Der Krake
ihn an. Goss bewunderte ihn geradezu. Marge kroch auf Händen und Knien auf dem Boden der Tiefgarage einher, in Watis Staub. Sie bewegte sich, so schnell es ihr möglich war, obwohl sie nicht atmen konnte und ihr das Herz aus der Brust springen wollte.
»He, dreh dich wieder um, ich will sie sehen«, sagte die Stimme des Tattoos.
»Rede nicht so mit mir«, erwiderte Paul. »Wir sind jetzt Partner. Da, schau.« Er wartete noch eine Sekunde. »Sie haut ab.« Er zeigte hin und sah Goss an, worauf der mit der Zunge schnalzte und um den Wagen herumging und Marge folgte.
»Wo willst du denn hin, du kleines Zwerghuhn?« Er kicherte. Marge mühte sich auf die Füße und rannte, aber schon nach wenigen Metern hatte er sie eingeholt. Er packte sie am Schopf. Sie gab einen Laut von sich, wie sie ihn sich nie hätte vorstellen können, und Goss zerrte sie einfach mit sich.
Paul und Subby sahen ihm von der anderen Seite des Wagens aus zu. »Was geht da vor? Dreh dich um!«, blökte die Stimme des Tattoos.
»Hey, Goss, da ist noch etwas, das ich in all der Zeit herausgefunden habe«, rief Paul und hielt die Schere hoch. »Ich habe herausgefunden, was das Ding hier darstellt.« Er tätschelte Subby. »Ich habe herausgefunden, wo du dein Herz versteckt hast.«
Ein Moment zerplatzte. Marge sah Goss weit vor sich, ehe sie überhaupt begriff, dass er sie losgelassen hatte. Sie sah ihn rennen. Einen Augenblick lang nahm sie noch einen Ausdruck auf seinem Gesicht wahr, so voller Bestürzung, dass sie bei dem Anblick beinahe zusammengeschreckt wäre, dass sie um ihn hätte weinen mögen, wäre sie nicht selbst gefangen gewesen in einem Moment, in dem die Zeit auszusetzen schien. Doch wie schnell er auch war, Goss war zu weit entfernt. Trotz der Augenblicke, die Paul für Spötteleien vergeudet hatte, schaffte er es nicht, sich zwischen Subby und die Schere zu schieben.
Paul legte die Klingen wie einen zweifachen Dolch an Subbys Hals. Stanzte hastig und wiederholt Löcher hinein. Blut strömte, und das leere Gesicht des Jungen veränderte sich nicht, nur seine Augen wurden größer. Paul stieß hart zu. Das Blut, das ihn sprenkelte, war auffallend dunkel.
Subby fiel auf die Knie und sah verständnislos aus. »Was? Was? Was ist los?«, verlangte das Tattoo zu erfahren, närrisch wie ein kleines Kind.
Goss kreischte und brüllte und heulte. Mitten im Sprung brach er zusammen. Die Schere, eingebettet in Subbys Hals, erzitterte. Paul erzitterte. Goss glitt, alle viere von sich gestreckt, auf die Motorhaube und erbrach sein eigenes, viel helleres Blut.
»Nein, nein, nein, nein, nein, nein.« Er jammerte, trat um sich und starrte entrüstet das sterbende Knabending an.
»Hast du gedacht«, sagte Paul - während das Tattoo immer nur sagte: »Was? Was? Was ist los? Was?« - »dass ich mich mit dir verbünden würde?« Paul zog die Schere aus Subbys Hals und stieß erneut zu. Subby blickte von einer Seite zur anderen und schloss die Augen. Goss schrie und gurgelte und trat und geiferte Rauch und konnte sich nicht aufrichten. Schrie.
»Hast du gedacht, ich lasse dich an mich dran?«, sagte Paul zu ihm. »Hast du gedacht, ich arbeite mit euch zusammen? Hast du gedacht, ich lasse dich weiter den Schläger im Dienst dieses bösartigen Abschaums, dieses reinrassigen Dreckschweins auf meinem Rücken spielen?« Paul spuckte auf den sterbenden Goss. Spuckte vor ihm auf den Boden. »Du hast diese Fleischhülle für das gebraucht, was dich hat ticken lassen, und hast dir eingebildet, es könnte mich aufhalten? Goss, hör auf mit dem Lärm. Für dich ist es Zeit, zur Hölle zu fahren und deinen armen, beschissen leeren kleinen Lebensträger mitzunehmen.«
Subby rührte sich nicht mehr. Das Blut lief langsamer aus ihm heraus. Goss schnaufte und gurgelte und sah aus, als versuchte er, noch einen Abschiedsfluch zu formulieren, doch als Subby ein letztes Mal die Augen schloss und starb, da starb auch er. Seinen letzten Atemzug hauchte er ohne Rauch aus.
Und was immer sonst geschah ...
zu allen Zeiten an allen Orten ...
unendlich oft ...
das Erlöschen ...
diese Endlichkeit ...
erbebte ...
und wurde allenthalben verspürt ...
und jeder Einzelne der Drangsalierten und Verängstigten Londons erlebte einen Megamoment zwischen 1065 und 2006, jeder in seinem eigenen Augenblick und doch für einen Wimpernschlag vereint in jeder schauerlichen Situation, jedem kleinen Raum, in dem ihre Köpfe untergetaucht, in denen ihnen Daumenschrauben angelegt, sie
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