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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Vorgang in der Tuchveredelung: Durch das Bad in Wasser und Fullererde und die Bearbeitung mit dem Hammer wurden nicht nur die letzten Verunreinigungen undFette aus der Wolle gelöst, das lockere Gewebe wurde vor allem verfilzt und verdichtet, sodass es einen festen, wärmenden, Wasser abweisenden Stoff ergab. Beim Walken schrumpfte das Wolltuch etwa auf die Hälfte seiner ursprünglichen Größe zusammen, hatte Crispin gelernt, und je gleichmäßiger es gewalkt war, umso besser die Qualität. Er bewunderte die Geschicklichkeit der Handwerker, aber er war dankbar, dass ihr Los nicht das seine war. Es sah nach furchtbar harter Arbeit aus.
    »Wie machen sie das, ohne ständig mit den Fingern unter die Hämmer zu geraten?«, fragte er.
    »Wenn es zwei-, dreimal passiert ist, lernt man vermutlich, es zu vermeiden«, antwortete Jonah und rief dann: »Gott zum Gruße. Wo ist Master Berger?«
    Eine der gekrümmten Gestalten sah sich um, ohne sich aufzurichten. »Ah. Hillocks Lehrling, richtig?«
    Jonah nickte.
    Der Walker nahm eine gerötete Hand aus dem Wasser und wies durch die Hintertür. »Er ist draußen in der Färberei.«
    Jonah trat ins Freie und überquerte die wackelige, altersschwache Brücke ohne Bedenken. Crispin folgte ihm vorsichtiger.
    Am Ende der großen Wiese war ein Holzdach auf vier Pfosten errichtet worden. Darunter standen verschiedene Fässer, denen die unterschiedlichsten Gerüche entströmten. Sie ergaben ein Gemisch, das Crispin an Essig und fauliges Gemüse erinnerte. Er wusste, dass die meisten Farbstoffe aus Pflanzen gewonnen wurden, von denen manche nur in warmen Ländern wuchsen. Auch hier in der Färberei waren mehrere Menschen bei der Arbeit. Ein Mann und eine Frau hoben ein großes Stück Tuch aus einem der Fässer, rollten es ein und trugen es zu einem freien Stück Wiese hinüber. Sie ächzten unter ihrer Last. Eine bläuliche Brühe tropfte aus der Wolle, auch die Arme der Arbeiter waren bis zu den Ellbogen blau verfärbt. Zwei weitere Frauen rührten mit langen Stangen in den Fässern. An einer Werkbank stand ein Mann und zerstieß ein grobkörniges, grünes Pulver in einem Mörser.
    Jonah trat zu ihm. »Seid gegrüßt, Master Berger.«
    Der Mann sah auf. Was für ein düsterer Geselle, dachte Crispin unbehaglich.
    »Hab ich’s doch geahnt, dass du hier heute aufkreuzt«, brummte Berger, ohne Jonahs Gruß zu erwidern.
    »Master Hillock fragt sich, wo die blaue Ware bleibt, die Ihr vor drei Tagen liefern solltet.« Jonah sprach ohne Vorwurf, aber seine Stimme sagte deutlich, dass er von der Unhöflichkeit und dem angriffslustigen Gebaren des Handwerkers nicht sonderlich beeindruckt war.
    »Die ganze Farbserie ist mir verdorben«, erklärte Berger unvermittelt. »Das dumme Luder hat zu viel Beize in die Mischung gegeben, sodass die Farbe nicht richtig gebunden hat. Das Tuch ist fleckig.«
    Bei dem »dummen Luder« handelte es sich offenbar um Master Bergers Frau. Gewiss nicht seine erste. Sie war mindestens dreißig Jahre jünger als der bärbeißige, graubärtige Walker, ein schmächtiges, flachbrüstiges Geschöpf mit strähnigen Haaren unter einer schmuddeligen, einstmals weißen Haube, und die schwärzlich violetten Verfärbungen in ihrem Gesicht ließen Jonah ahnen, was ihre Unachtsamkeit – die vielleicht mangelnde Erfahrung war – ihr eingebracht hatte. Unter dem finsteren Blick ihres Mannes schrumpfte sie sichtlich in sich zusammen.
    »Aber das Tuch für deinen Meister ist vorhin fertig geworden«, teilte Berger ihm mit. »Zwei Ballen zu ein Pfund fünf das Stück. Wenn du drei nimmst, lass ich sie dir für einen Shilling weniger.«
    Jonah kräuselte die Lippen und schüttelte den Kopf. »Der vereinbarte Preis war ein Pfund, dreieinhalb Shilling. Und Master Hillock hat mich angewiesen, wegen der Verspätung einen halben Shilling abzuziehen.«
    Crispin sperrte verblüfft den Mund auf, schloss ihn aber sogleich wieder. Ihr Meister hatte mit keiner Silbe erwähnt, dass Jonah den Preis drücken sollte, doch vermutlich wusste der ältere Lehrling, was er tat.
    Berger schnaubte verächtlich. »Wenn du billiges Tuch willst,geh zu einem Handwalker, Söhnchen. Ich muss meine Mühle instand halten und habe Kosten.«
    Jonah zog die Brauen in die Höhe und antwortete ebenso ungehobelt: »In deine Mühle ist seit zwanzig Jahren kein neuer Nagel eingeschlagen worden, und du betreibst sie mit dem Wasser, das Gott dir schickt. Kostenlos. Aber ich muss einen Wagen mieten, um das Tuch in die

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