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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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kommt.«
    Der Doktor bestieg seinen Esel und trabte flußwärts nach Hause.
    »Ein merkwürdiger Mensch«, bemerkte Percy Newberry, als sie in den düsteren Raum zurückkehrten.
    Petrie wollte Newberry beipflichten, da bemerkte er, daß Leben in Carters Glieder zurückkehrte. »Sehen Sie nur«, sagte er erstaunt.
    Carter erhob sich, er verzog das Gesicht, und mit trockener Stimme krächzte er: »In mir brennt es wie Feuer. Kann ich ein Glas Wasser haben?«
    Newberry verschwand und kehrte mit einem Glas zurück.
    Carter kippte den Inhalt mit einem Zug hinunter. »Was ist passiert«, fragte er und deutete auf den Verband an seinem linken Bein.
    Petrie machte ein ernstes Gesicht: »Ich glaube, Carter, meine Frau hat Ihnen das Leben gerettet. Sie wurden von einer Kobra gebissen. Hilda hat die Bißwunde ausgesaugt. Der Arzt gab Ihnen ein Gegengift.«
    »Ach«, erwiderte Howard Carter ungläubig. »Ich dachte, ich hätte geträumt. Ich befand mich plötzlich am Hofe Echnatons und Nofretetes, in einem Palast mit tausend Zimmern, umgeben von Teichen, in denen Enten schwammen. Es gab Bassins mit blühenden Lotusblumen. Über allem spannte sich ein tiefblauer Himmel, und die Sonne verbreitete angenehme Wärme. Wie schade, daß ich plötzlich erwachte.«
    Petrie und Newberry warfen sich vielsagende Blicke zu, aber keiner wagte eine Frage zu stellen.
    Inzwischen war Petries Frau mit einem Korb zurückgekehrt und machte sich in der Küche zu schaffen. Während der Archäologe zu seinem Grabungsfeld zurückging, blieb Newberry bei Carter.
    »Mir ist schwindelig«, meinte dieser und ließ sich wieder auf seiner Pritsche nieder. »Es kommt mir vor, als würde alles vor meinen Augen zerfließen.«
    Newberry nickte verständnisvoll. »Howard, ich glaube, du bist heute dem Tod von der Schippe gesprungen. Petries Frau hat sich großartig verhalten. Der Alte und ich waren starr vor Schreck, als sie dir mit dem Küchenmesser ins Bein schnitt und die Wunde aussaugte. Ich weiß nicht, ob wir noch miteinander plaudern könnten, wenn sie das nicht getan hätte.«
    »Ich mag sie trotzdem nicht besonders«, erwiderte Carter, »auch wenn sie mir das Leben gerettet hat.«
    »Niemand mag sie, Howard, jedenfalls habe ich noch niemanden getroffen, der gute Worte für sie fand. Aber das schmälert nicht ihre Leistung. Manche Frauen verbergen unter einer harten Schale einen weichen Kern.«
    »Sie behandelt mich von oben herab, als wäre ich ein kleiner Junge. Außerdem habe ich gehört, wie sie mich bei Petrie anschwärzte, weil ich mich über das Essen beklagt habe. ›Seiner Lordschaft‹, geiferte sie, könne man nichts recht machen. Ich solle erst einmal etwas leisten.«
    »Aber du kennst sie doch«, versuchte Newberry Carter zu beschwichtigen, »sie meint das nicht so.«
    Ohne Newberry anzusehen, sagte Carter: »Percy, du brauchst mich nicht zu trösten. Sei ehrlich, was haben wir bisher schon gefunden? Ein paar Figuren ohne Kopf und sackweise Scherben. Und das in einem halben Jahr. Es würde mich nicht wundern, wenn Amherst uns eines Tages nach England zurückbeorderte und sagte, danke, Jungs, das war’s.«
    »Unsinn!« erwiderte Newberry. »Archäologie besteht zu zehn Prozent aus Wissen und Können, zu neunzig Prozent aus Zufall und Glück. Das weiß auch Amherst.«
    »Aber Amherst hat uns nicht als Archäologen hierher geschickt, sondern als Schatzsucher. Hast du das vergessen?«
    »Natürlich nicht. Aber gerade deshalb muß er Verständnis aufbringen, daß wir nicht schon nach einem halben Jahr den großen Fund gemacht haben.«
    Howard dachte lange nach, schließlich sagte er: »Percy, sei ehrlich, glaubst du, daß wir hier in Amarna den großen Schatz finden werden, auf den Amherst hofft?«
    Die Luft in dem düsteren Raum war so stickig, daß man kaum atmen konnte. Percy Newberry preßte ein Taschentuch vor den Mund und holte Luft. Dann antwortete er: »Meine Hoffnungen schwinden von Woche zu Woche. Anfangs war ich mir sicher, daß, wenn überhaupt noch ein bedeutender Schatz zu finden sei, er hier vergraben sein müsse. Amarna hat eine riesige Ausdehnung und war für kurze Zeit die Hauptstadt des Neuen Reiches. Hinzu kommt, daß seit hundert Jahren überall in Ägypten gegraben wurde, nur hier nicht. Aber obwohl wir die letzten Monate nicht auf der faulen Haut gelegen haben, ist das Ergebnis mehr als dürftig.«
    »Warum, Percy, ich frage dich, warum?«
    Newberry schüttelte den Kopf. »Wenn ich das wüßte, könnten wir uns danach

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