Der König auf Camelot
ein glühender Pazifist gewesen zu sein – im Burenkrieg,
als mein Land der Aggressor war. In der Mafeking Night hat eine junge
Frau einen Knallfrosch nach mir geschmissen.«
»Erzählt uns von der Mafeking Night «, sagte Kay.
»Diese Diskussionen über Recht und Unrecht können einen ganz krank machen.«
»Mafeking Night …« begann
der Zauberer, der willens war, allen alles zu erzählen. Der König jedoch
unterband dies.
»Erzählt uns von Lot«, sagte er. »Wenn ich gegen ihn
kämpfen muß, möchte ich alles über ihn wissen. Ich fange an, mich für Recht und
Unrecht zu interessieren.«
»König Lot…«, begann Merlin im gleichen Tonfall, wurde
diesmal indes von Kay unterbrochen.
»Nein«, sagte Kay, »erzählt von der Königin. Die scheint
viel interessanter zu sein.«
»Queen Morgause…«
Zum erstenmal in seinem Leben machte Arthur von seinem
Vetorecht Gebrauch. Merlin, der die gehobene Augenbraue bemerkte, kam mit unerwarteter
Folgsamkeit auf den König von Orkney zurück.
»King Lot«, sagte er, »ist nur einer Eurer Pairs und
begüterten Untertanen. Er ist völlig bedeutungslos. Um den braucht Ihr Euch
nicht zu kümmern.«
»Warum nicht?«
»Zuerst einmal ist er das, was man in meiner Jugend als
einen Gentleman of the Ascendancy bezeichnete. Seine Untertanen sind
Gälen, wie auch seine Frau, er selber jedoch ist ein Import aus Norwegen. Er ist
ein Gallier wie Ihr, ein Mitglied der herrschenden Klasse, die vor langen
Zeiten die Inseln eroberte. Was bedeutet, daß seine Einstellung zum Krieg die
gleiche ist wie die Eures Vaters. Ob Gälen oder Gallier: das kümmert ihn die
Bohne, aber er ist nun mal vom Krieg besessen, so, wie meine viktorianischen
Freunde von der Fuchsjagd besessen waren, und überdies lassen sich da allerhand
Lösegelder herausschlagen. Auch stachelt ihn seine Frau an.«
»Manchmal wünsch’ ich«, sagte der König, »Ihr wärt vorwärts
geboren, wie andere Menschen. Viktorianer und Mafeking Night und all
das…«
Merlin war indigniert.
»Der Vergleich zwischen normannischer Kriegführung und
viktorianischer Fuchsjagd ist durchaus statthaft. Laßt Euren Vater und König
Lot mal einen Augenblick außer Betracht und denkt an die Literatur. Denkt an
die normannischen Mythen von solch legendären Gestalten wie den
Angevin-Königen. Von Wilhelm dem Eroberer bis zu Heinrich dem Dritten frönten
sie dem Krieg saisongemäß. Wenn Saison war, zogen sie zum Treffen los, und zwar
in prächtiger Rüstung, was das Risiko einer Verwundung auf ein
Fuchsjäger-Minimum reduzierte. Denkt an die entscheidende Schlacht von
Brenneville, an der neunhundert Ritter teilnahmen – und nur drei wurden
getötet. Denkt an Heinrich den Zweiten, der sich Geld von Stephen lieh, um
seine Truppen zu bezahlen, mit denen er gegen Stephen kämpfte. Denkt an die
sportliche Etikette, derzufolge sich Henry von einer Belagerung zurückziehen
mußte, sobald sein Feind Louis sich mit den Verteidigern in der Stadt verband,
da Louis sein Feudalherr war. Denkt an die Belagerung von Mont St. Michel, bei
der es als unsportlich galt, dank dem Wassermangel auf seiten der Belagerten zu
siegen. Denkt an die Schlacht von Malmesbury, die wegen schlechten Wetters ausfiel.
Das ist die Erbschaft, die Ihr angetreten habt, Arthur. Ihr seid König geworden
über ein Reich, in dem die volkstümlichen Agitatoren einander aus rassischen
Gründen hassen, während der Adel sich spaßeshalber bekriegt – und weder der
Rassenfanatiker noch der Lehnsherr bedenkt das Schicksal des gemeinen Soldaten,
der als einziger was abkriegt. Wenn Ihr’s nicht schafft, daß die Welt sich
wandelt, König, dann wird Eure Herrschaft eine endlose Reihe kleinlicher Kriege
sein, bei denen die Aggressionen entweder boshaften oder sportlichen Motiven
entstammen und bei denen nur der arme Mann von der Straße ins Gras beißt.
Deshalb habe ich Euch gebeten nachzudenken. Deshalb…«
»Ich glaube, Dinadan winkt uns«, sagte Kay. »Wir sollen zum
Essen kommen.«
KAPITEL 5
Mutter
Morlans Haus auf den Außen-Inseln war kaum größer als ein geräumiger
Hundezwinger, jedoch behaglich und gemütlich und voll interessanter
Gegenstände. Zwei Hufeisen waren über die Tür genagelt; fünf, von Pilgern
gekaufte Statuen standen herum, behangen mit abgenutzten Rosenkränzen – ein
guter Beter nutzt seinen Rosenkranz gehörig ab – ; etliche Bündel Zauberflachs
lagen auf dem Deckel der Salzkiste; um den Feuerhaken waren etliche
Weitere Kostenlose Bücher