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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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eigentlich im Bett, deine Lehrerin?«
    Howard hielt inne. Ihm war, als hätte ihn ein Blitz getroffen. Durch seinen Kopf schossen wirre Gedanken: Sollte er weglaufen oder diesen Kerl totschlagen? Doch dann drehte er sich langsam um, ging ein paar Schritte zurück auf Spink zu und fragte drohend: »Was willst du damit sagen, Spink?«
    »Ach nichts. Die Leute in Swaffham reden nur. Diese Miss Jones ist ja keine schlechte Partie, obendrein ist sie nicht häßlich, kein Wunder, daß ihr viele Männer den Hof machen. Es geht nicht ja nichts an, aber bist du nicht etwas zu jung für sie?«
    Carter war verwirrt. Er glaubte, sein Kopf müßte zerspringen. Niemand kannte ihr Geheimnis. Warum gerade Spink? Um seine Ratlosigkeit zu überspielen, entgegnete Howard: »Ich weiß nicht, wovon du redest. Wir sind uns zufällig hier begegnet.«
    »Daß ich nicht lache! Das sieht doch ein Blinder, was mit euch los ist. In den Ruinen von Castle Acre treffen sich nur Landstreicher oder Liebespaare, jedenfalls Leute, die etwas zu verheimlichen haben. Und ihr habt in der Tat etwas zu verheimlichen, Carter. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es in Einklang mit den Gesetzen dieses Landes steht, wenn eine Lehrerin ihren Schüler verführt.«
    »Aber ich bin nicht mehr ihr Schüler!«
    »Ah!« rief Spink schadenfroh. »Jetzt hast du dich verraten!«
    In die Enge getrieben wie ein gehetztes Tier, ballte Howard die Fäuste und machte Anstalten, auf Spink einzuschlagen, da rief dieser: »Du wirst doch nicht gegen einen Krüppel die Fäuste erheben?« und reckte ihm provozierend seinen Kopf entgegen.
    »Nein«, entgegnete Carter, »das werde ich nicht.« Er drehte sich auf der Stelle um und lief davon. Zwar hörte er noch, daß Spink ihm etwas nachrief, doch er ließ sich nicht aufhalten.
    Howard fühlte sich unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, während er kraftvoll in die Pedale seines Velocipeds trat. Als wäre der Teufel hinter ihm her, nahm er nicht den direkten Weg in Richtung Swaffham, sondern er fuhr auf dem Peddars Way über South Acre, in der Hoffnung, auf diese Weise Spink abzuschütteln. Er war sich bewußt, daß es zur Katastrophe kommen würde, wenn sie sich noch einmal begegneten.
    In der Talmulde von Bartholomew’s Hills, von wo die Straße langsam, aber stetig bergauf geht, wagte Carter es zum ersten Mal, sich umzudrehen. Sein Atem kochte, Schweiß rann über seinen Rücken. Von Spink keine Spur. In seiner verwirrenden Ungewißheit kannte Howard nur den einen Gedanken: fort von hier.
     
     
    In Didlington Hall nahmen die Dinge inzwischen einen unerwarteten Verlauf. Lord Amherst hatte Samuel Carter von den Plänen unterrichtet, seinen Sohn Howard auf Forschungsreise nach Ägypten zu schicken, aber eine Antwort stand bisher noch aus. Weil aber Howard nicht volljährig war, bedurfte es der Einwilligung seines Vaters.
    Percy Newberry hatte zugestimmt, zumal Amherst und der Egypt Exploration Fund ihm ein großzügiges Gehalt versprachen. Auch Howards in Aussicht gestellte Entlohnung, fünfzig Pfund im Jahr, konnte sich sehen lassen und wurde je zur Hälfte von Seiner Lordschaft und dem Exploration Fund übernommen.
    In einem Gespräch mit Newberry hatte Howard Carter seine Entscheidung von der Zustimmung seines Vaters abhängig gemacht. Das war natürlich gelogen, denn in Wirklichkeit hatte Howard längst beschlossen, nicht nach Ägypten zu gehen. Die Vorstellung, sich aus freien Stücken von Sarah Jones zu trennen, war einfach zu schmerzlich.
    Im Gegensatz zu Howard war Newberry voller Begeisterung. Er buchte zwei Schiffspassagen auf der Prince of Wales, die in Southampton Richtung Port Said in See stach, und begann damit, seine Habe in zwei riesigen Überseekoffern zu verstauen.
    Als fünf Tage vor dem Ablegen des Schiffes noch immer keine Antwort in Didlington Hall eingetroffen war, schickte Lord Amherst Carter nach London, um – wie er sagte – seinen Vater von der Richtigkeit seiner Pläne zu überzeugen.
    Zum Schein kam Howard der Aufforderung Seiner Lordschaft nach, doch in seiner Verwirrung und Ratlosigkeit begab er sich nach Swaffham zu Sarah Jones.
    Howard bemerkte sofort, daß etwas vorgefallen sein mußte, ja es schien, als habe ihn Sarah erwartet. Jedenfalls empfing sie ihn mit den Worten: »Gut, daß du kommst, Howard. Wir müssen dringend miteinander reden.«
    »Ja, dringend«, erwiderte Carter, während sie nach oben, in Sarahs Wohnung stiegen. Das Wissen Spinks um ihr Verhältnis und Amhersts Brief an

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