Der Kofferträger (German Edition)
ruderte auf dem Bauch liegend mit den kleinen Holzbrettern vom sinkenden Boot weg.
„Beeile dich“, rief Corinna, „beeile dich. Das Schiff sinkt.“
Er steckte wie der Teufel die Bretter in das Wasser und zog seine Arme kräftig zurück um das Boot vorwärts zu bringen. Es gelang nur mühselig. Dann schauten sie sich um. Majestätisch sah es aus, wie sich die prächtige Yacht auf die Seite legte. Sie hob sich dann wieder leicht an und soff zuerst mit dem Heck und schließlich mit dem Bug ab. Aus dem Vorschiff blubberte die restliche Luft heraus. Das Rigg war nicht aufgebaut. Der Mast lag längs über dem Schiff und alle Leinen und Fallen waren verstaut. Ein Strudel blieb einige Augenblicke zurück, bis sich die See wieder beruhigt hatte. Corinna umarmte ihn wortlos und sie verharrten einen Augenblick schweigend; jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Das Wasser zwang sie an die Arbeit. Ihre erduldete Kälte und Nässe ließen sie spüren, dass sie in dem Rettungsboot im Wasser saßen.
„Verdammt “, rief Jürgen, „das Schiff ist undicht. Sie haben ein Leck rein gehauen. Ein Loch.“
„Nein Jürgen bitte nicht. Was können wir tun?“
Er war bereits dabei seine Jacke auszuziehen und gab sie Corinna. „Halte sie gut fest.“ Als er sein Hemd ausgezogen hatte, zerriss er es in mehrere Teile, mit denen er notdürftig das etwa zwei Mal drei Zentimeter große Loch zustopfte. „Das Boot ist aus Holz. Solange kein Druck durch Gewicht darauf war schwamm es auf der Wasseroberfläche. Erst mit unserem Einstieg wurde es schwerer und läuft jetzt voll“, rief er hektisch. „Wir müssen das Wasser ausschöpfen.“
Nachdem er seine Jacke wieder angezogen hatte, machte er sich an seine Arbeit. Er legte sich auf den Bauch und ruderte mit den kleinen Küchenbrettern. Corinna begann mit den Händen ihren Teil der Arbeit. Immer tiefer drang die Kälte in die Finger, bis sie glaubte, ihre Knochen wären nur noch Eis.
Schweigend paddelten die beiden Schiffbrüchigen durch die tiefschwarze und eiskalte Nacht. Nur die wenigen Lichter an Land dienten der Orientierung. Schütz schaute sich um. Er sah, wie Corinna fror und zitterte. Er hielt einen Moment inne und setzte sich auf. Dann zog er seine Jacke aus. Sie schaute nur sprachlos zu. „Nimm die Jacke, mir ist es vom paddeln warm, zieh die Jacke an.“
Widerspruchslos ließ sie sich von ihm die warme Jacke anlegen, dann setzte sie ihre Schöpfarbeit fort. Auch durch das verstopfte Loch drang noch immer Wasser in das Boot.
Über seinen nackten Rücken zog ein eisiger Wind. Die kleine Unterbrechung hatte sie beinahe an die alte Position zurückgetrieben, schätzte er. Es hieß für ihn, noch kräftiger zu rudern. Schließlich hatte er gesehen, wie das Wasser trotz des zugestopften Loches weiter in das Boot drückte.
„Jürgen“ hörte er plötzlich hinter sich einen kleinen Aufschrei. Corinna schaute ihn wie erstarrt an. „Der Pfropfen ist weg.“
Verdammt, das Ding war tatsächlich weg, und erneut sprudelte das kalte Wasser um ihre Beine. Er hatte eine Art Wanderschuhe an. Mit denen ließ sich nichts zustopfen oder einfach zuhalten. Corinna presste die Hand auf das Leck. Er riss sie wieder dort weg und schaute sie an. Ihr Handballen nahm schon eine hellere Farbe an. Nicht lange, und er wäre erfroren. Rasch zog er seine Schuhe aus und formte aus den Socken einen neuen Pfropfen. Mit Sicherheit würde auch der nicht bis zum Ufer halten. Corinna schöpfte unermüdlich. Sie unterdrückte den Schmerz in den eiskalten Fingern, formte ihre Handflächen immer wieder aufs Neue zu einer Schöpfkelle. Die tauchte sie in den Tümpel, der ihr jedes Mal die Finger vor Schmerzen zerriss, warf das Wasser über den Bootsrand und griff wider in die eisige Kälte. Derweil glaubte Jürgen, diese Kälte auf seinem Rücken nicht mehr zu spüren. Aber sein Körper reagierte darauf. Ein Krampf ließ die Muskeln im linken Arm erstarren, und ohne dass er sich dessen bewusst wurde, war ihm schon das Küchenbrett aus der Hand geglitten. In dem tiefschwarzen Wasser sah er es nicht mehr. Er wandte sich zu Corinna um. Sie sah sofort, was los war. Tränen rannen über ihr Gesicht. Er nahm sie für einen Augenblick in den Arm und tröstete sie. „Dann rudere ich eben mit einem“, dabei lächelte er sogar. “Schau die Küste ist schon ein ganzes Stück nähergekommen.“
Ein aufblitzender Gedanke ließ ihn an seine Schuhe denken. Er reichte sie ihr.
„Nimm die Schuhe, das müsste
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