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Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer

Titel: Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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außerdem, heute seien fünftausend Söldner über die Grenze gekommen, um Präsident Guzman zu stürzen. Ich gebe ihm höchstens noch eine Woche. In einigen Orten hat es jetzt schon spontane Sympathiekundgebungen für die Revolutionäre gegeben.«
    David blickte über die Schulter in den Schankraum, dann wieder in das schwitzende Gesicht des Wirts. »Und El Encanto ist einer dieser Orte?«
    Der Einäugige nickte grinsend. »Könnte man so sagen. Die Schießerei heute Nacht war sozusagen ein Nebenkriegsschauplatz. Anscheinend hat irgend so ein Plantagenbesitzer im Dschungel eine Treibjagd veranstaltet. Soll wie wild herumgeballert haben. Unsere Miliz hat ihn und seine Leute wohl für Anhänger Guzmans gehalten. Na, jedenfalls ist der reiche Pinkel jetzt tot, und wie es heißt, seine ganze Privatarmee auch.«
    So hatte sich David das Schweigen der Zeugen nicht erkaufen wollen. Mit belegter Stimme antwortete er: »Ihre Miliz scheint ja gehörig auf Draht zu sein.«
    »Nach meinem Geschmack ein wenig zu sehr. Wenn Sie mich fragen, sitzen Sie ganz schön in der… «
    »Gibt es eine Möglichkeit, sich irgendwie zu arrangieren?«
    »Kommt drauf an.«
    »Worauf?«
    »Wenn Sie eine Lokalrunde schmeißen, kommen Sie möglicherweise lebend hier raus. Vor der Tür dann immer der Sonne nach. Irgendwann landen Sie in Britisch-Honduras.«
    David schob einen zweiten Fünfzigdollarschein über den Tresen. Der Wirt schrie wieder etwas in den Raum, allgemeine Begeisterung war die Folge. Flaschen mit einer klaren Flüssigkeit wanderten über die Theke und begannen unter den Gästen zu kreisen. Die durstige Schar überschüttete den noblen Spender mit Trinksprüchen. Selig lächelnd kippte David den zweiten Schnaps hinunter und meinte, er müsse mal eben dem Ruf seiner Blase folgen.
    Im Hof stand ein Verschlag mit einem ausgesägten Herzchen in der Tür und ungefähr einer Million Fliegen dahinter. Davids Blase war übrigens in tadellosem Zustand. Er umging den Donnerbalken, überwand einen Bretterzaun und hielt auf den Waldrand zu. Nach wenigen Schritten blieb er wieder stehen. Hinter der cantina ragte das Heck eines Pick-ups hervor, auf dem gerade noch der Rest eines Schriftzugs zu erkennen war: & Barrios. In der Bar musste einer von Don Alfonsos Leuten sitzen und fröhlich auf den spendierfreudigen Amerikaner trinken. Möglicherweise dauerte es noch Stunden, bis ihm jemand beiläufig oder auch prahlerisch das Gemetzel der letzten Nacht auftischte. David zuckte die Achseln. Der Mann war sowieso arbeitslos und Lord Belial schuldete ihm noch etwas.
    Sekunden später heulte der Motor des Ford auf und David brauste in einer Staubwolke davon. Er schüttelte ungläubig den Kopf. Wann lernten die Leute endlich, dass man den Zündschlüssel nicht im Schloss eines geparkten Wagens stecken lässt?
    Tabasco schien sich über das Auto zu freuen. Er machte zwar nicht gerade den Eindruck eines gebildeten Mannes, aber in Barrios’ Diensten hatte er sowohl die Segnungen als auch die Flüche der Zivilisation kennen gelernt, Automobile eingeschlossen.
    Als Scout war Tabasco kaum zu übertreffen. Er kannte die Peten genannte Region wie sein Lendentuch. Für Barrios hatte er auch hin und wieder Schmuggeltouren nach Mexiko und Britisch-Honduras unternehmen müssen. David befand sich also bei ihm in besten Händen. Der östliche Nachbar Guatemalas stand, wie es bereits der Name sagte, unter britischer Oberhoheit. Das gefiel den guatemaltekischen Machthabern zwar nicht besonders – sie hatten seit jeher ein Auge auf die malerische kleine Küstenregion geworfen –, aber selbst wenn der Militärputsch erfolgreich verlief, musste wohl nicht mit einem Übergreifen der Kampfhandlungen auf das Nachbarland gerechnet werden.
    Dank Tabascos geradezu phänomenalen Instinkten gelang es ihnen in den nächsten Tagen, einen Tapir zu erlegen, ungesehen die Grenze nach Britisch-Honduras zu überqueren, einen Jaguar vom Nachtlager zu verscheuchen, Tankstellen zu finden und Polizeikontrollen zu entgehen. Mit Manuel Barrios’ flügellahmer Piper hätten sie die Strecke bis zur Hafenstadt Belize vermutlich in gut einer Stunde bewältigt, mit dem Pick-up brauchten sie fast eine Woche.
    Als sich David auf dem kleinen Flugfeld von seinem indianischen Freund verabschiedete, war ihm weh ums Herz. Nach einer langen Umarmung kehrte sein Retter mit dem Wagen und einem großzügigen Geldgeschenk in den Dschungel zurück.
     
     
    Hatte Barrios alias Don Alfonso ihm überhaupt

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