Der Kreis aus Stein
Gefahr bringen kann.«
Iome schwindelte. Orden hatte mit einer derartigen scheinbaren Aufrichtigkeit gelogen, hatte ihre Wut auf Groverman so angestachelt, daß sie einen Augenblick brauchte, sich auf die neue Situation einzustellen.
Wenn ihre Schätzungen richtig waren, müßten Raj Ahtens Truppen inzwischen in Longmot eintreffen. Selbst wenn sie und Gaborn jetzt umkehrten, würden sie es niemals bis zurück hinter die Tore von Longmot schaffen. Außerdem sollten an diesem Tag einhunderttausend Mann zu Raj Ahten stoßen.
Wenn Groverman mit dem Aufbruch bis heute abend wartete, dann wäre er zu spät dran. Aber Iome konnte es nicht ertragen, hier herumzusitzen, während ihre Verbündeten in Longmot in die Schlacht zogen. Es mußte etwas geben, das sie tun konnte. Sie spannte sich im Sattel an, als ihr Plan Gestalt annahm.
»Herzog Groverman«, fragte sie, »wie viele Schilde habt Ihr zur Zeit?«
»Zehntausend Mann kämpfende Truppen«, antwortete Groverman. »Aber es sind nur gewöhnliche Bürger. Meine besten Ritter sind in Longmot.«
»Nicht Soldaten – Schilde. Wie viele Schilde habt Ihr?«
»Ich – vielleicht könnte ich zwölftausend organisieren, vorausgesetzt, wir plündern die Waffenkammern der benachbarten Ländereien.«
»Tut das«, sagte Iome, »und beschafft Euch alle Lanzen, Rüstungen und Reittiere, die Ihr bekommen könnt – sowie alle Frauen, Männer und Kinder über neun Jahre, die reiten können – und alles an Vieh und Pferden aus ihren Pferchen.
Wir werden jede Decke Eurer Flüchtlinge zu einem Wimpel umarbeiten, und sie werden im Wind flattern, an Stangen von Euren Pferchen aufgezogen. Schafft alle Hörner herbei, die Ihr finden könnt. Und beeilt Euch. Wir dürfen, von jetzt an gerechnet, auf keinen Fall später als in zwei Stunden aufbrechen. Eine gewaltige Armee steht im Begriff, nach Longmot zu marschieren, eine so riesige Armee, daß selbst Raj Ahten erzittern muß!«
KAPITEL 23
Der Fluch
Zwischen den Wolken des kalten, sich beziehenden Himmels über Longmot blitzte eine Finsternis auf wie umgekehrtes Wetterleuchten. Raj Ahtens drei verbliebene Flammenweber trugen jetzt ihr Prunkgewand für die Schlacht – leuchtend rote Flammen. Sie kauerten hinter einem Wall aus aufgeschichteten Steinen – eigentlich eine von einem Bauern zurückgelassene Feldeinfassung – und schleuderten Flammen auf Burg Longmot. Sie reckten sich in den Himmel und griffen nach dem Licht der Sonne, so daß der gesamte Himmel sich für einen Augenblick verdunkelte, dann stürzten ihnen gedrehte Lichtstränge in die Hand und lagen dort glühend wie kleine Sonnen, kurz bevor die Flammenweber sie davonschleuderten.
Viel nützte es nicht. Burg Longmot war aus uralten Steinen erbaut. Dort hinein waren im Laufe der Jahrhunderte von Erdwächtern Zauber hineingeflochten worden. Die Kugeln aus Licht und Hitze flogen aus der Hand der Flammenweber, nahmen auf dem Weg zur Burg an Größe zu – denn auf diese Entfernung konnten die Flammenweber ihre Kraft nicht bündeln – bis die riesigen, glühenden Kugeln wirkungslos gegen die Festungsmauern prallten.
Ihre Bemühungen erzielten trotzdem eine gewisse Wirkung.
König Ordens Krieger waren gezwungen, sich hinter den Brustwehren zu verstecken und Deckung zu suchen, und ein Flammenweber traf mit seinem ersten Wurf ein Wurfgeschütz und zwang Ordens Artillerie dadurch, die großen Waffen in die Türme zurückzuziehen.
Im Augenblick war die Schlacht daher ein stiller Kampf -
Flammenweber schleuderten Feuer ohne große Wirkung und schwächten sich damit selbst, Riesen beluden die Katapulte, um Steine über die Mauern zu schleudern.
Gelegentlich, wenn eine Flammenkugel krachend gegen die hohen Mauern prallte, jagte das Inferno eine Hitzeexplosion nach oben durch die Schießscharten, wo die Bogenschützen sich verborgen hielten. Dann vernahm Raj Ahten einen erfreulichen Aufschrei, da irgendein Soldat die Schärfe seiner Zähne zu spüren bekam. Hier und dort waren ganze Pfeilbündel wie Zunder in Flammen aufgegangen.
Selbst jetzt ließ Raj Ahten Soldaten und Riesen Brennmaterial für ein gewaltiges Feuer sammeln. Meist diente das Sonnenlicht
als
geeignete
Energiequelle für seine Flammenweber, doch der Nachmittagshimmel bezog sich, und die Arbeit der Weber verlor an Qualität. Wenn sie auf eine unmittelbare Energiequelle zurückgreifen könnten, dann wären ihre Flammenkugeln dichter – und vielleicht sogar klein genug, um durch die Schießscharten an den
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