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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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Zähre fällt für dich, ohn dich ist leer das Leben …«
    »Mach, dass er aufhört!«, zischelte Adelia.
    Mansur riss ihm gerade noch rechtzeitig die Harfe aus der Hand.
    Adelia schloss die Augen und öffnete sie dann wieder. »Wir wollen nicht, dass Ihr über sie wehklagt, Rhys«, sagte sie. »Wir wollen, dass Ihr sie findet.«
    Um ungestört zu sein, hatten sie ihn in Allies und ihre Schlafkammer geführt, einen großen Raum mit Ulmenholzboden und einem kleinen Fenster, das auf die Straße ging.
    Rhys rieb sich die Stelle am Kopf, wo Mansur ihn gestreift hatte. »Also wie eine Gralssuche?«
    »Genau so.«
    »Und wie soll ich das anstellen?«
    »Haben wir dir doch schon gesagt, Junge«, sagte Gyltha geduldig und wischte ihm Ragout vom Hemd. »Du musst nur auf die hiesigen Märkte gehen und deine Lieder singen, wie ein … wie ein was?«
    »Spielmann«, sagte Adelia.
    »Genau. Hör zu, was die Menschen so reden, lass sie dir was erzählen. Lady Emma und ihre Leute sind irgendwo hier in der Gegend verschwunden. Da steckt was Übles dahinter, meinen wir, so ’ne große Reisegesellschaft muss doch irgendwelche Spuren hinterlassen haben – also steht zu vermuten, dass irgendwer irgendwas weiß.«
    »Ich bin ein Barde, der Beste der Beirdd yr Uchelwyr, kein grölender Straßenmusikant«, sagte Rhys würdevoll. »Habe ich nicht schon in den erhabensten Hallen der Christenheit gesungen?«
    Mansur atmete geräuschvoll aus. »Darf ich ihn umbringen?«
    Aber Adelias Interesse war geweckt. »Ihr seid in Häuser geladen worden?«
    »Ich hab die Ruhmestaten von Helden schon überall besungen, in Dinefwr, in Brycheiniog …«
    »Könntet Ihr auch für Wolvercote Hall eine Einladung bekommen?«
    »Ungastlich, die Lady. Hat gesagt, wir sollten nicht wiederkommen, oder?«
    »Ja, das hat sie. Aber sie hat Euch nicht mit uns zusammen gesehen. Für sie wäret Ihr bloß ein fahrender Spielmann.«
    »Vielleicht würde sie mich dann einlassen.«
    »Ihr müsst es schaffen. Dorthin war Lady Emma nämlich unterwegs. Die Witwe Wolvercote hat gesagt, sie wäre nie angekommen, aber ich glaube, die Frau weiß mehr, als sie sagt, und ihre Diener waren bestimmt beteiligt, an was auch immer.«
    Sie begann, Rhys die Verschwundenen zu beschreiben. Der Barde hörte sich ohne einen Einwurf an, welche Merkmale die Diener, das Kind und Master Roetger hatten, doch als er von Emmas Blondhaar erfuhr, ihrer Jugend und Schönheit und vor allem von der wunderbaren Singstimme, die sie hatte verstummen lassen, wurde er plötzlich von Leidenschaft beseelt.
    »Die Lady ist mir ins Herz gedrungen wie Sonnenlicht durch Glas«, sagte er und breitete weit die Arme aus. »Von heute an bin ich der Kämpe und Beschützer der schönen Emma. Ich werde sie finden, und ich werde die Leichen ihrer Feinde den Raben zum Fraß vorwerfen.«
    »Dann ran an den Speck!«, sagte Gyltha. »Braver Junge.«
    Plötzlich stürzte sie quer durch den Raum, riss die Tür auf und spähte in den schmalen Gang, von dem auch die angrenzenden Kammern abgingen. »Verdammtes neugieriges Weib«, schrie sie hinaus.
    »Hat Hilda gelauscht?«, fragte Adelia erschrocken.
    »Hab sie nich gesehen«, gab Gyltha zu und schloss die Tür wieder. »Keiner mehr da. Aber irgendwer war da, weil die Dielen geknarrt haben. Wer soll’s denn sonst gewesen sein? Die steckt mir ihre Nase zu tief in unsere Angelegenheiten, jawohl.« Gylthas Verhältnis zu der Wirtin des »Pilgrim Inn« hatte sich nicht verbessert.
    »Vielleicht Geister«, sagte Rhys. »In diesem Haus spukt es. Das spür ich.«
    »Unsinn«, sagte Adelia. Sie hasste so ein Gerede.
    Aber es war nicht zu bestreiten, dass es im Gasthaus unerklärliche Geräusche gab: Schritte im Dunkeln, knarzende Wendeltreppen, die niemand hochging, ein Ächzen in einem windstillen Kamin, Wispern aus leeren Räumen. Hätte reges Treiben geherrscht wie in den Tagen vor dem Brand, wäre dergleichen nicht aufgefallen, doch jetzt, wo das »Pilgrim Inn« nur fünf Gäste beherbergte, konnte es hier richtig unheimlich sein, vor allem nachts.
    Die Magd Millie, ein bleiches, zartes Ding, machte die Sache auch nicht besser. Sie war stocktaub zur Welt gekommen und tat ihre Arbeit so lautlos, dass man im Dunkeln über sie stolperte.
    Ihre Augen blickten kummervoll, und eine mitleidige Adelia fragte sich, wie es wohl war, Münder zu sehen, die sich bewegten, ohne hören zu können, was aus ihnen herauskam. Es muss irgendeine Möglichkeit geben, sich mit dem Mädchen zu

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