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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Unterhaltungen. Sobald sie jedoch die Bühne betraten, agierten sie mit größtmöglicher Professionalität und waren auf Abruf fröhlich, leidenschaftlich oder traurig, um im nächsten Moment gelassen zur Seite zu treten und dem nächsten Spieler Platz zu machen.
    Caterina trug entscheidend zum Gelingen der Proben bei, indem sie sich sämtliches Geläster verkniff. Sie zog niemanden mehr auf, noch verließ sie je allein das Haus.
    Elena war zu Anfang ein wenig gehemmt bei ihren Auftritten als Aurelia, doch Bernardo war nachsichtig und vermittelte ihr das Gefühl, sie werde es schon schaffen. Nie verlor er die Geduld mit ihr, auch nicht, wenn ihr ein Versprecher unterlief. Manchmal überstieg das Spielen ihre Kräfte, dann verschwand sie unvermittelt im Requisitenraum. Wenn sie zurückkam, waren ihre Augen rot geweint und die Stimme belegt, was die anderen veranlasste, sie mit noch mehr Rücksicht zu behandeln. Nach und nach gewann sie jedoch mehr Sicherheit und spielte bald all’ improvviso, als wäre es ihre zweite Natur.
    Auch die anderen legten sich nach Kräften ins Zeug. Rodolfo, obschon körperlich noch nicht völlig wieder auf der Höhe, entwickelte als Capitano eine Art von tölpelhafterKomik, die sogar uns, die wir das Stück kannten, die Lachtränen in die Augen trieb. Zuerst war er nur aus Versehen bei einer Probe gestolpert, aber nachdem Franceschina deswegen in Kichern ausgebrochen war, geschah es öfter, dass er über seine eigenen Füße fiel. In Verbindung mit seiner Kleinwüchsigkeit entfaltete sich dadurch das Bild eines zwar aufgeblasenen, aber liebenswerten Trottels – ein Capitano, wie ihn sich jedes Publikum wünschen musste.
    Franceschina und Rodolfo waren auf der Bühne ein Kapitel für sich. Sie spielten ihre Rollen, als wären sie einander wirklich zugetan. Solche Blicke und Gesten konnten unmöglich gespielt sein, schon gar nicht aus dem Stegreif ! Kaum waren jedoch die Proben vorbei, kehrten sie einander den Rücken zu.
    Die größte Überraschung für uns alle war aber zweifellos Iseppo. Die Rolle des Pantalone lag ihm im Blut, er spielte sie mit einer solchen Überzeugungskraft, dass jedermann glauben musste, er sei schon als geiziger, jammernder, misstrauischer Kaufmann auf die Welt gekommen. Man vergaß völlig, dass er nur spielte – er war Pantalone! Für eine erste Rolle war seine Darbietung schlichtweg brillant, darin waren sich alle einig. Falls er eine solche Leistung auch vor einem richtigen Publikum hinkriegte – und darin bestand für gewöhnlich der Pferdefuß in diesem Gewerbe –, war ihm Szenenapplaus sicher.
    Cipriano gab den Dottore mit der gewohnten Spielfreude und Lässigkeit. Bravourös holte er aus der Rolle heraus, was sie hergab. Er näselte, stotterte, schimpfte und schmeichelte, je nachdem, was der Auftritt gerade verlangte. Zwischen den Szenen betätigte er sich als Tänzer, Sänger und Musikant, um die Pausen zu füllen, so wie er es auch später bei der Aufführung tun würde.
    Iseppo stand während dieser Solo-Einlagen häufig an der Säule und beobachtete Cipriano, wobei sein Mienenspiel zwischen Verzückung und Niedergeschlagenheit wechselte. Seine Laune verfinsterte sich vollends, sobald Henry in der Ca’Contarini auftauchte, was fast täglich der Fall war. Der Engländer fieberte der Vorstellung entgegen und ließ es sich nicht nehmen, bei den Proben zuzuschauen und alle wichtigen Wendungen und Lazzi zu notieren, um sie während seiner langen Heimreise nach London noch einmal in Ruhe durchgehen zu können.
    Rodolfo und Cipriano zogen täglich durch die Stadt und kündigten das neue Stück an. Außerdem hatten wir Handzettel drucken und verteilen lassen, um zusätzlich auf die Vorstellung aufmerksam zu machen.
    Wir hatten sogar Maßnahmen gegen den Gestank des Athanors ergriffen: Unter Zuhilfenahme dicker Tücher gegen die Hitze hatten wir den Ofen zum Andron geschleppt, der weit genug vom Treppenhaus entfernt war. Wir hatten den Athanor einfach in den dortigen Kamin geschoben, sodass der Rauch wenigstens zum größten Teil nach oben entweichen konnte. Die Tür vom Mezzà zum Andron blieb fest geschlossen, und alle Ritzen hatten wir mit Stofffetzen abgedichtet. So konnte der Ofen dort unten vor sich hin stinken und störte niemanden.
    Schon am Abend vor der Aufführung war alles bis ins Kleinste vorbereitet. Das beeindruckende Bühnenbild, das Elena noch im Laufe der Woche fertiggestellt hatte, wurde als Teil der Kulissen aufgehängt und von allen

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