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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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zu den kostbarsten Gütern zählte. Ach, warum eigentlich nicht? David hatte keine Zeit mehr sich mit Bedenken aufzuhalten.
    »Offen gestanden ist mir die Bibelstelle gerade wegen dieser unausgesprochenen Passage in den Sinn gekommen. Pius erweckte mir fast den Anschein, als müsse er um jeden Preis Geld auftreiben. Im heiligen Petrus sieht er sein Vorbild, den ersten Papst. Da dachte ich mir, dessen Worte könnten ihn etwas zum Nachdenken bringen.«
    »Ich versichere Ihnen, das haben Sie auch getan.«
    »Gut, gut.« David kickte ein Steinchen über den Kiesweg. »Wie kommt es eigentlich, dass ein junger und zudem noch ziemlich kritischer Mönch wie Sie offenbar zu den engsten Beratern des Papstes gehört?«
    »Das ist schnell erklärt. Meine Familie stammt aus Desio, dem Geburtsort des Heiligen Vaters im Norden von Mailand. Achille Ratti, der Papst, ist mit meinem Großvater zur Schule gegangen. Die beiden verbindet eine lebenslange Freundschaft. Als ich mich für den Weg Gottes entschied, hat mich der Heilige Vater unter seine Fittiche genommen.«
    David nickte verstehend. »Mir scheint, wir haben einiges gemeinsam. Sie sprechen vom ›Weg Gottes‹, ich nenne ihn den ›Weg der Wahrheit‹. In gewisser Weise stellen wir beide unser Leben ganz in den Dienst dieser Bestimmung. Manchmal kommt mir der Kampf dafür allerdings aussichtslos vor, als seien die Kräfte des Bösen durch nichts und niemanden mehr aufzuhalten…«
    »Aber Sie können sich trotzdem nicht damit abfinden.«
    Erstaunt blickte David in Di Marcos offenes Gesicht. »Woher wissen Sie das?«
    Der Mönch lächelte. »Weil es mir genauso ergeht wie Ihnen. Was glauben Sie, warum ich der heiligen Mutter Kirche noch nicht den Rücken gekehrt habe? So heilig ist sie nun wirklich nicht! Bonaventura hat sie im dreizehnten Jahrhundert sogar einmal mit der großen Hure aus der Apokalypse verglichen. Obwohl der Kardinal ein Franziskaner war, sich also im besonderen Maße der Armut verpflichtet hatte, kann ich den Abscheu nachempfinden, der ihn angesichts der Zustände am Hof des Papstes erfüllt haben muss – der Pomp, die im Klerus verbreitete Simonie und vor allem die ungehemmte Fleischeslust. Mir ist da zum Beispiel einmal ein interessanter Brief in die Hand gefallen, den Kardinal Hugo im Namen von Innozenz IV. aufgesetzt hat.«
    David sah den Mönch neugierig an, der mit der Hand zu einer tiefer in den Garten hinabführenden Treppe zeigte und geradezu belustigt erklärte: »Es handelt sich dabei um ein bemerkenswertes Dankesschreiben und um eines der Geheimnisse, die Seine Heiligkeit gern in den Vatikanischen Archiven verschlossen wissen will. Die Kurie habe der Lyoner Bevölkerung ›liebreich beigestanden‹, formulierte Hugo vieldeutig, um sich dann unverblümt zu rühmen, bei Einzug des Papstes in die Stadt gerade drei oder vier ›käufliche Schwestern der Liebe‹ vorgefunden zu haben, während beim Abschied sozusagen ›ein einziges Bordell‹ zurückgeblieben sei, ›das sich vom Westtor zum Osttor erstreckt‹.«
    »Wie können Sie nur so offen darüber sprechen…«
    »Lorenzo«, fiel dieser David ins Wort. »Als Benediktiner fühle ich mich wohler, wenn man mich bei meinem Vornamen nennt.«
    »Wäre ich an Ihrer Stelle, Lorenzo, dann hätte ich meiner Kirche wohl längst entrüstet den Rücken gekehrt.«
    Lorenzo Di Marco wich einem steinernen Blumenkübel aus. »Ich sagte Ihnen ja bereits, weshalb ich mich für diesen Lebensweg entschieden habe. Ich leugne nicht, dass die Kirche mit einer dicken Kruste aus Blut und allerlei Unrat bedeckt ist, aber mein Bestreben bleibt, diesen Panzer zu sprengen, damit das göttliche Licht wieder ungehindert strahlen kann.«
    Die Worte des Benediktiners erinnerten David an etwas. Einen Moment lang überlegte er angestrengt, kam aber nicht darauf. Stattdessen sagte er: »Als ich den Papst vorhin nach Kardinal Pacellis Besucher fragte, wechselte er einen Blick mit Ihnen. Es sah fast wie eine stille Absprache aus. Gibt es dafür einen besonderen Grund?«
    Wieder lächelte der Mönch. »Ich habe mich schon gefragt, wann Sie endlich darauf zu sprechen kommen. Ihre Beobachtungsgabe hat Sie nicht getrogen, Signor Cournot! Der Heilige Vater und ich verstehen uns auch ohne Worte. Er hat mich beauftragt, Ihnen die Identität des Besuchers zu offenbaren.«
    »Ach was! Das hat er aber geschickt verborgen. Wer ist denn der geheimnisvolle Mann?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Wie?« David schüttelte konsterniert

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