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Der Koffer

Der Koffer

Titel: Der Koffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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Vollbart, große lila Hände. Er hat ein Sofa geschultert, als sei es ein Spielzeug.
    »Ja, bitte, kommen Sie herein«, ruft Rhett und saugt den scharfen aromatischen Geruch von Proletarierschweiß ein. Das könnte eine neue Fantasie werden: Rhett als Möbelpacker. Rhett mit Latzhose, Vollbart, großen lila Händen.
    Der Grizzly stiefelt an ihm vorbei. »Wohin?«, ruft er.
    »Genau dort«, sagt Rhett. Sein Gang gerät zum Trippeln im Schatten des Grizzlys. Der wuchtet das Sofa vor den Fernseher.
    »Schreibtisch noch. Und ein Bett«, sagt er.
    Das Schlafnummer-Bett! Rhett hatte es am Upper Broadway gekauft. Eigentlich hatte er den Laden wegen des Anti-Albtraum-Kissens im Schaufenster betreten.
    Eine Frau war auf ihn zugekommen. Ihre Gestalt hatte Sonnies geähnelt. Das hatte Rhett für die Frau eingenommen, auch wenn sie schärfere Züge hatte, strohigere, kürzere Haare und einen weniger grandiosen Arsch. Ihr Lächeln schien eingeübt, aber sie gab sich Mühe.
    »Haben Sie Erfahrung mit dem Schlafnummer-Bett?«, hatte die Frau gefragt und auf eine endlose Matratzenwiese gezeigt, die sich hinter ihr auftat.
    »Ich hab mal nachts einen Werbespot gesehen, mit dieser Schauspielerin …«
    »… Lindsay Wagner …«
    »Genau.«
    »Haben Sie Schlafprobleme? Schnarchen, Rückenschmerzen, Albträume …?«
    »Alles«, hatte Rhett gesagt und sein halbseitiges Verführerlächeln aufgelegt, »alles und mehr.«
    JOIN THE SLEEP NUMBER REVOLUTION hatte in großen Lettern an der Wand gestanden. Und Rhett fand sich von hoher Bereitschaft erfüllt, Teil der Schlafnummer-Revolution zu werden. Ein Revolutionär. Ein Schlafnummer-Revolutionär.
    »Mit diesem Bett erreichen Sie einen perfekten Nachtschlaf«, hatte die Frau gesagt mit Verheißung in der Stimme, als wolle sie persönlich Pate stehen bei Rhetts Schlafnummer-Revolution.
    »Haben Sie eine Partnerin?«
    Er hatte fest geschwiegen. Aber er war drauf und dran gewesen zu sagen: »Nein« oder »Keine feste« oder »Ja,aber sie versteht mich nicht« oder »Ja, aber sie hat mich betrogen« oder »Ja, aber wir leben getrennt«.
    War Sonnie seine Partnerin? Freundin? Lebensgefährtin? Geliebte? Und welche Verpflichtung ergab sich daraus? Und was ging das die Verkäuferin an?
    Die hatte einfach weitergesprochen.
    »Beim Schlafnummer-Bett kann auf jeder Seite der Matratze die persönliche Schlafnummer eingestellt werden. Wollen wir Ihre Schlafnummer herausfinden?«
    Rhett hatte nur stumm nicken können.
    Sie war vorangegangen, klassischer Birnenarsch, Birne Helene, und hatte ihn zu einem King-Size-Bett geführt. Groß. Weiß. Weich. Himmelfahrt.
    »Welches ist Ihre Hälfte?«
    »Links.«
    »Machen Sie es sich bequem.«
    Rhett hatte gestockt. Was sollte das heißen? Was meinte sie? Sollte er sich auf das Bett setzen? Auf das Bett legen? Schuhe aus? Oder würde er sich lächerlich machen, zöge er die Schuhe aus? Und was, wenn seine Füße röchen? Was, wenn er stänke?
    »Hier?«
    »Ja, hier.«
    Rhett hatte sich vorsichtshalber hingelegt, ohne die Schuhe auszuziehen. Birne Helene jedoch hatte die Riemchen ihrer Pumps abgestreift, war barfuß kniend auf das Bett gekrochen, hatte sich über ihn gebeugt, ihn mit ihrer Körperwärme touchiert und ihm eine Fernbedienung in die Hand gedrückt.
    »Haben Sie es gern hart?«, hatte sie gefragt.
    Das war zu viel für Rhett.
    »Ich denke, Sie sind eine Siebzig«, hatte sie gesagt.
    Rhett hatte einen Windhauch gespürt, als Birne Helene neben ihm auf die Matratze sank. Sie hatte flach gelegen. Auf dem Rücken. Neben ihm. Gesicht zu Decke. Es hatte gesurrt.
    »Ich bin eine Dreißig«, hatte sie leise gesagt. »Sie müssen auf den roten Pfeil drücken.«
    Rhett hatte auf den roten Pfeil seiner Fernbedienung gedrückt, und die Matratze unter ihm hatte sich verhärtet. Auf der Anzeige sah er die Zahlen steigen: 40, 50, 60, 70, 80, 90, 100. Er lag jetzt auf Beton.
    »Nicht doch, nicht hundert«, sagte Birne Helene, lehnte sich zu ihm herüber, beugte sich über ihn, sodass ihr Haar sein Gesicht berührte, und nahm ihm die Fernbedienung aus der Hand. Es hatte wieder gesurrt.
    »So gut?«, fragte sie. »Oder so? Sagen Sie einfach, wenn es gut ist.«
    »Gut«, sagte Rhett. Körperhitze. Ein Parfümhauch. Helene hatte nicht gestunken. Sie hatte sehr gut gerochen. Außergewöhnlich gut.
    »Sag ich doch, siebzig«, hatte sie triumphierend gerufen. »Ihre Schlafnummer ist siebzig. Bill McLaughlin hat fünfundfünfzig. Courtney Cox hat fünfunddreißig.
    Rhett

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