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Der König muß sterben

Der König muß sterben

Titel: Der König muß sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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Festschmaus beginnen. Er war für die nach strengen Auflagen lebenden und sonst in einem bescheideneren Refektorium wortlos speisenden Mönche ein besonderes Ereignis.
    Wie immer bei solchen Festessen anlässlich eines besonderen Ereignisses herrschte ein strenges und kompliziertes Protokoll. In prächtigen Tafelaufsätzen wurde das allegorische Thema des Abends dargestellt. Heute Nacht war es die letzte Fasanenjagd, die Jesus in der Nacht vor seiner Ergreifung auf dem Ölberg abgehalten hatte. Auch die Ritter von Roquemaure galten als bedeutende Jäger.
    Henri, dem wie alle Tempelritter die Jagd verboten war, sah den Prunk mit gemischten Gefühlen. Er hatte seinen Bart wachsen lassen und trug eine Augenbinde, die eine Verletzung vortäuschte, und hoffte so, unerkannt zu bleiben, wenn Clemens kam. Er wollte in die Nähe des Papstes gelangen, alles Weitere musste sich dann ergeben.
    Henri staunte nicht schlecht, als im Licht der Kerzen und Fackeln, das sich wie ein Funkenregen im geschliffenen Glas der Kronleuchter brach, die ersten der angekündigten einundzwanzig Gänge von der Decke herabschwebten. Eine mechanische Vorrichtung ermöglichte es, dass aus der Küche, die direkt darüber liegen musste, die Speisen bis auf die Tische herabsanken. Als erstes gab es Eierpuddings in Form von Fasanen und französischen Lilien.
    Die Gäste, allen voran die Ritter von Roquemaure, die wie üblich in makellos weißen Gewändern, mit Röhrenfalten und Strumpfhosen gewandet waren, über denen nur einige ihre grünen Wappen trugen, applaudierten. Noch während sie sich ausgehungert über die Köstlichkeit hermachten, zogen Schauspieler auf, die mit lebenden Bildern die Gänge begleiteten. Bei der ersten Hauptspeise, die aus gesottenen Fasanenzungen in Rotwein bestand, stellten sie den heiligen Georg und den heiligen Dionysius dar, die dem Papst den neugeborenen Jesus zuführten.
    Die anwesenden Kirchenfürsten und Postulatsmeister, aber auch die Novizen, Mönche und Ministranten klatschten erneut begeistert in die Hände. Die einfachen Brüder der Dominikaner bekamen nicht oft Gelegenheit zu feiern.
    Henri dachte an die Armut im Land. Hier feierten die geistlichen Fürsten in Saus und Braus, und das gefiel ihm nicht, obwohl die Gerichte herrlich schmeckten. Er wusste zwar, dieses Fasanenfest galt als ganz gewöhnliches Fest des Kirchenjahres, aber er hatte schon davon gehört, wie manche dieser Feste in Völlerei und Sinnentaumel ausgeartet waren. Nicht von ungefähr konnte das lateinische Wort Carne in »Karneval« sowohl mit Essen als auch mit Fleischeslust gleichgesetzt werden – auch das hatte er schon erlebt.
    Und in diesem Augenblick schwor er sich, den Schatz der Templer auch für die Bedürftigen zu verwenden. Wir hier, kam ihm in den Sinn, stillen nicht unseren Hunger, höchstens unsere Gier, aber den richtigen Hunger der Armen zu stillen, auch das ist eine wichtige Tat.
    Musik und in großen Zügen choreographierte Tänze begleiteten in diesem Moment das Mahl. Henri sah hinüber, wo Gottfried inmitten seiner Mönche saß. Er aß und trank nicht. In seinem Gesicht stand würdevolle Ablehnung.
    Henri blickte zur Palasttreppe hinüber. Dort, wo ausgelegte Teppiche und Stoffe und sündhaft teure Wandbehänge in prächtigen Farben einen hohen Gast ankündigten, tat sich noch nichts. Nein, er wusste nicht, was er tun würde, wenn Clemens die Stufen herabgeleitet wurde. Sicher würde der Papst ihn nicht sofort entdecken. Er hoffte, dass Bart und Augenbinde ihn unkenntlich machten. Aber wenn nicht, dann musste er handeln.
    Gottfried versuchte mit stummen Lippenbewegungen, ihm etwas mitzuteilen. Henri verstand nach einer Weile. Der Wettiner sagte: »Wie machen wir es nun?«
    Henri zuckte die Schultern. Er wusste es wirklich nicht.
    Er blickte zum anderen Ende der Tafel, wo unter einem den Himmel symbolisierenden Baldachin aus blauem Brokat mit aufgestickten Sternen der Platz für den Papst freigehalten wurde. Im Geist sah Henri Clemens sitzen, essen und trinken. Dann war er keine dreißig Meter von ihm entfernt. Gottfried sah noch immer ratlos aus, aber er sprach jetzt den Speisen zu, Henri dachte, dass er klug beraten war, denn es nützte niemandem, wenn sie mit knurrendem Magen auf die Ankunft des Papstes warteten.
    An der Treppe wurde es unruhig. Drei Fanfaren von Herolden, die auf einem Balkonvorbau standen, kündigten hohe Gäste an. Über die kostbaren Stoffe näherten sich Männer in blaugoldenen Roben, auf denen

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