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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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richten. Es mag viele Gründe geben: Amarna wurde von einem Revolutionär gegründet, dessen Herrschaft nur von kurzer Dauer war. Vermutlich wurde die Stadt nach Echnatons Tod geplündert. Die Häuser waren aus Nilschlammziegeln gebaut und zerfielen schnell. Nur der Königspalast war aus Sand- und Kalkstein. Aber den hat sich ja Flinders Petrie für seine Grabungen vorbehalten. Der alte Fuchs weiß ganz genau: Wenn hier überhaupt etwas zu holen ist, dann in den Ruinen des Palastes.«
    »Und uns läßt er im Nilschlamm-Dreck herumwühlen!«
    »So ist es.« Newberry nickte resigniert und reichte Howard ein Glas Wasser. »Du mußt jetzt möglichst viel trinken. Ich werde Mrs. Petrie bitten, dir einen starken Kaffee zu kochen.« Mit diesen Worten verschwand er.
    Während Howard zur Decke starrte, die aus dürren Holzbalken und Schilfrohr bestand, ging ihm durch den Kopf, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn Mrs. Petrie ihre medizinische Kunst nicht zur Anwendung gebracht hätte. Seine anfängliche Euphorie, in einem fernen Land nach Schätzen zu graben, war verflogen. Seit einem halben Jahr lebte er ein elendes Maulwurfsdasein. Dreck, Staub und Hitze waren das tägliche Einerlei. Sein Traum, eine große Entdeckung zu machen, hatte sich nicht erfüllt.
    Carter setzte sich auf und zog unter seiner Pritsche den Koffer hervor, in dem er noch immer alle Kleider aufbewahrte. Obenauf lag ein Päckchen. Sarah Jones hatte es ihm beim Abschied in Swaffham in die Tasche gesteckt. Howard hatte so getan, als bemerkte er Sarahs Heimlichkeit nicht, aber im Zug hatte er sich sofort darüber hergemacht und Sarahs gerahmte Photographie entdeckt.
    Die Photographie war sein kostbarster Besitz, aber keinesfalls dazu geeignet, sich Sarah aus dem Kopf zu schlagen. Manchmal, wenn er sich unbeobachtet fühlte wie jetzt, zog er sie hervor und ließ seinen Erinnerungen freien Lauf. Sicher hatte sie längst diesen Chambers geheiratet. Vielleicht blickte auch sie mit Wehmut auf ihre gemeinsame Zeit zurück.
    Als er Schritte hörte, ließ Carter das Bild in seinem Koffer und diesen unter der Pritsche verschwinden. Newberry brachte Kaffee in einem Kupferkännchen. Er roch angebrannt, wie es sich für ägyptischen Kaffee gehört, und trug eine Schaumkrone.
    »Der wird dich wieder ins Leben zurückbringen«, meinte Newberry, während er das schwarze Gebräu in ein dickes Zahnputzglas kippte.
    Howard schlürfte den Kaffee. Er tat ihm gut.
    Es dämmerte schon, als Mrs. Petrie mit ihrem Küchengong zum Dinner rief. Der Gong bestand aus dem Deckel eines Marmeladeneimers und war mit zwei Schnüren am Türrahmen zur Küche aufgehängt.
    Seit über einer Stunde hatte ein scharfer, nicht unangenehmer Geruch das Grabungshaus durchzogen. Gerüche dieser Art waren eine Seltenheit, denn Mrs. Petries Kochkünste waren gefürchtet zwischen Kairo und Luxor. Nur Flinders lobte ihre Fähigkeiten. Der Gedanke, daß sein Magengeschwür von Hildas Kochkunst verursacht worden sein könnte, war ihm noch nicht gekommen.
    Die Ursache der köstlichen Düfte an diesem Abend lag in einer Art Gulasch begründet, welches Mrs. Petrie in großen Stücken wie Ochsenschwanz und mit einer scharfen, roten Sauce servierte. Howard fand während des Essens, an dem neben Flinders und Hilda Petrie auch Percy Newberry teilnahm, Gelegenheit, sich bei Mrs. Petrie für ihren Einsatz zu bedanken.
    Schließlich brachte Flinders Petrie die Rede auf Carters seltsame Phantasien während seiner Bewußtlosigkeit, und er stellte die Frage, ob ihm davon irgend etwas im Gedächtnis geblieben sei.
    Howard beteuerte, er habe zwar traumartige Bilder in der Erinnerung, doch könne er sich nicht vorstellen, im Traum geredet zu haben.
    Percy Newberry lobte das Essen und fragte Mrs. Petrie, welche Köstlichkeit sie da auf den Tisch gebracht habe.
    »Ich bin sicher, Sie erraten es nicht«, schmunzelte Mrs. Petrie, »ich habe mir die getöteten Schlangen geholt, damit die Biester wenigstens für etwas gut sind. Es ist noch mehr da!«
    Newberry schluckte.
    Carter rannte ins Freie und übergab sich.
    Die nächsten drei Tage verweigerte er jede Nahrung.
     
     
    Während Percy Newberry und Howard Carter als Schatzsucher erfolglos blieben, während ihr Durchhaltevermögen von Tag zu Tag, von Woche zu Woche, von Monat zu Monat abnahm und beide sich ernsthaft mit dem Gedanken trugen, ihre Arbeiten einzustellen, setzte Flinders Petrie aus einzelnen Fundstücken die ägyptische Vergangenheit zusammen.
    Tell el-Amarna

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