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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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deine Bedeutung, Crispin. Jetzt hör auf, dich zu beklagen.«
    Der Junge schwieg und stiefelte ein wenig gekränkt an der Seite seines neuen Meisters durch den Schneematsch. Als sie sich der Ropery näherten, hörten sie die Abendglocke in All Hallows läuten. Crispin sah sich neugierig um. Er war nie zuvor in dieser Gegend gewesen, und er staunte über die großen Häuser. Hier gab es nur wenige Läden an der Straßenfront, denn die meisten der Kaufmannsvillen lagen hinter Palisaden oder Mauernverborgen. Im Kirchhof von All Hallows spielten ein paar gut gekleidete Jungen Haschen, ehe ein Priester mit wehendem Habit aus einer Seitenpforte kam und die kleinen Frevler verscheuchte. Lachend stoben sie davon. Wie überall in London waren auch in der Ropery die Straßen zu schmal und verdreckt und zu jeder anderen Tageszeit gewiss überfüllt. Und doch war der Wohlstand dieser Gegend allgegenwärtig. Jonah war nicht der einzige Kaufmann, der zu Pferd unterwegs war, und die Lehrjungen, die ihnen auf dem Heimweg von einem späten Botengang entgegenkamen, tippten höflich an ihre Kappen, um ihn zu grüßen.
    Jonah hielt vor einem Tor in einer steinernen Mauer, die gewiss dreimal so lang war wie Hillocks Haus breit. Er löste seinen Schlüsselring vom Gürtel und reichte ihn Crispin. »Der kleinere mit dem D in der Räute ist für die Pforte.«
    Er saß ab, während Crispin den richtigen Schlüssel heraussuchte. »D wie in Durham?«, fragte er neugierig und sperrte auf.
    Jonah hob kurz die Schultern. »Meine Großmutter hat das Haus von einem Pelzhändler namens Deresle gekauft. Der Schlüssel dient mir so gut wie ihm. Komm rein.« Er führte sein Pferd in den Hof.
    Crispin folgte ihm, blieb nach wenigen Schritten wie angewurzelt stehen und sah sich staunend um. »Grundgütiger … Es ist riesig.« Im schwindenden Licht sah er das Wohnhaus auf der rechten, das Tuchlager und den Stall auf der linken Seite. Ordentliche Wege teilten die jetzt kahlen Beete und verbanden die Gebäude miteinander, und auf dem hinteren Teil des Grundstücks lagen große Stapel von Holzbrettern und Pfählen. Die Rahmen zweier bescheidener Häuschen standen bereits. »Was baust du da?«, fragte er neugierig.
    Jonah band sein Pferd neben dem Tor an. »Eine Weberei und eine Färberei. Ich will sie an flämische Handwerker vermieten und dann das hier produzierte Tuch verkaufen.«
    »An Flamen ? Was für eine … eigenartige Idee.«
    Jonah lächelte plötzlich. »Es gibt Leute, die von der Idee äußerst angetan sind. Und jetzt komm ins Haus.«
    An der Tür kam Meurig ihnen mit einem Öllicht entgegen. »Master Jonah? Ich hab die Pforte gehört. Das Essen ist fertig, Sir.«
    Jonah nickte. »Meurig, das ist Crispin, mein Lehrjunge.«
    Meurig nahm die Lampe in die linke Hand und streckte Crispin die Rechte entgegen. Der Druck seiner schwieligen Hand war warm und fest, und plötzlich wurde Crispin viel leichter ums Herz. »Willkommen, Crispin. Hier, nimm das Licht, sei so gut, ich bring schnell den Gaul in den Stall.«
    Er drückte ihm das kleine Tongefäß in die Hand, zwinkerte ihm über die Flamme hinweg spitzbübisch zu und überquerte dann pfeifend den Hof.
    »Lass ihn gesattelt, ich will später noch einmal weg«, rief Jonah ihm nach. Meurig hob die Hand, um zu bedeuten, dass er verstanden hatte. Jonah führte seinen Lehrling ins Haus, durch den schmalen Vorraum, die Treppe hinauf zur Halle, wo ihnen die wenig einladenden Worte entgegenschollen: »Mach, dass du wegkommst, du Ungeheuer!«
    »Crispin, das sind Rachel und mein Kater Ginger. Wie du siehst, gibt es auch in meinem Haus Streit und Hader, du wirst dich ganz heimisch fühlen.«
    Rachel fuhr zur Tür herum. In der Linken hielt sie einen Besen, leicht erhoben, als wolle sie damit auf die Ankömmlinge losgehen. Aber sie ließ ihn sogleich wieder sinken und lächelte schuldbewusst. »Er ist schon wieder auf dem Tisch rumstolziert, Master.«
    »Er tut es nur deshalb, weil er weiß, dass er dich damit aufregen kann«, mutmaßte Jonah und setzte sich an seinen Platz, den bequemsten Sessel, der genau in der Mitte der Längsseite des Tisches stand. Ein lebhaftes Feuer prasselte im Kamin. Die Scheite knisterten angenehm und spuckten dann und wann ein paar Funken auf den Boden. Vor dem Kamin lag deshalb kein Strohbelag auf den Holzdielen, sondern eine steinerne Platte. Der Raum war herrlich warm und von ein paar Talglichtern und Kerzen auf den Fensterbänken und dem Tisch in dämmriges, weiches Licht

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