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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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gelingt oder in einer anderen,
ist mir immer noch unklar. Die Schwierigkeit vom Rückwärtsleben und
Vorwärtsdenken ist, daß man die Gegenwart durcheinanderbringt. Das ist auch der
Grund, warum man es vorzieht, sich ins Abstrakte zu flüchten.«
    Der alte Herr faltete die Hände über
seinem Bauch, röstete sich die Füße am Feuer, dachte über sein eigenes Dilemma
in der Zeit nach und fing an, einen seiner Lieblingsautoren zu zitieren:
    »Ich sah die Geschichte der Sterblichen
vieler verschiedener Rassen vor meinen Augen geschehen… Könige und Königinnen
und Kaiser und Republikaner und Patrizier und Plebejer zogen in umgekehrter
Reihenfolge an mir vorbei… die Zeit raste rückwärts in ungeheuren Bilderfolgen.
Große Männer starben, bevor sie ihren Ruhm errungen hatten. Könige wurden
abgesetzt, bevor sie gekrönt waren. Nero und die Borgias und Cromwell und
Asquith und die Jesuiten genossen ewige Schande und begannen dann, sie zu
verdienen. Mein Mutterland… ging ein ins barbarische Britannien; Byzanz
verlöschte in Rom; Venedig im Henetianischen Altino; Hellas in zahllosen
Völkerwanderungen. Hiebe fielen und wurden dann erst ausgeteilt.
    Stille folgte auf dieses eindrucksvolle
Bild, bis die Ziege ein früheres Thema aufgriff.
    »Er sieht unglücklich aus«, sagte sie, »da
könnt Ihr sagen, was Ihr wollt.«
    Zum ersten Mal seit seiner Rückkehr
schauten sie den König an, und alle verstummten.
     
     
     
     
     
    KAPITEL 17
     
     
    Er betrachtete sie und hielt dabei die
Feder in der Hand. Unbewußt streckte er sie vor, sein Fragment der Schönheit.
Er wehrte sie damit ab, als sei sie eine Waffe.
    »Ich gehe nicht«, sagte er. »Ihr müßt
einen anderen Ochsen finden, der die Last für Euch zieht. Warum habt Ihr mich
weggebracht? Warum sollte ich für den Menschen sterben, wenn Ihr selbst so
verächtlich von ihm redet? Denn es würde den Tod bedeuten. Daß die Menschen
grausam und dumm sind, ist nur zu wahr. Sie haben mir jedes Leid zugefügt, bis
auf den Tod. Denkt Ihr, daß sie auf die Weisheit hören, daß der Tor verstehen
und die Arme senken wird? Nein, er wird mich deshalb töten; er wird mich töten,
wie die Ameisen einen Albino getötet hätten.
    Und Merlin«, rief er, »ich habe Angst zu
sterben, weil ich nie eine Chance hatte zu leben! Ich hatte nie ein eigenes
Leben, nie Zeit für die Schönheit, und gerade hatte ich angefangen, beides zu
finden. Ihr habt mir Schönheit gezeigt und sie mir wieder weggenommen. Ihr
schiebt mich hin und her wie eine Schachfigur. Habt Ihr das Recht, meine Seele in diese oder jene
Form zu pressen, einem Verstand den Verstand zu rauben?
    O ihr Tiere, ich habe euch im Stich
gelassen, ich weiß es. Ich habe euer Vertrauen enttäuscht. Aber ich kann das
Joch nicht mehr ertragen, weil ihr mich darin zu lange getrieben habt. Warum
sollte ich Lyo-lyok verlassen? Klug war ich nie, doch ich war geduldig, und
selbst die Geduld schwindet. Niemand kann das Joch sein Leben lang tragen.«
    Sie wagten nicht zu antworten, kein Satz
fiel ihnen ein. Sein Gefühl von Schuld und enttäuschter Liebe hatte ihn
unglücklich gemacht, jetzt mußte er zur Selbstverteidigung wüten.
    »Ja, ihr seid klug. Ihr kennt die langen
Worte und wißt, wie man mit ihnen jongliert. Wenn der Satz hübsch wird, lacht
ihr und sprecht ihn aus. Aber es sind menschliche Seelen, über die ihr witzelt,
und es ist meine Seele, die einzige, die ich habe, die ihr auf den Index
gesetzt habt. Und Lyo-lyok hatte eine Seele. Wer hat euch zu Göttern gemacht,
die mit dem Schicksal spielen, wieso könnt ihr Herzen befehlen, zu kommen und
zu gehen? Ich mache diese schmutzige Arbeit nicht länger; ich kümmere mich
nicht weiter um eure schmutzigen Pläne; ich gehe mit den Gänsen an einen
stillen Ort, wo ich in Frieden sterben kann.«
    Seine Stimme schrumpfte zu der eines alten
und unglücklichen Bettlers, als er sich in den Stuhl zurückwarf und die Augen
mit den Händen bedeckte.
     
    Plötzlich stand der Igel mitten im Kreis.
Die kleinen, bläulichen Finger zu Fäusten geballt, die borstige Nase nach
Widerspruch schnuppernd, schwer atmend, knisternd von trockenen Zweigen, klein,
wütend, vulgär und verfloht – so stand der Wicht vor dem Komitee und bot ihm
die Stirn.
    »Hört auf, hört ihr?« befahl er. »Haltet
Ruh’, wie? Behandelt ihn anständich, verstanden?« Und er schob seine Gestalt
störrisch zwischen sie und seinen Helden, bereit, den ersten niederzuschlagen,
der sich dazwischendrängte.
    »Ui«, sagte

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