Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
Vom Netzwerk:
Bruder,
und ich hab’ nicht darauf angespielt. Ich seh’ nur zu, daß meine Leute
anständig bleiben.«
    »Und anständig«, sagte Agravaine, »ist es
natürlich, mit der Frau des Königs zu schlafen, auch wenn des Königs Familie
unsre Familie vernichtet hat, auch wenn sie einen Sohn von unsrer Mutter
bekommen hat, den diese Sippschaft ertränken wollte.«
    Gaheris protestierte. »Arthur ist immer
gut zu uns gewesen«, sagte er. »Hör endlich auf mit deiner Jammerei.«
    »Weil er Angst vor uns hat.«
    »Ich wüßte nicht«, sagte Gareth, »weshalb
Arthur Angst vor uns haben sollte, wo er doch Lanzelot an seiner Seite hat. Und
wir wissen alle, daß Lanzelot der beste Ritter der Welt ist und jeden bezwingen
kann. Stimmt’s nicht, Gawaine?«
    »Ich tat’ nicht gern darüber reden.«
    Gereizt von Gawaines herrischem Tonfall,
legte Mordred sich ins Zeug.
    »Nun wohl, aber ich tu’s. Vielleicht bin
ich beim Tjostieren ein schwacher Ritter, aber ich hab’ immerhin den Mut, für
meine Familie und für mein Recht einzustehen. Ich bin kein Heuchler. Jedermann
an diesem Hofe weiß, daß die Königin und der Oberbefehlshaber ein Verhältnis
haben. Aber wir, wir sollen reine Ritter sein und Beschützer der Frauen, und
niemand redet von was anderem als vom sogenannten Heiligen Gral. Agravaine und
ich haben beschlossen, jetzt zu Arthur zu gehen und ihn, vor dem ganzen Hof,
ins Gesicht zu fragen, was es mit der Königin und Lanzelot auf sich hat.«
    »Mordred!« schrie das Oberhaupt des Clans.
»Du wirst nichts dergleichen tun! Das wäre sündig.«
    »Er wird«, sagte Agravaine. »Und ich werde
mit ihm gehn.«
    Gareth schwankte zwischen Kummer und
Verwunderung.
    »Aber sie meinen’s wirklich ernst«, sagte
er.
    Gawaine übernahm, nach einem Moment der
Verblüffung, wieder die Führung und mimte Tatkraft.
    »Agravaine, ich bin das Oberhaupt des
Clans, und ich untersag’s dir.«
    »Du untersagst es mir?«
    »Ja, ich untersag’s dir; denn sonst machst
du dich zum Narren.«
    »Der ehrenwerte Gawaine«, warf Mordred
ein, »hält dich für einen Narren.«
    Diesmal ging der Große auf ihn los wie ein
wildgewordener Gaul.
    »Nichts dergleichen!« schrie er. »Du
denkst, ich tu’ dir nichts, weil du verkrüppelt bist, und da nimmst du dir was
raus. Aber ich werd’ dir was tun, Kerlchen, wenn du herumhöhnst.«
    Mordred hörte die eigene Stimme, als komme
sie hinter seinen Ohren hervor. In kühlem Ton sagte sie:
    »Gawaine, du überraschst mich: du hast
eine Gedankenfolge hervorgebracht!«
    Dann, als der Riese auf ihn zukam, sagte
dieselbe Stimme: »Nun los. Schlag mich schon. Das beweist deinen Mut.«
    »Ach, hör doch auf, Mordred«, bat Gareth.
»Kannst du mit der Stichelei nicht mal Schluß machen?«
    »Mordred tät’ nicht sticheln, wie du’s
nennst«, warf Agravaine ein, »wenn du dich nicht aufspielen würdest.«
    Gawaine donnerte los wie eine der
neumodischen Kanonen. Er ließ von Mordred ab, ein aufgestachelter Stier, und
schrie sie beide an.
    »Meine Seel’ dem Teufel! Werdet ihr still
sein oder verschwinden? Können wir denn niemals in der Familie Frieden wahren?
Haltet die Klappe, Gott im Himmel, und laßt dies blöde Geplapper um Sir
Lanzelot.«
    »Es ist nicht blöd«, sagte Mordred, »und
lassen tun wir’s auch nicht.« Er stand auf.
    »Nun, Agravaine«, fragte er, »gehn wir zum
König? Kommt noch einer mit?«
    Gawaine vertrat ihnen den Weg.
    »Mordred, du wirst nicht gehn.«
    »Wer will mir das verbieten?«
    »Ich.«
    »Ach nein«, bemerkte die eisige Stimme,
immer noch von irgendwo aus der Luft, und der Bucklige wollte vorüber.
    Gawaine streckte seine rote Hand aus, auf
deren Fingerrücken goldne Härchen wuchsen, und stieß ihn zurück. Gleichzeitig
legte Agravaine seine eigene weiße Hand mit ihren fetten Fingern an seinen
Schwertknauf.
    »Keine Bewegung, Gawaine. Ich hab’ ein
Schwert.«
    »Das sieht dir ähnlich, du Teufel!« rief
Gareth.
    Der jüngere Bruder hatte plötzlich seinen
Standpunkt gefunden und war sich seiner Lebensordnung bewußt geworden. Ihre
ermordete Mutter, und das Einhorn, und der Mann, der jetzt sein Schwert zog,
und ein Kind in der Vorratskammer mit blitzendem Dolch: dies alles hatte seinen
Aufschrei bewirkt.
    »Nun gut, Gareth«, knurrte Agravaine, weiß
wie ein Bettlaken, »ich weiß, was du sagen willst, und jetzt zieh’ ich.«
    Die Situation geriet außer Kontrolle: sie
begannen sich wie Marionetten zu benehmen, so, als wäre alles schon einmal
geschehen – was zutraf. Beim

Weitere Kostenlose Bücher