Der Krake
Dane sagte, es hätte mit dem Kraken zu tun ... Oh, warte. Warte. Bist du ...?«
Billy fing an zu lachen, erst nur verhalten, dann immer heftiger. Er saß auf dem Boden und zwang sich, still zu lachen. Er wusste, er war hysterisch, und das Lachen fühlte sich nicht erleichternd an. Die Kuh kam auf ihn zu. In einem Moment war sie noch am Ende des Raums, im nächsten schon einen halben, einen ganzen Meter näher und musterte ihn mit dem seitlich angebrachten Glasauge. »Mir geht es gut. Alles in Ordnung«, sagte Billy zu dem verrottenden Gedächtnis.
»Weißt du, was Dane denkt, warum all das passiert?«, fragte er. Er grinste, als spräche er mit einem Saufkumpan. »Er denkt, das hätte mit dem Kraken zu tun. Er denkt, ich bin so was wie Johannes der Täufer oder so. Aber das ist die falsche Richtung. Das hat überhaupt nichts mit dem Kraken zu tun.
Es hat überhaupt nichts mit dem Kraken zu tun. Es geht nur um den Scheißtank.
Jetzt komm schon«, sagte er. »Du musst zugeben, dass das ziemlich komisch ist. Und weißt du, was noch komischer ist? Das Beste an der ganzen Sache? Ich habe nur Spaß gemacht.«
Billy hatte nie eine Miene verzogen, wenn er behauptet hatte, er wäre die erste Person, die durch eine In-Vitro-Fertilisation entstanden sei. Dieser alberne, bedeutungslose Gag, den er an diesem Ort ausgesprochen hatte und an dem er aus launiger Stringenz stets festgehalten hatte ... diesen Scherz hatte dieser genius loci ebenfalls gehört, dieser Museumsgeist. Vielleicht reagierte er auf Gerede über Flaschen und die mit ihnen verbundene Macht besonders empfindlich. Vielleicht begriff er das Konzept eines Scherzes oder einer Lüge gar nicht. »Es ist nicht wahr«, sagte Billy. Der bovine Engel sagte nichts. Klack-klack-klack-klack wanderte das Licht regelmäßig durch seine vier Mägen.
Billy beugte sich vor. »Ich bin kein Krakenprophet. Ich bin der Flaschenmessias.« Wieder lachte er. »Aber ich bin es nicht, ich bin es einfach nicht.«
Der Flaschenengel schwand, er schwand mit jedem Tag mehr, wurde immer schwächer durch seine Wanderschaft jenseits der Grenzen seiner Domäne, durch sein Versagen, seine Bemühungen und wann immer eine seiner gläsernen Iterationen zerbrach, mit all ihrer Konservierungsflüssigkeit und ihren Knochen. Er würde wieder nach ihm sehen, würde sich ein neues Selbst schaffen aus dem Schnickschnack in seinem Palast und jenen Teil seiner selbst aufspüren, den er Billy geschenkt hatte. Das war es, was ihm diese unverdienten Fähigkeiten verlieh. Solange der Engel existierte, würde er darum kämpfen, Billy wiederzufinden und durch Billy den Architeuthis, den er verloren hatte.
»Ich wünschte, er würde wieder auftauchen«, sagte Billy.
Wird.
»Ja, aber bitte sofort. Mein Partner ist weg. Ich brauche jede Hilfe, die ich kriegen kann.«
Du bist der Messias der Erinnerung.
»Na klar, nur bin ich es nicht.« Ganz langsam blickte er auf. Ganz langsam erhob er sich und lächelte. »Aber weißt du was, ich nehme das einfach mit. Ich nehme, was ich kriegen kann.« Er tastete, spannte sich, glaubte vielleicht ein kleines Ruckeln der Zeit wahrzunehmen, und vielleicht hatte es das wirklich gegeben. »Kommst du mit? Raus?« Die Kuh sagte nichts. Tot, wie sie war, hatte sie nicht die Kraft, in dem Krieg zu kämpfen, den ihre Geschwister führten. »Na gut«, sagte Billy. »Okay, das macht nichts. Du kannst hierbleiben und diesen Ort bewachen. Er braucht dich.« Er fühlte sich liebenswürdig.
Aus einem anderen Teil des Gebäudes erklang ein Geräusch, das nicht zur Stimme der Kuh gehörte. Billy war an der Tür und lauschte mit gezogener Waffe, ohne zu wissen, wie er überhaupt dorthin gekommen war. Der Kuhengel versuchte, etwas zu sagen, aber Billy hielt die Tür geschlossen, darum hatte er nichts, womit er Laute hätte erzeugen können. »Pst«, flüsterte Billy. Er kommandierte einen Engel herum. Doch es war schon vorbei, verschwunden mit einer Reihe dieser Schritte, deren Klang verriet, dass sie anderenorts getan wurden. Für einen Moment dachte Billy, sie hätten einen menschlichen Wachmann verleitet, fassungslos herbeizueilen (er wusste nicht, dass diese Leute sich durchaus der Tatsache bewusst waren, dass etwas Altes und Melancholisches durch das Gebäude streifte, und sich stets bemühten, es nicht zu stören).
»Gottverdammt«, sagte er und folgte dem toten Engel, den Phaser in der Hand. Er folgte dem Knarren von Angeln und Dingen, die von Regalbrettern fielen. Plötzlich fand
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