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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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hatte, in denen die Samen einer einzigen Blume Hunderte
    von Sämlingen hervorbrachten, die im nächsten Frühling verkauft
    wurden. Im Hochsommer drängten sich um einige der Gehwege
    kleine Wälder aus Ziergräsern, die die Kinder überragten, welche
    sich kichernd unter die schwankenden, samenbeschwerten
    Blütenstände duckten, wenn sie den gewundenen Pfaden durch das
    herrlich ungeordnete Naturlabyrinth folgten, das Lilys Abscheu
    gegen gerade Linien und rechte Winkel geschaffen hatte.
    Sie erwartete Marty auf einer Bank, die von Töpfen mit Flieder
    umgeben war. Sie hatte ein paar der Sträucher zum Blühen gebracht, damit die Kunden die Farbe sehen konnten, aber die meisten hatten noch keine Blüten, sondern waren gewöhnlich aussehende Pflanzen
    mit unauffälligen Blättern. Sie nannte sie Bauernpflanzen und war von heimlicher Freude erfüllt, wenn sich in jedem Frühling zwei
    kurze Wochen lang noch die unscheinbarsten von ihnen prunkvoll
    und herrschaftlich herausputzten.
    Für einen Mann seiner Größe bewegte sich Marty leichtfüßig,
    aber in der Gärtnerei war es so still, dass Lily das Knirschen seiner Schuhe auf dem Kies schon lange gehört hatte, bevor sie sein
    Gewicht auf der Bank neben sich spürte.
    «Ich werde versuchen, Jack zu überreden, für ein paar Tage ins
    Hotel zu ziehen», sagte Marty.
    «Gut. Ich kann etwas Urlaub gebrauchen. Und du auch. Miete
    eine Suite mit Küche.»
    «Ich hätte es lieber, wenn du Abstand zu Jack halten würdest, bis das hier vorbei ist, Lily.»
    Sie wandte sich ihm zu. Meistens bewegte sich Lily so schnell,
    dass es unmöglich war, in ihr eine alte Frau zu sehen. Aber die
    Belastungen dieser Woche hatten ihr zugesetzt, und er bemerkte,
    dass das Alter die Illusion der Stärke von ihrem Gesicht gewischt hatte. Zum ersten Mal überhaupt erschien sie ihm wie ein sterbliches Wesen, schwach wie alle anderen auch. «Jack zieht ins Hotel, ich
    ziehe ins Hotel.»
    Marty lächelte. «Du bist also wieder Mutter.»
    «Wenn du ein Kind hast, selbst wenn es Schmock ist, bist du
    immer Mutter, egal was geschieht. Das ist keine freiwillige
    Angelegenheit.»
    Marty stellte sich Lily und Jack eingeschlossen in einem
    Hotelzimmer vor, ein Polizist vor der Tür. Das Bild gefiel ihm.
    «Schlecht am Hotel ist nur, dass es dir gut getan hat, hier bei uns zu sein, Martin. Möchtest du erfahren, wieso ich das weiß?»
    «Nein.»
    «Ich weiß das, weil du inzwischen wieder wie ein normaler
    Mensch trinkst. Vielleicht ein kleines Gläschen am Abend, und das war's.»
    «Ich kann nicht trinken und denken.»
    «Und was denkst du?»
    «Ich will herausbekommen, wer Morey erschossen hat.» Er
    drehte sich zu ihr und sah sie herausfordernd an. «Du etwa nicht?»
    Sie presste die Lippen so fest zusammen, dass sie kaum mehr zu
    erkennen waren.
    «Weißt du, es ist schon komisch, Lily. Meistens, wenn jemand
    ermordet wird, liegt die Familie der Polizei ständig in den Ohren, ruft ewig an, taucht auf dem Revier auf, erkundigt sich, wie die
    Ermittlungen laufen, ob es schon einen Verdächtigen gibt…»
    «Wie du und Morey es getan habt, als Hannah umgebracht
    worden ist», sagte sie mit einem eigenartig kalten Unterton.
    Marty schloss sekundenlang die Augen. «Du bist nie mit uns
    gekommen. Du hast nie gefragt. Es war, als ob Morey und ich ganz
    allein damit zu tun hätten. Und jetzt machst du dasselbe. Morey ist seit drei Tagen tot, und nicht ein einziges Mal hast du das geringste Interesse daran bekundet, wer ihn wohl getötet haben mag. Ich
    verstehe das einfach nicht.»
    Lily füllte sich die Lungen mit der feuchtschwülen Luft und sah
    auf den Flieder, nicht auf ihn. «Lass mich dir etwas sagen, Martin.
    Ob es Krebs war oder der Krieg oder ein Mann mit einem Messer
    oder einer Schusswaffe, für mich gilt, tot ist tot. Tot ist das Ende. Es ist jetzt sieben Monate her, seit der Mann, der Hannah ermordet hat, getötet wurde. Jetzt sag mir doch, ob dein Leben so viel besser ist, seit er unter der Erde liegt. Für mich ist nämlich nichts besser
    geworden. Diese Person war ein Nichts. Begrab noch zehntausend
    mehr, die so sind wie er, und trotzdem» – sie tippte sich auf die Brust
    – «bleibt es hier drinnen leer.»
    Marty stützte die Ellbogen auf die Knie und ließ den Kopf in die
    Hände sinken. «Ich bin jedenfalls froh, dass er tot ist», flüsterte er.
    Lily schüttelte den Kopf. «Ihr Männer. Ihr wollt immer wissen,
    wer diese oder jene schreckliche Tat begangen hat, damit ihr

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