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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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verschwinden.“
    „Bin ich auch, wie abgemacht.“
    „Gut so.“
    Sie tranken ein Bier zusammen. Das Haus, in dem der ‚Hirsch’ seinen Unterschlupf gefunden hatte, war über vierhundert Jahre alt. Niedrige Decken, schwere Balken und ein unebener Holzboden vermittelten Urgemütlichkeit und eine vertrauenerweckende Freundlichkeit. Vor der Tür lauerte eine frostige Kälte, die mit jedem gehenden und kommenden Gast einen schnellen Sprung nach innen wagte. Die Leute direkt neben der Tür am Tresen fröstelten. Jürgen freute sich über jedes bisschen Luft, das bis zu ihm drang und ihn freier atmen ließ.
    „Erzähl mir, was geschehen ist“, sagte er nach einem solchen befreienden Atem zug in seine Lungen.
    „Es ist alles normal verlaufen, wie besprochen.“
    „Normal, wie besprochen“?
    „Na, ja, eine Zeit lang zumindest. Ich bin eingestiegen“, seine Stimme senkte sich. Das Gemurmel in der Kneipe am Freitagabend übertönte jedes Gespräch. Nur ab und zu grüßte Henrik einen Neuankömmling in dem Lokal. Ansonsten blieben sie ungestört.
    „Die Alarmanlage schrillte. Ich sprang in die Lagerhalle. Die chemischen Formeln surrten in meinem Kopf herum. Aber, sie wurden behütet wie ein Augapfel. Da würde ich niemals herankommen. Das brauchte ich erst gar nicht zu versuchen. Aber dann, wo es unwichtiger war, an der Stelle, an der man sich für andere Themen interessierte, gab es Informationen, mit denen man leichtfertiger umging.“
    „Verstehe ich nicht“, meinte Schütz.
    Henrik machte es spannend. Der Rauch der Kneipe drückte seine Augen zusammen.
    „Das verstehe ich nicht ganz.“
    „Ein Beispiel. Die Geheimnisse, um die es wirklich geht, werden dort besonders gehütet, wo das Produkt auftaucht. Z. B. im chemischen Labor, in der Anlieferung, wo du die Flaschen gesehen hast, im Lager, dort, wo sie beigemischt werden, in der Entsorgung von Restbeständen. An anderer Stelle geht es um andere Geheimnisse. Z. B. um die Umsatzzahlen, um Investitionen, um den Gewinn, um die Rückführung von Gewinnen. In dieser letzten Abteilung hat man das Augenmerk mehr auf die Buchhaltung und Bilanz. Jemand, der die Kosten fälschen will, hat sein Augenmerk darauf, nicht auf andere Dinge, die ihm nicht wesentlich erscheinen. Dabei wird das wesentliche Geheimnis vergessen. Vergessen aber nur im Sinne von nicht an die ‚besondere Geheimhaltung‘ denkend. Ich war davon überzeugt, an einem dieser anderen Orte an das Geheimnis heranzukommen. Also schlich ich mich an diesen anderen Ort.“
    „Zumindest dieser Gedankengang ist genial“, sagte Schütz. Seinem fragenden Gesicht war anzumerken, dass er bis dahin nichts verstanden hatte.
    Henrik lehnte sich zurück . Schütz folgte ihm mit seinem Oberkörper über den Tisch. Henrik, der noch vor kurzer Zeit erbost und enttäuscht über die Abhängigkeit seiner Tochter war, wirkte überzeugend und selbstbewusst, als hätte er einem Betrüger den Garaus gemacht.
    „Du machst es ganz schön spannend, Henrik“, flüsterte Jürgen. „Wohin hast du dich gewandt?“
    „Ich habe mich an die Bibliothek im eigenen Haus gewandt. Sie ist für alle geöffnet. In dieser Bibliothek gibt es eine Sparte, die heißt: ‚Eigene veröffentlichte Forschungsberichte‘. Dort suchte ich nach zwei Begriffen. Der eine ist ‚Flavourn‘, der andere ist Siba lIn. Immer wieder schwirrte mir der Namen ‚Siba lIn‘ im Kopf herum. Zunächst war ich enttäuscht, als ich nichts fand. Bis ich mir sagte, der Fehler könne nur bei mir liegen, und ich suchte weiter. In der Bibliothek gibt es in einem Rechner eine spezielle Suchmaschine. Die hat es in sich. Ein tolles Ding. Dort habe ich geforscht. Die eigenen Leute tragen zu den Informationen bei. Die Suchmaschine wiederum arbeitet mit einem speziellen Programm, BRAVO. Es verknüpft eingegebene Begriffe. So ähnlich, wie ein Brainstorming funktioniert. Wie sich das einmal gegen die Erfinder und vor allem gegen die Firma selbst richten könnte, hatte natürlich niemand bedacht.“
    „Oh Gott, Henrik, sag mir, was du gefunden hast. Du brauchst mir nicht die ganze Firma zu erklären. Was bedeutet BRAVO?“
    „BRAVO ist nichts anderes als eine von diesen fürchterlichen Abkürzungen. Es bedeutet ‚ B ibliothek Der R ichtigen A nwendung V on O bjekten ‘“.
    „Wie hat dir BRAVO geholfen?“
    „Hör zu“, der Pole grinste stolz. „Es ist ganz einfach. Es ist ein intelligentes Programm. Du suchst nicht nach einzelnen Bausteinen. Das Programm verknüpft

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