zu seinem kalten Grab geworden wäre…
***
Ein Abend im Rom!
Die Dämmerung hatte ihre graublauen Schatten verloren und der Dunkelheit weichen müssen. So etwas wie Ruhe lag über der Ewigen Stadt, was auch an der Jahreszeit lag, denn im Januar bevölkerten nur wenige Touristen Italiens Hauptstadt.
Aber Rom schlief eigentlich nie. Das Leben hatte sich nur verlagert, wegen der Kühle in die zahlreichen Lokale und Gaststätten. Dennoch gab es ruhige Flecken, vor allen Dingen dort, wo wie ein von außen abgeschottetes Heiligtum das Zentrum der katholischen Kirche lag, eben der Vatikan.
In seinen Bauten, in seilen Gärten und hinter den hohen Mauern brannten nur wenige Lichter. Es herrschte eine nahezu gespenstische Stimmung, die auch deshalb so geisterhaft wirkte, weil der Wind die Nebelschwaden vom Tiber auf die Kirchenstadt zutrieb.
Am Himmel zeigten sich ingewöhnliche Wolkenformationen. Sie waren dunkel, aber an den Rändern heller, als hätte sich dort das Lieht der letzten Sonnenstrahlen gesammelt.
Rom atmete aus.
Die Nebelgeister stiegen auf. Sie krochen durch die Straßen und Gassen. Sie legten den feinen Schleier über alle Gebäude, als sollten diese sich schämen, überhaupt dort zu stehen.
Die beiden Männer waren unterwegs. Am Flughafen hatten sie sich ein Taxi genommen und dem Fahrer als Ziel erst einmal die Stadt genannt, mit der Aufforderung, keine Umwege zu fahren, weil sie sich auskannten.
Die Männer hatten auf der Rückbank des Fahrzeugs ihre Plätze gefunden und verabredet, kein Wort zu sprechen, was mit ihrer eigentlichen Aufgabe zu tun hatte.
Die Männer gehörten der älteren Generation an. Anhand ihrer Kleidung war zu sehen, daß sie nicht eben zu den Ärmsten zählten. Dunkle Anzüge unter den eleganten Kaschmirmänteln und weiche, helle Schals, die sie um den Hals geschlungen hatten.
Der Mann mit der Halbglatze war Italiener. Er hatte ein faltenreiches Gesicht und dichte Augenbrauen, und auf der schmalen Oberlippe wuchs ein ebenso schmaler Bart. Die kleinen Pupillen befanden sich in ständiger Bewegung, als hielten sie immer nach einer Gefahr Ausschau.
Sein Begleiter wirkte wie das glatte Gegenteil. Sehr asketisch mit einem schmalen Gesicht. Er war ziemlich groß. Seine Nase glich beinahe einer Speerspitze, so stark stach sie aus dem Gesicht des Mannes
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