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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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gezeigt würde.
    „Großartig, mein Junge“, lachte er über sein ganzes Gesicht.
    Bei so viel guter Laune konnte auch Schütz nicht an sich halten und brachte einen Witz vor, den er von Theo einst in der Urquellklause gehört hatte.
    „ Siegfried kennst du die drei unabänderlichen Wahrheiten? Nein? Also:
    Die erste ist: Alle Männer sind hübsch,
    die zweite ist: Alle Männer sind intelligenter als Frauen,
    die dritte. Alle Rechenschaftsberichte der PCD sind richtig.“
    Der alte Mann bekam einen Lachanfall, der ihn fast das Leben gekostet hätte. Schütz war froh, als sich der Onkel wieder beruhigt hatte.
    „So jetzt machen wir erst einmal die Probe aufs Exempel. Wir fahren in die Stadt und nehmen ein Schnäpschen zu uns. Es ist ohnehin so kalt.“
    Jürgen ergriff die Gelegenheit beim Schopfe. „Weißt du, Onkel Siegfried, ich möchte dir einen kleinen Dienst erweisen. Gewissermaßen als herzliches Dankeschön. In deinem schönen Häuschen ist es nicht so warm, wie es sein sollte. Ich möchte dir einen ‚Wasserstoffofen‘ kaufen. Der Verbrauch ist gering und preisgünstig. Ich kann dir zeigen, wie das Ding funktioniert.“
    „Als wenn ich nicht wüsste, wie die gehen“, spielte Siegfried den Erbosten. Er war insgeheim froh, ein solch teures Gerät geschenkt zu bekommen. „Weißt du, Jürgen, ich habe einem Nachbar schon voriges Jahr gezeigt, wie die Dinger arbeiten.“
    Sie fuhren mit Siegfrieds Auto in das fünf Kilometer entfernte Neuruppin mit all den herrlichen Bauwerken und Schütz atmete den Duft der Freiheit. Onkel Siegfried ließ es sich nicht nehmen, seinem Neffen das Denkmal des Dichters Fontane zu zeigen. An dem unendlich lang gezogenen See erstaunte ihn die prachtvolle Schönheit einer nahezu unberührten Natur. „Mein Gott, ich würde einen Knast niemals aushalten“, murmelte er. Sie spazierten nahe am Wasser entlang über einen vom Schnee geräumten Weg, schauten auf das gegenüberliegende Seeufer, und Schütz wünschte sich, hierhin sein Häuschen zu setzen. Dann mischten sie sich in einer Gaststätte unter das Volk und tranken ihren Schnaps. Die Kneipe war muffig und eng. Dafür aber strahlte sie eine behagliche Wärme aus. Mit Genugtuung erkannten beide, dass an dem Schützling nichts Besonderes auffiel, bis auf die Tatsache, dass ihn die Frauen mit Wohlwollen taxierten.
    „Ich denke, du gehst so durch mit deinem neuen Outfit.“
    Der Alte benutzte tatsächlich dieses Wort und lächelte über die Überraschung seines Neffen. Sie vergaßen nicht, in einem Spezialgeschäft den Wasserstoffbrenner zu kaufen. Heimlich steckte Schütz dem Inhaber fünfhundert Mark zusätzlich zu und flüsterte: „Für Brennstoff. Betrügen sie den alten Knaben nicht, der wird sie noch überleben.“
    „Davon bin ich überzeugt“, meinte der Handwerker lachend.
    In seinem Heim wieder angekommen bauten sie schnell den Ofen auf und Siegfried zeigte dem jungen Burschen, wie er sich ausdrückte, wie das Ding funktionierte. „Tatsächlich, du weißt es besser als ich“, freute sich Jürgen. Sie schlossen über ein Ventil die Flasche an, und schon in wenigen Minuten war es wohlig warm. Siegfried strahlte, dann sagte er lächelnd, und eine Träne lief langsam über seine Wange:
    „Die Stunde des Abschieds ist gekommen. Ich werde dich noch heute Abend bis nach Berlin fahren, wie vereinbart. Dann auf nach Mailand. Ich weiß, wir werden alle lange Zeit nichts von dir hören. Dann wirst du hoffentlich bald mit eine m Stoff zurückkommen, der unsere Republik verändern wird.“
    Er hatte sich neu eingekleidet. Mit einem kleinen Koffer und dem in kleine Scheine gewechselten Geld machte er sich auf den Weg. Sie stiegen bei Dunkelheit in den alten Wagen und Onkel Siegfried fuhr den Kämpfer zum Lehrter Bahnhof .
    „Noch eins, mein Junge“, sagte Siegfried zum Abschied. „Wenn du fort bist, werde ich Kontakt zu Dr. Stahl aufnehmen.“
    „Gut, so, Onkel Siegfried. Und gute Heimfahrt, komm' gut nach Hause. Ich lass von mir hören.“
    Die Türen schlossen sich. Der Onkel schaute dem abfahrenden Intereurozug nach. „Tapferer Bursche“, murmelte er. Als er an die Freundin Corinna dachte, traten ihm die Tränen in die Augen. Hoffentlich erlebst du nicht eine der größten Enttäuschungen in deinem Leben. Mit diesen Worten wendete er sich ab und fuhr in sein kleines Heim.
    Die Abwicklung mit seinem Onkel hatte erstaunlich gut und schnell geklappt. Unruhig wurde er bei dem Gedanken an Corinna.

43 Die Falle schnappt

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