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Der Koffer

Der Koffer

Titel: Der Koffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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im Hagel. Eine Kiste im Hagel des Lebens.
    B. Brown. B. D. Brown. Bob Brown. Bonnie Brown. Bud Brown. 25th Avenue, Bud Brown, Wellington Street, Bud Brown, Kennedy Road. Rhett fragt sich, was das für ein Geräusch machen würde, wenn Sonnies Arsch auf der heißen Herdplatte auftrifft. Alles futsch. Ihr heller Kopf und ihr schöner Arsch. Rhett möchte weinen, als sei Sonnie tot.
    Big boys don’t cry.
    »Ja, Bud, hier ist Rhett … Rhett-ist-nett, haha, ja. Was machst du heute? … Die Knicks spielen? Im »Sports Pub«? Wunderbar. Nein, kenn ich nicht. Rockaway Junction, okay, wie heißt die Kneipe? Einfach »Sports Pub«? Es gibt nur einen in der Nachbarschaft? Okay, klar, ich gehe dem Lärm nach, ja, ich komme, bis gleich.«
    Rhett hängt auf. Sein Blick fällt auf ein Werbeplakat für ein Anti-Raucher-Pflaster, das an der Telefonzelle klebt.
    Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens . Halb darüber klebt ein Aufruf für eine Anti-Bush-Demonstration. Halb darunter steht: Du erinnerst dich an den Namen deines Grundschullehrers. Wer erinnert sich an deinen?
    Dem Lärm nachgehen. »Sports Pub«. Die Knicks spielen. Rhett weiß nicht mal, ob das ein Basketballklub ist oder ein Baseballklub. Es ist egal. Hauptsache männerbündlerisch. Er läuft zur nächsten Straßenkreuzung, Houston und Broadway. Die Straße ist gelb von Taxis. Ein Rudel von Taxis fährt hupend vorbei. Rhett zählt einundvierzig Taxis und nur einen privaten Pkw. Er hebt lässig die Hand. Er ist ein Steppenwolf, ein Sportsfreund, der mit seinem Kumpel ein Spiel der Knicks sehen wird. Er wird viel lachen, grölen, auf den Fingern pfeifen. Er wird jede Menge frauenfeindliche Witze erzählen. Bremsen quietschen. Das Taxi hält. Rhett steigt ein. Er fährt in den Rest seines Lebens.

ZEHNTES KAPITEL
    »Okay«, sagt Chola. »Okay.«
    Dabei fuchtelt sie herum wie ein Reiseführer ohne Gruppe.
    »Was machen wir jetzt?«
    Sonnie steht reglos an der Tür.
    Pushit ist nach wie vor mit dem Handspiegel befasst.
    »Haste eigentlich inzwischen den Koffermann gefunden?«
    Sonnie schüttelt den Kopf.
    »Kannste nich mal pendeln?«, fragt Chola Pushit. »Mit ’m Spiegel?«
    »Müsste gehen«, sagt Pushit und nestelt in seinem Gewand. Er fördert eine eiserne Kette mit einem zapfenförmigen Anhänger zutage.
    Sonnie steht da wie ein Geist, das Telefon in der Hand. Auf dem Display steht noch RHETTS SOHN. Sonnies Augen folgen mechanisch der Bewegung von Pushits Handgriffen.
    »Er findet raus, ob der Koffermann noch lebt«, sagt Chola.
    Pushit hat den Handspiegel auf die Sitzfläche eines Stuhls gelegt und lässt die Kette darüber schwingen.
    Der Koffer, denkt Sonnie. Mein Koffer. Ich muss meinen Koffer wieder finden. Das Märchenbuch. Mein Kind soll es haben.
    »Wenn das Pendel in der Mitte stehen bleibt, ist er seit mehr als 72 Stunden tot.«
    Pushit pendelt.
    Das Pendel bleibt nicht stehen.
    Pushit hält inne, nickt und packt die Kette mit dem Zapfen wieder in sein Gewand. Chola nimmt ihn beiseite. Sie tuscheln. Er trollt sich.
    »Was macht er?«, fragt Sonnie.
    »Geht spielen. Komm, Mädel. Zieh ’n Mantel an.«
    Der »Sports Pub« leuchtet von weitem in Rot und Blau. Heineken-Werbung im Fenster. Stella-Artois-Werbung im Fenster. Brooklyn-Lager-Werbung im Fenster. Ein Ort, wo junge Männer für Kriege rekrutiert werden, denkt Rhett.
    Bud hat auch Kinder. Hat er nicht von Kindern gesprochen?
    Für eine Sekunde wünscht Rhett, er wäre ein Vater, ein guter, ein liebender Vater, ein Vater zweier gesunder Söhne. Mit denen würde er in den »Sports Pub« gehen, um für die Knicks zu brüllen.
    Er steigt aus dem Taxi. Er registriert, dass seine Hände feucht sind. Er räuspert sich. Er bewegt sich auf die Kneipe zu.
    Als er das Nebenhaus passiert, sieht er ein Pappschild an der Tür: »Anonyme Alkoholiker – offene Treffen – dienstags 19 Uhr«.
    Die Kneipe ist voll gestopft mit Männern, die kurze drahtige Haarschnitte haben, dicke Hälse und raue Stimmen. Sie tragen T-Shirts, Muskelshirts, hochgekrempelte Button-down-Hemden. Sie halten große Gläser in denHänden. Sie diskutieren. Auf den Bildschirmen über ihren Köpfen ist Werbepause. Es riecht nach Bier vom Fass.
    Bud winkt.
    »Was trinkst du, Alter?«, fragt er.
    »Eine Pepsi«, sagt Rhett.
    »Komm, sei keine Sissi. Was für ’n Bier?«, fragt Bud.
    Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind – und unser Leben nicht mehr meistern konnten.
    »Brooklyn Lager«, sagt Rhett. »Und einen

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