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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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und Reichtümern, Mylord, als sei dies das Wichtigste bei unserem Unternehmen! Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, daß es hier um mehr geht als um Gold und Geld, daß hier, in diesem Augenblick, ein Stück Menschheitsgeschichte aufgedeckt wird, ein Mosaikstein unserer eigenen Vergangenheit?«
    »Aber es war mein Geld«, gab Carnarvon heftig zurück, »mit dem Sie dieses Stück Menschheitsgeschichte aufgedeckt haben. Es wäre gut, wenn Sie sich diese Tatsache bisweilen ins Gedächtnis riefen!«
    Plötzlich standen sich beide wieder wie Rivalen gegenüber. Nicht einmal der Anblick der Schätze des Pharaos konnte ihre Feindschaft beschwichtigen.
    »Schluß jetzt!« rief Evelyn energisch. »Habt ihr in diesem Moment nichts Besseres zu tun, als euch gegenseitig zu beleidigen? Keiner von Euch verdient diesen Augenblick. Ich hasse euch beide!«
    Unbeholfen zwängte sich Evelyn durch das Mauerloch und verschwand. Mit dieser Reaktion hatte keiner von beiden gerechnet. Nun waren sie mit ihrem gegenseitigen Haß allein.
    Als ob er den Schatz des Tut-ench-Amun soeben gekauft hätte, ergriff Lord Carnarvon einen der prächtigen Alabasterkrüge und hielt ihn gegen das Scheinwerferlicht, so daß er zu leuchten begann wie der Vollmond am nächtlichen Himmel. Howard verfolgte jede seiner Bewegungen mit Argwohn.
    »Zweitausend Pfund«, meinte der Lord mit abschätzendem Blick, »sollte das gute Stück doch wohl einbringen.«
    Howard sah Carnarvon fassungslos an. Mit einem Ruck riß er ihm das kostbare Gefäß aus der Hand. »Sie sind wahnsinnig, Carnarvon!« rief er in höchster Erregung. »Sie können doch nicht über den Grabschatz des Pharaos frei verfügen!«
    Wie von Sinnen versuchte der Lord, Carter den Krug zu entreißen. »Sie werden mich nicht um meinen Besitz bringen. Was Sie hier sehen, ist alles von mir bezahlt. Oder wollen sie abstreiten, daß ich diese Entdeckung ermöglicht habe?«
    Im Handgemenge entglitt Carnarvon der Alabasterkrug des Pharaos, schlug auf den steinernen Boden und zersprang. Es hätte nicht viel gefehlt, und Carter hätte sich auf Carnarvon gestürzt; aber das plötzliche Erscheinen Callenders, der fragte, ob etwas passiert sei, bewahrte ihn vor dieser Dummheit.
    »Ich muß hier raus!« stammelte Carter und lockerte seinen Kragen. Doch geschah das weniger wegen der stickigen Luft in der engen Grabkammer als wegen der Nähe Carnarvons, die ihm unerträglich wurde.
    Kaum hatte Howard das Tageslicht erblickt, da kam Lord Carnarvon hinterher, gefolgt von Callender, der Seine Lordschaft auf den letzten Stufen von hinten anschob.
    »Das Grab wird bis morgen mit Balken verbarrikadiert!« kommandierte Carter. »Außerdem werden die Wachen verdoppelt. Callender, Sie übernehmen die Aufsicht!«
    »Mr. Carter!« rief Callender entsetzt. »Ich habe seit sechsunddreißig Stunden kaum geschlafen, mir fallen die Augen zu. Ich kann nicht mehr.«
    Howard sah den Rais fragend an: »Ahmed, sind Sie bereit, die Wachen zu beaufsichtigen?«
    Ahmed Gurgar nickte selbstgefällig: »Ja, Carter-Effendi.«
    »Ich kann mich doch auf Sie verlassen?«
    »Ja, Carter-Effendi.«
    Carter, Carnarvon und Evelyn gingen auseinander ohne Gruß und ohne sich eines Blickes zu würdigen.
     
     
    Bei seiner Rückkehr aus dem Tal der Könige entdeckte Lord Carnarvon unter den Droschkenkutschern, Schiebern und dunklen Gestalten, die zu jeder Tageszeit vor dem Hotel »Winter Palace« herumlungerten und wie Wölfe nach Beute Ausschau hielten, Robert Spink. Kurz angebunden schickte Carnarvon seine Tochter auf ihr Zimmer, dann gab er Spink ein Zeichen, ihm mit gebührendem Abstand in den Park des Hotels zu folgen.
    Auf einer Bank unter einer ausladenden Platane, deren fächerförmige Blätter über den Rasen verstreut lagen, ließ sich der Lord nieder und vergrub sein Gesicht in den Händen. Wie viele Jahre hatte er diese Entdeckung herbeigesehnt, und nun, im Augenblick des Triumphes, bereitete sie ihm mehr Kopfzerbrechen als Freude. Es schien, als läge ein Fluch auf dem Grabschatz des Tut-ench-Amun.
    »Nun, Mylord, haben Sie sich meinen Vorschlag noch einmal überlegt?«
    Als er aufblickte, stand Robert Spink vor ihm, wie stets mit einem verschlagenen Grinsen im Gesicht. Und mit so einem Kerl willst du dich abgeben?, dachte der Lord kurz; aber der Gedanke an die Auseinandersetzung mit Carter beseitigte seine Zweifel. Er mußte es tun, wollte er nicht ins Hintertreffen geraten und ohne Gewinn aus dem Unternehmen

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