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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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würde ich es ihm vergelten.
    »Danke, Hank.« Ich schwieg, weil ich nichts weiter sagen konnte.
    »Nicht der Rede wert. Ist eine Kleinigkeit.«
    »Soll ich Ihnen das Bild schicken?«, brachte ich hervor.
    »Dauert zu lange. Legen Sie es in Ihren Briefkasten, wenn die Polizei weg ist. Ich fahre irgendwann heute Abend nach Salisbury. Könnte spät werden. Wenn Sie zu Hause sind, werden wir uns sehen. Wenn nicht, nehme ich das Bild und verschwinde. So oder so — ich rufe Sie an, wenn ich etwas erfahre.«
    »Das ist wunderbar, Hank. Ich werde es erledigen.«
    Hank wollte etwas sagen und brach dann ab. Einen Augenblick lang hörte ich ihn nur atmen. »Sie verstehen das doch, oder, Work?« Er sprach nicht von Alex oder Jean.
    »Hey. Das Leben kann gemein sein. Ich bin Ihnen dankbar für das, was Sie tun.«
    »Okay. Ich melde mich.«
    Dann war er weg, und ich beendete die Verbindung. Ich schaute zu Bone hinüber, aber der schlief neben mir auf dem Sitz. Wie konnte so viel auf einmal passieren? Wie konnte es sein, dass die Welt gerade noch normal war und sich am nächsten Tag in eine qualmende Grube verwandelte? Ich schloss die Augen und stellte mir Gras vor, das sich in einem Wind aus weiter Ferne bog. Als ich aufblickte, stand ein Mann neben meinem Wagen und spähte durch das Seitenfenster. Ich war zu ausgepumpt, um noch zu erschrecken. Es war Max Creason — dieselbe Jagdmütze, dieselbe erhabene Hässlichkeit. Er trug einen leuchtend roten Poncho, als rechnete auch er mit Regen. Ich kurbelte das Fenster herunter.
    »Hallo, Max«, sagte ich. »Wie geht's?«
    Er musterte mich eindringlich, und seine Augen leuchteten hinter den dicken, schmierigen Brillengläsern. Dann deutete er auf mein Haus. »Da sind Cops in Ihrem Haus.« Es klang wie eine Frage, nicht wie eine Feststellung, aber auf diesen Köder biss ich nicht an. Das schien ihn zu verärgern, denn seine Lippen zogen sich über den fleckigen Zähnen nach oben, und tief aus seiner Kehle kam ein seltsames Geräusch. Er beugte sich weiter herein. »Als ich Sie kennengelernt habe, wusste ich nicht, wer Sie sind. Wusste nicht, dass Sie der Sohn dieses ermordeten Anwalts sind, von dem jeden Tag was in der Zeitung steht.« Es klang wie ein Vorwurf. Er schaute zum Haus hinüber und sah dann wieder mich an. »Und jetzt ist die Polizei in Ihrem Haus. Glauben die, dass Sie es getan haben? Stehen Sie unter Verdacht?«
    »Ich möchte nicht darüber reden, Max. Die Sache ist kompliziert.«
    »Reden ist aber gut.«
    »Nein. Reden ist schmerzhaft. Es ist schön, Sie wiederzusehen, doch es ist kein guter Augenblick.«
    Er ignorierte mich. »Kommen Sie«, sagte er und trat einen Schritt zurück. »Lassen Sie uns ein Stück gehen.«
    »Danke, aber ich möchte nicht.«
    Es war, als hätte er mich nicht gehört. Er öffnete die Wagentür. »Nein, es wird gut tun. Lassen Sie den Hund einfach liegen. Sie kommen jetzt und gehen ein Stück mit mir.« Er winkte mich heraus, und ich gab nach. Ich konnte sowieso nirgends hin.
    Also ließ ich Bone im Truck schlafen und ging mit Max. Er wählte den schmalen Fußweg, der am Teich entlangführte, weg von meinem Haus. Ich schaute nicht zurück. Er machte große Schritte, und der Poncho flatterte ihm um die Beine. So gingen wir neun oder zehn Minuten, am Teich entlang, an den öffentlichen Tennisplätzen vorbei und über einen kiesbedeckten Parkplatz. Keiner von uns sprach, bis der Park hinter einer kleinen Anhöhe verschwunden war. Wir waren in einer schmalen Seitenstraße, gesäumt von bescheidenen Häusern. In manchen Vorgärten lag Kinderspielzeug herum, andere waren makellos. Es war eine Übergangsgegend. Jungverheiratete und Beinahetote. Aber was interessierte mich das alles?
    »Ich werde Ihnen eine Geschichte erzählen«, sagte Max schließlich und rollte die Augen. »Sie ist wichtig, also hören Sie gut zu. Ich werde Ihnen von meinen Händen erzählen.« Er hob sie und ließ sie wieder fallen; sie waren schmutzig, aber hell vor dem roten Poncho, und seine Finger waren lang.
    »Sie erinnern sich. Sie haben mich schon mal danach gefragt. Jetzt werde ich's Ihnen erzählen.«
    »Warum?«
    »Ich habe meine Gründe. Halten Sie einfach den Mund. Noch niemand in dieser Stadt hat die Geschichte gehört, und es fällt mir nicht leicht, darüber zu reden.«
    »Okay.«
    »Die habe ich aus Vietnam«, sagte er, und ich wusste, er meinte seine Hände. »Ich war ein ganz normaler Typ, nicht anders als alle andern, und hatte meine zweite Dienstzeit halb

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