Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Holzschränke ins Auge, die sie in regelmäßigen Abständen passierten, allerdings flößten ihr die klapprigen Schränkchen nicht sonderlich viel Vertrauen ein.
Mit einem Mal drangen von weitem Stimmen an ihr Ohr, die durch den Tunnel hallten und sie aus ihren Gedanken rissen.
Vor ihnen tauchte jetzt in der Ferne das Ende des Gangs auf, in Form einer grauen Betonwand. Zoé sah noch keine Tür oder sonstigen Zugang zu einem Raum, aber die Stimmen, die immer lauter wurden, ließen keinen Zweifel zu: Kammer 984 war nicht mehr weit entfernt.
Ihr Herz begann zu rasen, und fast wäre sie losgelaufen. Doch sie besann sich im letzten Augenblick. Sie wollte der Kanzlerin unbedingt mit gebührender Coolness gegenübertreten.
Kurz vor dem Ende des Gangs kam auf der der linken Seite eine weit nach innen geöffnete Doppeltür aus dickem Stahl zum Vorschein.
Böhm ging vor, und dann traten sie ein.
Kapitel 70
Die Bezeichnung Kammer 984 war eine glatte Untertreibung. Zoé verschlug es die Sprache, als sie eintrat. Ein Saal tat sich vor ihr auf, so groß wie ein halbes Fußballfeld und mindestens sieben bis acht Meter hoch.
Ein Tempel unter der Erde – mit Böden, Wänden und Decken aus glattem Sichtbeton. Zahllose Flutlichter an den Decken leuchteten auch die letzte Ecke des geheimen Refugiums taghell aus. Weiter hinten erblickte sie einen Generator. Der Stromausfall dürfte die Betriebsamkeit in Kammer 984 also kaum beeinträchtigt haben.
Am hinteren Ende stand eine Vielzahl großer Kisten aus Holz, in vier parallelen Reihen nebeneinander. Mehrere Soldaten schienen damit beschäftigt zu sein, sie mit grünen Plastikplanen einzuwickeln. Ihre Waffen lagen ordentlich nebeneinander auf dem Boden. Die ersten Kisten waren bereits auf die Lorenbahn verladen worden, die über eine kleine Elektro-Lok und fünf Waggons mit breiten Ladeflächen verfügte.
Zoé zählte kurz eine Kistenreihe durch. Wie sie erwartet hatte, waren es zehn Kisten pro Reihe, insgesamt also genau vierzig.
Sie überlegte. Der quadratische Saal in der St. Petersburger Sommerresidenz der Zaren, Zarskoje Zelo, der das Bernsteinzimmer beherbergt hatte, maß ungefähr zehn mal zehn Meter und erreichte eine Höhe von etwa sechs Metern. Sie drehte ihren Kopf nach allen Seiten und atmete stoßweise aus, als ihr mit einem Mal gewahr wurde, wofür diese unterirdische Anlage einmal gedient hatte. In der gigantischen Höhle war mehr als genug Platz, um hier das Bernsteinzimmer zu errichten. Vor ihrem geistigen Auge blühte der längst vergangene goldene Glanz des Prunksaals neu auf. Sie rieb sich über die Wangen, und ein Kribbeln lief ihr über den Rücken. Thalberg und Falkenhayn hatten das Wunderwerk aus Zarskoje Zelo hier tatsächlich wiederauferstehen lassen.
Andächtig durchschritt sie die unterirdische Räumlichkeit und folgte in einigem Abstand den beiden Männern. Böhm und Benjamin steuerten auf eine Gruppe von Soldaten zu, die einen Kreis um jemanden bildeten und sich unterhielten.
Als sie sich den Männern auf ein paar Meter genähert hatten, bemerkte sie einer der Uniformierten. Das Gespräch verstummte, und der Kreis der Soldaten öffnete sich plötzlich. In der Mitte stand unverkennbar die Bundeskanzlerin. Ihre knallrote Kostümjacke leuchtete inmitten der olivfarbenen Uniformen wie eine Rettungsweste.
Das Lächeln auf ihren Lippen erstarb in dem Moment, in dem sie Zoé und Parker erblickte.
„Frau Velázquez, Herr Parker, Sie haben hier nichts zu suchen! Alles, was Sie hier sehen, unterliegt der strikten Geheimhaltung. Zudem sind Sie unbefugt in militärisches Sperrgebiet eingedrungen.“
Benjamin lächelte und grüßte nickend die Kanzlerin und die anwesenden Soldaten. „Also, eingedrungen sind wir hier wahrhaftig nicht, eher könnte man sagen, dass Ihre Leute uns gekidnappt haben, als wir nichtsahnend durch den Wald spazierten.“
„Hören Sie doch mit Ihrer juristischen Haarspalterei auf, Parker!“ Die Regierungschefin wandte sich an Böhm und fixierte ihn mit einem durchdringenden Blick. „Wer hat Ihnen die Erlaubnis erteilt, die beiden hierherzubringen?“
Böhm öffnete den Mund, atmete aus und schloss ihn dann wieder. „Ich dachte …“, sagte er schließlich.
„Was dachten Sie?“ Die rechte Augenbraue der Kanzlerin hatte sich in schwindelerregende Höhen erhoben.
„Sie haben mir doch selbst gesagt, welche Sorgen Sie sich um die beiden gemacht haben“, stieß er hervor.
„Und?“
„Da dachte ich …“ Böhm biss die
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