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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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ich habe geheult und getobt und mich dem Suff hingegeben wie ein Dockarbeiter. Schändlich habe ich meine Musik vernachlässigt, die bis dahin meine einzige Geliebte war. Und was hat es gebracht? Nichts! Sie haben einen Jammerlappen aus mir gemacht, jawohl, einen Jammerlappen!«
    »Das war alles andere als meine Absicht. Wie können Sie überhaupt auf den Gedanken kommen, Sie sind doch kein Jammerlappen, Charles. Sie sind ein gutaussehender Mann in den besten Jahren und ein großer Künstler.«
    Da wurde Chambers richtig böse, er sprang auf und ging mit kurzen, heftigen Schritten hin und her wie ein wildes Tier in einem Käfig, und seine Stimme überschlug sich, als er rief: »Jetzt machen Sie sich auch noch lustig über mich! Sarah, das dürfen Sie nicht tun! Glauben Sie, ich sehe nicht, welche Kreatur mir aus dem Spiegel entgegenblickt? Ich kann nicht gerade behaupten, daß Frauen vor meiner Türe Schlange stehen. Und meine Musik ist nichts anderes als eine Flucht in ein bißchen Anerkennung, aber auch die hält sich bei einem Organisten von St. Peter und Paul in Swaffham in Grenzen.«
    Sein Atem ging heftig, als hätte er zehn Stockwerke erklommen. Schließlich hielt Chambers inne und ließ seinen gedrungenen Körper in den Sessel fallen, aus dem er sich kurz zuvor erhoben hatte. Er streckte die Beine gerade von sich und ließ die Arme seitlich über die Lehnen hängen. Schweiß stand auf seiner Stirn, und er starrte verbissen auf die Knopfleiste seiner braunen Schuhe, die bis zu den Waden reichten und im Gegensatz zu seiner abgetragenen Kleidung ziemlich neu waren.
    »Charles!« Sarah versuchte nach seinem Arm zu greifen, um ihn zu beruhigen, doch Chambers zog ihn zurück, als wollte er sagen: Fassen Sie mich nicht an, doch er sagte: »Früher haben Sie sich mir gegenüber anders verhalten!«
    Sarah schüttelte den Kopf. »Wir waren Freunde, nicht mehr und nicht weniger. Ich habe Ihnen nie Hoffnungen gemacht.«
    Chambers blickte auf. Seine Augen waren gerötet. Plötzlich stieß er hervor: »Was hat er, was ich nicht habe – abgesehen davon, daß er gerade fünfzehn Jahre alt ist?«
    »Er wird sechzehn!« entgegnete Sarah heftig. Und weil sie die Dummheit ihres Einwands bemerkte, fügte sie eilends hinzu: »Es ist nun einmal passiert. Liebe trifft einen immer, wenn man sie am allerwenigsten erwartet.«
    »Das hätten Sie nicht tun dürfen!« bemerkte Chambers abwesend. Er schien auf einmal weit weg mit seinen Gedanken.
    »Was hätte ich nicht tun dürfen?« fragte Sarah zurück.
    Chambers lockerte seinen Kragen. »Die Sache mit dem Fünfzehnjährigen.«
    »Er ist erwachsener als mancher Dreißigjähriger!« rief Sarah zornig.
    »Aber die Gesetze verbieten es. So etwas nennt man Unzucht. Unzucht, Miss Jones!« Seine Augen, die gerade noch wie die eines getretenen Hundes geblickt hatten, schienen auf einmal zu triumphieren.
    Sarah richtete sich auf und erwiderte mit strengem Blick: »Chambers, das ist mein ganz privates, kleines Glück, und dieses Glück lasse ich mir nicht nehmen. Niemand weiß davon, und niemand nimmt dabei Schaden. Denn wo kein Kläger ist, da ist kein Richter.«
    »Doch!« ereiferte sich Chambers, »ich weiß davon, und ich nehme dabei Schaden.«
    »Charles!« rief Sarah Jones entsetzt und verließ überstürzt das Zimmer.
    Chambers hörte, wie sie im Nebenraum mit dem Teegeschirr hantierte, und folgte ihr.
    Sarah tat so, als bemerkte sie nicht, daß Charles hinter ihr war. Sie bereitete Tee, und irgendwie ahnte sie, was folgen würde. Deshalb schrie sie auch nicht, als sie spürte, wie Chambers von hinten die Arme um sie legte, sich eng an sie preßte und mit den Händen ihre Brüste umfaßte. Sie fühlte und hörte seine Erregtheit, doch sie wagte nicht, sich aus der Umklammerung zu befreien. Mit gespielter Ruhe sagte sie: »Charles, was soll das!«
    Es schien, als träfen ihre Worte Chambers wie ein Keulenschlag, denn plötzlich ließ er von ihr ab. Sarah wandte sich um. Auge in Auge standen sich beide gegenüber. »Was soll das?« wiederholte Sarah, diesmal eindringlicher als zuvor.
    »Ich will mit dir schlafen!« entgegnete Chambers trotzig und mit blitzenden Augen. Und fordernd fügte er hinzu: »Ich will dich nackt sehen!«
    Er hatte wohl erwartet, daß Sarah bestürzt, eingeschüchtert oder verängstigt reagieren würde, jedenfalls fühlte er sich zum ersten Mal überlegen, und er genoß diesen Triumph wie ein Sieger nach gewonnenem Kampf. Doch der Triumph währte nicht lange; denn

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