Der Koenig geht tot
entschuldigte sich Max. »Er hat mich um Hilfe gebeten. Ein weiterer toter Schützenbruder. Das hält der stärkste Verein nicht aus.«
»Ein Mann ist gestorben«, raunzte ich. »Wen kümmert da dieser dämliche Verein?«
Max seufzte. »Du hast ja recht. Ich meld’ mich bei dir, wenn ich mit Christoph Steinschulte gesprochen hab.«
»Mach das!« Ich legte auf.
Robert sah mich einen Moment fragend an.
»Nichts Besonderes«, antwortete ich. »Nur ein weiterer Toter. Ich glaube, er heißt St. Sebastianus!«
26
So gegen fünf suchte ich Ablenkung an der frischen Luft. Robert war abgefahren, nicht nach Köln, sondern nach Bochum, wo er sich mit einer Historikerin treffen wollte, mit der er arbeitsbedingt schon mehrfach in Mail-Kontakt gestanden hatte. Die Verabredung war ganz kurzfristig über die Bühne gegangen, nachdem wir festgestellt hatten, daß wir an diesem Tag nicht mehr viel miteinander anfangen konnten. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und verarbeitete für sich das Geschehene. Daher empfanden wir es beide als gute Lösung, als Robert sich ins Auto setzte, um in Bochum diese Bekannte zu besuchen. Er wollte erst spät am Abend ins Sauerland zurückkommen.
Ich selbst steuerte ohne eigentliches Anliegen in Richtung Innenstadt und landete irgendwann in der Buchhandlung Radebach. Zunächst lief ich aus reiner Gewohnheit auf die Krimiecke zu. Doch schon beim Anblick des ersten Titels: Der Mörder kam um Mitternacht fuhr mir ein Schauder über den Rücken. Danke. Von Mordgeschichten hatte ich fürs erste genug. Lieber würde ich mich in meinen lang ersehnten Sommerferien mit einem auf koreanisch verfaßten Lexikon über Blumenzucht herumschlagen, als auch nur einen weiteren Mord zu ertragen. Ich wandte mich der Ecke mit Kochbüchern zu. Spargelgerichte auf die raffinierte Art oder Trennkost für Anfänger erschienen mir für meine strapazierten Nerven auf jeden Fall eine beruhigendere Wirkung zu haben. Ich war gerade dabei, mich für eine Spargelsuppe mit Blumenkohl zu begeistern, als ich eine Stimme hinter mir vernahm.
»Wußten Sie eigentlich, daß die meisten Männer die Frau ihres Lebens mit einem köstlichen Gericht für sich gewinnen?« Natürlich, Gustav Radebach stand hinter mir und grinste mir über seine schwarze Brille hinweg schelmisch zu. Ich hatte mich daran gewöhnt, daß ich kaum an ein Buch gelangen konnte, ohne einen kleinen Schlagabtausch mit dem Buchhändler zu halten. Nur leider war ich diesmal so gar nicht in der Stimmung, seinen Bemerkungen Paroli zu bieten.
»Nein, das wußte ich nicht«, sagte ich deshalb trocken. »Bislang war ich der Meinung, daß Männer vorwiegend mit einem chicken Auto auf die Balz gehen. Ich kaufe deshalb keine Bücher mehr, nutze statt dessen die Stadtbücherei und spare für einen schnittigen Zweisitzer.«
»Aber Herr Jakobs, bei Ihrem rheinischen Charme dürften diese Vorkehrungen doch gar nicht mehr nötig sein. Wahrscheinlich haben Sie schon sämtliche Sauerländerinnen zu Ihren Füßen liegen.«
»Unwahrscheinlich«, erwiderte ich selbstgefällig. »Klar fliegen die Frauen auf meine Art wie die Fruchtfliegen auf eine angematschte Banane. Aber wenn es dann um die Bindung fürs Leben geht, dann ziehen sie natürlich einen dynamischen Jungunternehmer wie Sie vor. So ist das im Leben. Da bietet man Charme, Intellekt und den Vorsatz, in Zukunft regelmäßig zum Friseur zu gehen. Und was ist? Man wird zweiunddreißig und ist immer noch allein.«
»Du und allein? Daß ich nicht lache!« Radebach und ich fuhren erstaunt herum. Wer mischte sich denn jetzt in unser hochtrabendes Gespräch ein? Schwester Gertrudis auf der Suche nach einem passenden Hochzeitsgeschenk? Falsch. Der Fall lag um einiges schlimmer. Friederike Glöckner streckte sich mir entgegen und hauchte mir wie selbstverständlich einen Kuß auf die Wange. Friederike Glöckner war eine der ersten Bekanntschaften in dieser Stadt gewesen. Sie hatte mich an meinem ersten Abend in einer Kneipe angesprochen und danach in aller Ausführlichkeit ihre Erfolge als Schauspielerin hervorgekehrt. Zu ihren persönlichen Vorzügen zählte Friederike sicherlich auch ihre dralle Figur, die durch einen üppigen Schmollmund klassisch ergänzt wurde, was ihr eine gewisse Ähnlichkeit mit der Schauspielerin Pamela Anderson verlieh. Alexa, die Friederike so schätzte wie eine putzwütige Mutter die Katzenhaufen im heimischen Sandkasten, hätte sie sicher eher in Verbindung mit Miss Piggy gebracht.
»Wir
Weitere Kostenlose Bücher