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Der Kranich (German Edition)

Der Kranich (German Edition)

Titel: Der Kranich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Reizel
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ist als ein Pinselstrich – ein Versprechen, weiter nichts.“
    „Das ist, verdammt noch mal, das abgefahrenste Codeversprechen, das ich jemals gesehen habe! Natürlich brauchen wir mehr, da hast du völlig recht. Und zwar so schnell wie möglich. Also willst du hier an deinem Asthma krepieren oder deinen Arsch hochschwingen und vielleicht doch endlich einen Klimawechsel in Erwägung ziehen? Deine Entscheidung.“
    Emmerich resignierte. „Mal angenommen, ich würde die Tweets löschen. Und dann?“
    „Du schaust dir diesen Witzbold – Darth Vader, oder wie er sich nennt – einfach mal an und unterhältst dich mit ihm. Wir müssen wissen, ob es ein vollständiges, funktionsfähiges Programm gibt und ob er es selbst geschrieben hat. Und natürlich darf kein Dritter involviert sein. Ich werde inzwischen meine Verbindungen spielen lassen, falls wir Hilfe brauchen sollten.
    „Was heißt das nun wieder?“ Erneut wurde Emmerichs Atem rasselnd.
    „Reg dich nicht auf. Ich hab das alles im Griff. Du rufst diesen Typen an und machst ein Treffen aus – am besten irgendwo in der Innenstadt …“
    „Dir ist aber schon klar, dass ich zwischendurch auch noch einen Job zu erledigen habe, oder?“
    „Mach es so bald wie möglich, sonst riskieren wir, dass uns jemand zuvor kommt. Du rufst ihn also an, verabredest dich mit ihm, und dann machst du ganz genau, was ich dir jetzt sage …“
    Lukas war alles andere als begeistert, als Ralf atemlos und verschwitzt um acht Uhr morgens vor seiner Tür stand. „Hey, Buddy. Also, ich hab ja nichts gegen einen Frühstücksbesuch, aber bitte drei Stunden später, okay?“
    „Das ist kein Frühstücksbesuch. Na los, lass mich schon rein. Bist du allein?“
    „Wen erwartest du hier anzutreffen? Robin Hood?“
    „Ich dachte eher an Eva.“
    „Ist vorbei.“
    Das war zweifellos eine Neuigkeit, die der Klärung bedurfte, doch angesichts der Umstände stellte Ralf das Thema zurück. Er wartete, bis sein Freund sich etwas übergezogen hatte und einigermaßen wach war, dann baute er sich breitbeinig vor ihm auf.
    „Warum hast du das getan?“
    „Warum habe ich
was
getan?“
    „Die Sequenz ins Netz gestellt, ohne mir etwas davon zu sagen.“
    Lukas blickte ihn an, als spräche er chinesisch. „
Was?

    Ralf wurde wütend. „Ich dachte, wir wären Freunde!“
    „Dachte ich auch. Wovon, verdammt noch mal, sprichst du?“
    „Du hast die Tweets nicht geschrieben?“
    „Könntest du dich
bitte
mal verständlich ausdrücken?“
    Nach gründlichem Abwägen entschied Ralf, auf den Fausteinsatz vorerst zu verzichten, setzte sich an den Küchentisch und beobachtete Lukas beim Kaffeekochen. Die Schlussfolgerung, die sich ihm aufdrängte, gefiel ihm ganz und gar nicht. „
Jemand
hat die Nachricht reingestellt. Und der Name dieses ‚Jemand‘ war
Darth Vader
.“
    Endlich schien sein Freund wach genug für einfache Gedankengänge zu sein, doch mental und motorisch war er in diesem Augenblick offensichtlich vollkommen überfordert. Die Kanne entglitt ihm, und der kochendheiße Kaffee ergoss sich über seine Hand. Ralf sprang auf, drehte eilig das kalte Wasser auf, packte Lukas am Arm und hielt seine Hand unter den Wasserstrahl.
    Lukas war weiß wie eine Wand. „Zeig … mir die verdammten Tweets“, flüsterte er mit zusammengebissenen Zähnen.
    „Das sieht nicht gut aus, Luke. Du solltest das einem Arzt zeigen.“
    „Zeig mir die Tweets.“
    Seltsamerweise war unter dem Hashtag
#code
beim besten Willen kein Code mehr auffindbar, also verlegten sie sich auf die Accounts. Sie suchten fast eine Stunde lang, während Lukes Hand zuerst rot und dann fleckig wurde, doch da es mehrere hundert
Darth Vader
auf Twitter gab und Ralf sich an den genauen Account-Namen nicht erinnern konnte, war es aussichtslos. Schließlich begannen sich kleine Bläschen auf Lukas’ Handrücken zu bilden.
    „Du musst da was drauf machen. Hast du keine Brandsalbe?“
    „Wann genau hast du die Tweets gesehen?“
    „Unmittelbar bevor ich herkam. Gepostet wurden sie aber schon gestern.“
    „Und es war meine Sequenz? Ich meine …“
    „Sah jedenfalls ganz danach aus.“
    Lukas stand auf und durchsuchte die Taschen seiner Jeans. „Verdammt!“
    „Was ist?“
    „Die Serviette … Ich dachte nicht, dass sie schon … Stand sonst noch was drin?“
    „Nur eine Handynummer auf dem letzten Tweet.“
    „Hast du sie aufgeschrieben?“
    „Warum hätte ich sie aufschreiben sollen? Ich war sicher, dass du das warst.

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