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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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sauer gewordener
Milch roch.
    »Herr im Himmel!« sagte Bruder Tuck. »Herr des
Himmels und der himmlischen Heerscharen! Nie und nimmer hätt’ ich einen roten
Heller dafür gegeben, daß wir da wieder rauskommen.«
    »Herr!« sagte der Hundejunge.
    Cavall gab sich damit zufrieden, wie wild zu
bellen, sie in die Füße zu beißen, sich auf den Rücken zu werfen, in dieser
Lage zu wedeln und sich insgesamt wie ein kompletter Irrer aufzuführen. Old
Wat berührte sein Stirnhaar.
    »Na denn«, sagte Kay. »Das ist mein Abenteuer, und
jetzt müssen wir schleunigst heim.«
     
     
     
     
     
    KAPITEL 12
     
     
    Morgan le Fay jedoch, die
in Feengestalt kein Eisen ertrug, hatte immer noch ihren Greif. Mittels eines
Zauberspruchs löste sie ihn in dem Augenblick, da ihr Schloß verschwand, von
seiner güldenen Kette.
    Die Geächteten beglückwünschten sich zu ihrem Erfolg
und vernachlässigten die gebotene Vorsicht. Sie beschlossen, einen Umweg zu
machen und das angekettete Ungeheuer in Augenschein zu nehmen. Also
marschierten sie zwischen den dunklen Bäumen hindurch und achteten nicht der
Gefahr.
    Es ertönte ein Geräusch, wie wenn eine Lokomotive
pfeifend Dampf abläßt. Und darüber schwebte, gleich der Stimme des Phönix von
Arabien, das Silberhorn von Robin Wood.
    »Ton, ton, tavon, tontavon, tantontavon,
tontantorita-von«, klang das Horn. »Mut, trut, trururut, trururoru-ut. ,Truuut,
truuut. Tan, trön, trin-trin.«
    Robin blies seine Jagdmusik. Die Jagd war auf, und
die im Hinterhalt verharrenden Bogenschützen bezogen Stellung, dieweil der
Greif angriff. In einheitlicher Bewegung setzten sie den linken Fuß vor und
ließen einen solchen Schwarm von Geschossen los, daß es wie ein Hagelschauer
war.
    Wart sah, wie das wunderliche Wesen, innehielt; ein
ellenlanger Schaft steckte ihm zwischen den Schulterblättern. Sein eigener
Pfeil flog zu hoch; er bückte sich, um einen neuen aus dem Köcher zu nehmen. Er
sah, daß seine Mitstreiter wie auf ein vereinbartes Zeichen gleichzeitig nach
einem zweiten Pfeil griffen. Er hörte, wie die Bogensehnen erneut schnellten,
hörte das Sausen der befiederten Pfeile in der Luft. Er sah, wie die Phalanx
der Pfeile im Mondschein aufleuchtete. Bisher hatte er immer nur auf Strohziele
geschossen, was ein Geräusch machte, das wie Pfttt klang. Wie oft hatte er sich
danach gesehnt, den Klang zu hören, den diese makellosen und todbringenden
Geschosse in festem Fleisch erzeugten. Nun hörte er’s.
    Die Schuppen des Greifs jedoch waren so dick und
dicht wie die eines Krokodils, und alle nicht haargenau placierten Pfeile
prallten ab. Der Greif kam näher. Er quäkte beim Näherkommen. Der peitschende
Schwanz mähte beiderseits die ersten Männer nieder.
    Wart paßte einen Pfeil ein. Die Hahnenfeder wollte
sich nicht fügen. Alles ging im Zeitlupentempo.
    Er sah den gewaltigen Leib im Mondschein schwarz
heranrücken. Er spürte den Prankenhieb auf der Brust. Er merkte, wie er langsam
Kobolz schlug, niedergeworfen von einem grausamen Gewicht. Irgendwo im
Karussel des Universums sah er Kays Gesicht, gerötet vor Erregung, und auf der
anderen Seite Maid Marian, mit geöffnetem Munde, schreiend. Er meinte, ehe die
Schwärze ihn verschlang, daß der Schrei ihm gelte.
    Sie zerrten ihn unter dem toten Greif hervor und
stellten fest, daß Kays Pfeil im Auge des Untiers steckte. Es ’war im Sprung
verendet.
    Dann war da ein Zeitraum, in dem ihm übel wurde –
während Robin sein Schlüsselbein richtete und ihm eine Schlinge aus dem grünen
Stoff seiner Kapuze machte –, und danach legte sich die ganze Bande hundemüde
neben dem Kadaver zum Schlafen nieder. Es war zu spät, um zu Sir Ectors Schloß
oder zum Lager beim großen Baum zurückzukehren. Die Gefahren der Expedition
waren vorüber; es blieb nichts anderes zu tun, als Feuer anzuzünden, Wachen
aufzustellen und an Ort und Stelle einzuschlafen.
    Wart schlief nicht viel. Er saß an einen Baum
gelehnt, sah zu, wie die rot angestrahlten Posten im Feuerschein hin und her
gingen, hörte ihre leisen Losungsworte und überdachte die Aufregungen des
Tages. Sie gingen ihm im Kopf herum, wirbelten manchmal wild durcheinander,
liefen rückwärts ab oder huschten in Fetzen vorbei. Er sah den Greif
anspringen, hörte Marian schreien: »Guter Schuß!« – lauschte dem Gesumm der
Bienen, vermischt mit dem Streichkonzert der Zikaden, und schoß und schoß,
hundertmal und tausendmal, auf künstliche Vögel und Stechpuppen und
Strohgestalten, die sich

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