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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Vorschlag nicht eingehen würden.«
    »Dann bin ich eben töricht!« entgegnete Carter knapp. »Tut mir leid, daß Sie den weiten Weg umsonst gemacht haben!«
    »Howard!« Phyllis rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum. »Du weißt doch noch gar nicht, was Mr. Keedick dir anbietet!«
    »Ein paar Dollar. Na schön, vielleicht ein paar mehr. Was ist das schon?«
    Keedick faltete seine Hände wie zum Gebet, dann neigte er den Kopf, daß sein Kinn auf der Brust zum Stehen kam, und indem er jedes einzelne Wort betonte, sagte er: »Howard, ich biete Ihnen pro Vortrag tausend Pfund, dafür bekommen Sie zwei Automobile. Bei einem sorgfältig ausgearbeiteten Tourneeplan können Sie am Tag drei Vorträge halten, das sind dreitausend Pfund pro Tag. Mehr als Mary Pickford und Gloria Swanson zusammen verdienen. So begreifen Sie doch, Mr. Carter, am Ende der Tournee sind Sie ein reicher Mann!«
    Verdutzt sah Carter den Agenten an, ob er es ernst meinte, ob er sich nicht über ihn lustig machte. Tausend Pfund für einen einzigen Vortrag? Dafür mußte er zwei Jahre arbeiten, und schon dieser Verdienst war nicht schlecht. Howard wurde schwindlig bei dem Gedanken an so viel Geld.
    »Also?« fragte Keedick fordernd. Plötzlich hatte er ein Bündel weißes Papier in der Hand. Vier oder fünf Blätter schob er zu Howard über den Tisch. Dazu einen goldenen Füllfederhalter. »Den können Sie nach der Unterschrift behalten«, bemerkte er lässig. »Damit Sie sehen, daß Lee Keedick nicht so geizig ist, wie immer behauptet wird. Im übrigen versteht es sich von selbst, daß Sie mit Ihrer Frau nur in den besten Hotels absteigen, Waldorf-Astoria, Ritz, Savoy, und natürlich kommt für die Überfahrt kein anderes Schiff in Frage als die ›Berengaria‹.«
    »Howard!« rief Phyllis aufgeregt, als sie sah, daß Carter noch immer zögerte, und sie reichte ihm die goldene Feder.
    Da konnte Howard nicht anders, und er setzte seine Unterschrift unter den Vertrag.
     
     
    Wider Erwarten hatte sich Carnarvons Zustand plötzlich gebessert, und er war in Begleitung seiner Tochter Evelyn und des Arztes Dr. Badawi wohlbehalten in Kairo angekommen. Badawis Empfehlung, sich in eine Klinik zu begeben, lehnte der Lord ab. Das nächste Schiff nach Genua ging in vier Tagen. Diese Zeit wollte der Lord nutzen, um sich im »Continental-Savoy« zu erholen.
    Aber kaum war Dr. Badawi abgereist, da wurde Lord Carnarvon erneut von Fieberanfällen heimgesucht. Wie schon in Luxor, begann er zu phantasieren. Es schien, als habe der Pharao von seinen Gedanken Besitz ergriffen. Während Evelyn am Bett ihres Vaters wachte und kalte Umschläge auf sein Gesicht legte, hielt Carnarvon Zwiesprache mit dem Pharao, und bisweilen wurde sein Tonfall unheimlich, wenn er unter dem feuchten Tuch fremdartige Laute ausstieß und mit der Stimme Tut-ench-Amuns redete. Sein Körper blieb dabei starr und unbeweglich wie eine Mumie, auch sein Gesicht ließ keine Regung erkennen. Nur die Lippen bewegte der Lord unter großer Anspannung.
    Nach der ersten Nacht, die sie mit ihrem Vater allein verbracht hatte, bekam es Evelyn mit der Angst zu tun, und sie schickte ihrer Mutter ein Telegramm nach Highclere: Vater todkrank + stop + komme so schnell du kannst + stop + Evelyn.
    In den wenigen klaren Momenten, die sich bei Carnarvon immer seltener einstellten, lehnte der Lord es ab, eine Klinik aufzusuchen.
    »Wenn ich schon sterben muß«, meinte er gelassen, »dann in einem anständigen Hotel und nicht in einem heruntergekommenen Kairoer Krankenhaus. Das liest sich nicht gut in meinem Nachruf.«
    In der endlosen Nacht versuchte Evelyn, ihrem Vater solch trübe Gedanken auszureden, aber schon während sie sprach, fiel der Lord erneut in ein tiefes Delirium, und er begann mit fremder Stimme zu reden: »Ich bin es, der alle Völker besiegt, der Herrscher über beide Länder, der vollkommen ist an Leben. Wer meine Ruhe stört, den wird Osiris mit glühenden Augen verfolgen, und er wird sein Leben beenden, noch bevor Re seine Strahlenarme ausstreckt.«
    »Papa!« Mit Tränen in den Augen warf sich Evelyn über ihren Vater. »Du machst mir angst!« rief sie leise und hob das feuchte Tuch von seinem Gesicht. Da zerriß ein gellender Schrei die Nacht. Wie versteinert hielt Evelyn inne. Unter dem Tuch, mit dem sie das Gesicht ihres Vaters bedeckt hatte, um sein Fieber zu lindern, lag der ausgedörrte Kopf einer Mumie. Die Haut war gelblich-braun und an manchen Stellen abgeplatzt, daß der Schädelknochen

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