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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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schon gut«, sagte Baron. »Sie klingen, als würden Sie gleich zu weinen anfangen.« Vardy reichte Billy ein Blatt Papier. Es war, seltsamerweise, sein Lebenslauf. Er hatte in Psychologie promoviert, aber seine Magisterarbeit hatte er in Theologie geschrieben. Sein erster Abschluss. Billy schob die Brille hoch und überflog die Publikationsliste und die Rubrik, in der seine aktuellen Verpflichtungen aufgeführt waren.
    »Sie sind Redakteur beim Journal of Fundamentalism Studies? «, fragte Billy. Das war ein Test.
    Baron sagte: »Das FSRC ist das Dezernat für fundamentalistische und sektenbezogene Verbrechen.«
    Billy starrte erst ihn, dann Vardy und dann seinen Lebenslauf an. »Sie sind ein Profiler«, sagte er. »Sie sind ein Sekten-Profiler.«
    Vardy konnte sogar lächeln.
    »Da sind ...«, Baron zählte an den Fingern ab, »Aum Shinrikyo, auch die Aum-Sekte genannt ... die Heimkehrer-Sekte ... die Chris-Hunter-Kirche ... die Kratosianer, einige von ihnen sind ziemlich krass ... Haben Sie eine Ahnung, wie sehr die sektenbezogene Gewalt in den vergangenen zehn Jahren zugenommen hat? Natürlich wissen Sie es nicht, weil, solange es nicht um Al Kaida und ihre Anhänger geht, nichts davon auch nur eine Chance hat, in den Nachrichten erwähnt zu werden. Aber die sind unsere geringste Sorge. Und ein Grund, weshalb Sie noch nichts von all dem gehört haben, ist, dass wir in unserem Job ziemlich gut sind. Wir sorgen für Sicherheit auf den Straßen.
    Deshalb wurden Sie gebeten, den Mund zu halten. Aber Sie haben irgendjemandem etwas erzählt. Was Sie, A, nicht hätten tun sollen, und was, B, nicht unbemerkt geblieben ist. Collingswood wird Sie noch einmal ermahnen, allerdings ein wenig eindringlicher.
    Es ist nicht so, dass wir richtig geheim sind«, erklärte Baron. »Dass es uns gibt, wird nicht dementiert - das wäre heutzutage gewiss nicht die beste Strategie. Eher entziehen wir uns dem allgemeinen Interesse. Wenn sich jemand nach uns erkundigt, lautet die Antwort meistens: ›Das FSRC? Warum fragen Sie ausgerechnet nach denen? Blödsinn, ein ziemlich peinlicher Verein ...‹« Er lächelte. »Sie verstehen.«
    Billy hörte Polizeibeamte draußen auf dem Flur. Telefone klingelten.
    »Demnach«, sagte er, »sind Sie Sekten-Spezialisten. Aber was hat das mit dem armen Teufel unten im Keller zu tun? Und vor allem, was hat das mit mir zu tun?«
    Vardy rief auf seinem Laptop eine Videodatei auf und schob den Laptop dergestalt zurecht, dass alle drei Männer auf den Bildschirm schauen konnten. Ein Büro, ein aufgeräumter Schreibtisch, Bücher in Wandregalen, ein Drucker und ein PC. Da war Vardy, beinahe direkt der Kamera zugewandt, vor ihm ein anderer Mann mit dem Rücken zum Betrachter. Von ihm sah man nur das zurückgekämmte schüttere schwarze Haar und ein graues Jackett. Die Farbwiedergabe war nicht sehr gut.
    »... so«, hörte Billy den Mann mit dem abgewandten Gesicht sagen. »Ich war mal für kurze Zeit bei diesem Verein in Epping, stinknormale Verrückte, glaube ich, Balance, Balance, Balance, nicht allzu interessant, nicht wert, Ihre Zeit zu vergeuden.«
    »Was ist damit? «, fragte der Vardy im Video und hielt hoch, was Billy als das Symbol erkannte, das er gezeichnet hatte.
    Der nur von hinten sichtbare Mann beugte sich vor. »Oh richtig«, sagte er. Er redete in einem atemlos verschwörerischen Tonfall. »Die Toiths, die Toithis«, sagte er. »Ja, nein, ich weiß nicht«, fuhr er fort. »Die Toithis sind neu, glaube ich. Ich habe noch nicht viel von ihnen gesehen, außer dass sie überall diese Zeichnungen hinterlassen. Ein Zeichen, ein Zeichen. Waren Sie mal in Camden? Ich sah es und dachte, ich schau sie mir mal an, aber sie sind ziemlich seltsam, winken einem freundlich zu, aber dann verschwinden sie wieder in der Versenkung. Und? Sind sie geheim?«
    »Sind sie es?«, fragte Video-Vardy.
    »Nun, sagen Sie es mir, sagen Sie's. Ich komme nicht an sie heran, und Sie kennen mich ja, daher ist es, Sie wissen schon, ziemlich schmerzlich für mich.«
    » Lehre?«
    »Da bin ich überfragt. Nachdem, was ich höre«, meinte der Mann und ahmte mit der Hand ein plapperndes Mundwerk nach, »kann ich Ihnen nur sagen, dass sie vom Dunkeln, vom Aufsteigen, vom Greifen reden. Sie lieben das, dieses Greifen, hafay ... «
    »Was? «
    »Hafay, hafay, was ist aus Ihrem Griechisch geworden, Professor? Alpha phi eta, hafe, hapsis, wenn Sie wollen, tätscheltätschel, das sagen sie - das Ganze ist eine haptische

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