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Der König Von Korsika

Titel: Der König Von Korsika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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kreischenden weißen Möwenzickzack in Höhe der Rahen, einem entfesselten Mobile unter dem porzellanblauen Mittelmeerhimmel, und dann beim Auslaufen, wenn die Reede und die kleinen Menschen auf ihr zurückbleiben, die Wellen auf der Sonnenseite opalgrün leuchten und mit Paspeln feinster Brüssler Spitze versetzt sind. Je angenehmer das zurückbleibende Leben, je unvermittelter der Aufbruch, je ungewisser die Zukunft, desto tiefer und beängstigend-beglückender der Zauber.
     
    Theodors Mission sollte fast ein Jahr in Anspruch nehmen, er segelte hinauf nach Holland, blieb in Den Haag und Amsterdam, reiste über Land nach Hannover und Hamburg und von dort nach London und Liverpool, kam auf dem Rückweg erneut durch Amsterdam und kehrte über Lissabon ins Mittelmeer zurück.
    In Andeutungen und Anekdoten erzählte er auf allen Stationen seiner Reise, was er im Begriff war zu tun und zu werden. Diese Ausbrüche selbstironisch gezügelter Eitelkeit, die Freude an auf halbem Weg sich betreten den Mund zuhaltender Geschwätzigkeit, waren zu köstlich, ihnen zu widerstehen. Und dann geschahen all diese Indiskretionen ja nicht allein um ihrer selbst willen: Es war für seine Aufgabe notwendig, zu werben und Interesse zu wecken. Die korsischen Realitäten und die ihm anvertrauten korsischen Ersparnisse allein würden niemanden in Europa zu Risiken und Investitionen verleiten. Und daher konnte Theodor auch nicht mit Bescheidenheit und Zurückhaltung vorgehen. Er wollte keine Herzen erweichen, sondern den Sinn für Geschäfte kitzeln und Appetit auf spätere Renditen wecken.

    Es war keine Zeit und gab keine Möglichkeit, die Dinge wachsen zu lassen, so daß zuerst die Tatsachen, mit ihnen die Sicherheiten, daraufhin die Investitionen, in ihrem Gefolge die Resultate und dank der Resultate die Schuldenbegleichung kämen. Statt dessen mußte er Luftschlösser in den Äther zeichnen, beginnend mit den Prachtzimmern, und sie bewohnbar machen, ohne daß jemandem die fehlenden Fundamente auffielen, die erst gebaut werden konnten, wenn der Mietzins regelmäßig einging.
    Das korsische Problem reduzierte er, um es angreifen zu können, auf zwei Facetten. Von den einhundertfünfzigtausend Korsen, die es allenfalls gab, mußte der Herrscher vielleicht hundert auf seine Seite bringen. Die Hälfte davon war ihm, dank Giafferi, Paoli und den anderen, bereits treu ergeben. Aber den Gedanken, auch die übrigen fünfzig von seinen Plänen zu überzeugen, die Korsen zunächst hinter sich zu einen und dann gemeinsam wirtschaftlich und militärisch die Unabhängigkeit zu erringen, hatte er auf der Stelle verworfen. Erst einmal mußte er im Alleingang die Mittel bereitstellen, die der zukünftige Staat benötigte, und erst dann die immer noch Zweifelnden aussortieren. Mit Tatsachen beginnen – die im übrigen die Korsen abhängiger von ihm machen würden, als sie es derzeit noch waren – und dann die Vertrauens- und Einigkeitsfrage lösen.
    Trotz Orticonis Memorandum wußte Theodor wenig genug über die Insel und wollte vorerst auch gar nicht mehr wissen. Korsika war weiße Leinwand, die sich nach seinen Träumen und Vorstellungen füllen würde. Sich zu tief mit der Mentalität der Bevölkerung zu beschäftigen war ganz fehl am Platze: Zuviel wissen heißt zuviel verstehen, und dann existieren irgendwann nur mehr Ausnahmen von den a priori aufgestellten Regeln.
    Theodor verzehnfachte die ihm anvertrauten Wertpapiere der korsischen Freiheitskämpfer, indem er Abschriften von ihnen anfertigen ließ, die er unter diversen italienischen
Bankiersnamen signierte und bei Banken und Wechselhändlern Nordeuropas anlegte. Er verzwanzigfachte die tatsächlichen korsischen Exportgüter und verkaufte sie, exklusiv und per Vorkasse, an englische und holländische Handelshäuser. Er unterschrieb mehr Garantien für Warenkontore, als es korsische Hafenstädte gab. Er ließ Bergbaukonzessionen für die Silbergewinnung zeichnen und trug Ortsnamen ein, von denen er nicht einmal wußte, ob sie nicht am Meer lagen. Von Giafferi hatte er gehört, daß es irgendwo auf der Insel einen Stollen gab, den die Genueser, korsische Arbeiter beschäftigend, ohne nennenswerte Resultate ausbeuteten. Er multiplizierte ihn einfach, rechnete ihn sozusagen statistisch hoch.
    Und dennoch war es nicht Lüge und Hochstapelei, was er trieb, wenigstens nicht in einem höheren Sinne. All das, was er versprach und verkaufte, konnte Wirklichkeit werden und sich tatsächlich binnen

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