Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller
Juli 1982 stammte. DeClercqs Blick wanderte zwischen dem Ausschnitt und dem Polaroidfoto hin und her.
Das Bild zeigte einen weiteren Kopf mit verdrehten Augen. Helen Grabowski hatte schwarzes Haar und ein schmales Gesicht, der Mund hing schlaff herunter. Selbst auf dem Foto sah sie aus wie ein Junkie. Das Rauschgift hatte ihre Haut zerstört und faltig gemacht. Blut rann aus beiden Mundwinkeln. Und wieder beschränkte sich das Bild auf den Kopf und den oberen Teil eines Pfahls, kein Boden, kein Hintergrund, nur dieselbe weiße Fläche.
Wieder eine Pose, dachte DeClercq.
Da noch keine Verwesungsspuren festzustellen waren und das Blut frisch aussah, folgerte er, dass beide Fotos unmittelbar nach den Morden aufgenommen worden waren. Vermutlich hatte man die Leichen kurz nach der Tat abgelegt. Offenbar hatte der Killer sich die Bilder aufgehoben, um sich daran aufzugeilen und später die Polizei damit herauszufordern. Aber was war mit den Köpfen geschehen?
Unmittelbar neben dem Polaroidfoto hing eine Luftaufnahme des Kais, wo Heller und Simpson die Wasserleiche gefunden hatten, daneben eine Nahaufnahme der auf dem Dock ausgestreckten aufgedunsenen, nackten Überreste. Der Schnitt durch ihren Oberkörper hatte ihre Brüste halbiert, jeder verkümmerte, verschrumpelte Quadrant wies in eine andere Richtung. Man konnte die freigelegten Rippen sehen. Rechts davon hingen zwei weitere Fotografien. Eine zeigte die Riefen an dem von Dr. Singh entfernten Wirbel, die andere die Fingerspitzen der Frau. DeClercq konnte sehen, dass Dr. Singh vor dem Abnehmen der Abdrücke Glycerin unter die Haut injiziert hatte, um die Waschfrauenfalten an den Fingern zu glätten. Singh war offensichtlich ein sehr vorsichtiger Mann. Er wusste, dass ohne den Kopf eine Dental-Identifizierung unmöglich war. Und damit blieben nur ihre Fingerabdrücke. Auf dem Foto – einer Vergrößerung – waren die Fingerspitzen der Leiche unter den individuellen Fingerprints auf einem Fingerabdruckblatt angeordnet. Auf diese Weise konnte Singhs Ansicht bezüglich der Identifizierung jedem Kreuzverhör standhalten, obwohl das Fleisch schon längst verrottet sein würde, wenn der Fall jemals vor Gericht käme. Sehen Sie doch selbst, Herr Anwalt!
Unter diesem Foto hing Rodales vorher erstelltes Fingerabdruckblatt. Und daneben angepinnt die Berichte aus New Orleans.
Der Superintendent griff nach seinem Füllhalter und wandte sich seinem Blatt mit den Fragen zu. Er begann zu schreiben.
1. Wo ist Grabowski getötet worden? Kein Wasser in der Lunge: also nicht im Fluss. War es auf einem Boot, dem am besten vorstellbaren Ort für einen Mord? Stellt das eine Verbindung zwischen den beiden Überresten dar? Die Frau von North Vancouver, auf See getötet und dann an Land gebracht? Aber wenn ja, weshalb dann nicht einfach wie Grabowski ins Meer geworfen?
2. Bedeuten die Prellungen im Vaginalbereich eine sexuelle Attacke? Ist der vertikale Stich in den Hals während des Geschlechtsverkehrs erfolgt? Sexuelle Stimulation in Verbindung mit weiblichen Todeszuckungen? Stich in die Brüste als Hinweis auf Mutterverstümmelung?
3. Ist Grabowski von einem sadistischen Freier auf dem Strich aufgegabelt worden? Vielleicht auch das Mädchen von North Vancouver? Vielleicht, aber dann passt Portman nicht dazu. Rauschgift?
4. Was ist mit John Lincoln Hardy alias »Das Wiesel«?
5. Verbindung mit New Orleans?
Wieder erhob sich DeClercq von seinem Sessel, trat an die Wand und überflog die dort angehefteten Papiere und Berichte.
Helen Grabowski, auch bekannt unter dem Namen Patricia Ann Palitti, war eine heroinsüchtige Prostituierte aus New Orleans und amerikanische Staatsbürgerin. Dr. Singh äußerte in seinem Bericht die Vermutung, dass ihre Leiche etwa eine Woche im Fraser River gelegen hatte. Eine Woche vor Auffinden der Leiche war Grabowski in der Nähe des Moonlight Arms während der Ausübung ihres Gewerbes wegen Rauschgiftbesitzes verhaftet worden. Am frühen Morgen danach hatte man sie wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen, seitdem hatte sie niemand mehr gesehen. Rodale hatte sich im Rotlichtviertel umgesehen, die Leute auf der Straße befragt und den bekannten Spitzeln Geld gegeben, aber ohne jedes Ergebnis. Soweit zu erfahren war, war Grabowski höchstens seit drei oder vier Tagen in Vancouver gewesen. Einige ihrer Kolleginnen hatten sie anhand des Polizeifotos identifiziert – und ein oder zwei hatten auch angedeutet, dass John Lincoln Hardy sich in der Gegend
Weitere Kostenlose Bücher