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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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hielt. Ihre Gefühle kippten plötzlich um, und sie stellte
fest, daß sie die Mannen haßte. Es waren Schwachsinnige und Sassenachs dazu,
und sie selber war eine Heilige. Sie war, wie sie zur eignen Überraschung
bemerkte, ausschließlich am Wohlergehen ihrer geliebten Jungen interessiert.
Sie war ihnen die beste Mutter, die es nur gab! Ihr Herz lechzte nach ihnen,
ihr mütterlicher Busen wogte einzig für sie. Als Gareth ihr nervös ein
weißblühendes Heidekraut ins Schlafzimmer brachte, um sich dafür zu
entschuldigen, daß er verprügelt worden war, bedeckte sie ihn mit Küssen, wobei
sie in den Spiegel sah.
    Er befreite sich aus der Umarmung und trocknete seine
Tränen – teils verlegen, teils verzückt. Das Heidekraut, das er mitgebracht
hatte, wurde recht dramatisch in einen Napf ohne Wasser gestellt – sie spielte
die fürsorgliche Hausfrau – , und er durfte gehen. Fluchtartig verließ er, der
Vergebung gewiß, das königliche Gemach und wirbelte wie ein Kreisel die
Wendeltreppe hinab.
    Die Burg unterschied sich beträchtlich von jener anderen,
in der König Arthur sich getummelt hatte. Ein Normanne würde sie kaum als Burg
anerkannt haben, hätte sie nicht über einen Bergfried verfügt. Sie war tausend
Jahre älter als alles, was die Normannen kannten.
    Diese Burg, durch die das Kind jetzt lief, um seinen
Brüdern die gute Nachricht von der Liebe ihrer Mutter zu überbringen, war im
Dunkel der Vergangenheit als seltsames Symbol der ›Alten‹ entstanden: als ein
Fort auf dem Vorgebirge. Als der Vulkan der Geschichte sie ins Meer zu treiben
drohte, hatten sie sich auf der letzten Halbinsel festgekrallt. Auf einer
Landzunge, auf einem Kliff hatten sie – das Meer buchstäblich im Rücken – eine
Mauer errichtet. An den drei übrigen Seiten wurden sie vom Meer, ihrem
Schicksal, beschützt. Hier auf dem Vorgebirge türmten die blaubemalten
Kannibalen ihre zyklopische Mauer aus unvermörtelten Steinen auf, vierzehn Fuß
hoch und ebenso dick; auf der Innenseite befanden sich Terrassen, von denen
aus sie ihre Steine schleudern konnten. Vor der Mauer hatten sie Tausende von
spitzen Steinen derart eingegraben, daß sie sämtlich nach außen zeigten; so
waren chevaux de frise entstanden, Spanische Reiter, die einem
versteinerten Igel ähnelten. Dahinter, und hinter der gewaltigen Mauer,
drängten sie sich des Nachts mit ihren Haustieren in Holzhütten zusammen. Zur
Dekoration waren die Köpfe von Feinden auf Stangen gespießt, und ihr König
hatte sich eine unterirdische Schatzkammer gebaut, die gleichzeitig als
subterraner Fluchtweg diente. Sie führte unter der Mauer hindurch, so daß der
Fürst hinter den Angreifern herauskriechen konnte, falls das Fort gestürmt
worden war. Durch diesen Gang konnte sich nur ein einziger Mann jeweils
fortbewegen, und zudem verfügte er über eine Art von Schleuse, wo er seinen
Verfolger erwarten und ihm eins über den Kopf geben konnte, sobald dieser das
Hindernis zu überwinden suchte. Die Leute, die dieses Souterrain gegraben
hatten, waren von ihrem eigenen Priester-König hingerichtet worden, damit das
Geheimnis gewahrt blieb. All das war in einem früheren Jahrtausend.
    Dunlothian war bei dem Beharrungsvermögen der ›Alten‹ nur
langsam gewachsen. Eine skandinavische Eroberung hatte ein hölzernes Langhaus
entstehen lassen. Aus den Steinen der Sperrmauer war ein Rundturm für Priester gebaut worden. Der Bergfried mit einem
Kuhstall unter den beiden Wohngemächern war zuletzt entstanden.
    Durch diese unordentlichen Überreste von Jahrhunderten also
lief Ga-reth auf der Suche nach seinen Brüdern. Es ging durch Anbauten und Umbauten
– vorüber an ogfoam-Steinen zum Gedenken an irgendeinen längst verstorbenen
Deag, Sohn des No, mit dem Kopf nach unten in eine spätere Bastion eingebaut.
Der Gebäudekomplex lag auf der Spitze eines windumtosten Kliffs, das die Winde
des Atlantiks bis auf die Knochen leergefegt hatten und unterhalb dessen das
kleine Fischerdorf sich zwischen die Dünen kuschelte. Von hier oben aus sah
man ein Dutzend Meilen weit Brecher und Hunderte von Meilen Wolken. Die ganze
Küste entlang bewohnten die Heiligen und Schüler des Eriu ihre steinernen Iglus
in schaurig-schöner Abgeschiedenheit; fünfzig Psalmen sagten sie in ihren
Bienenkörben her und fünfzig im Freien und fünfzig im kalten Wasser –
angewidert von allem Weltlichen. St. Toirdealbhach war für ihre Gattung
keineswegs typisch.
    Gareth fand seine Brüder im Vorratsraum.
    Es roch

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