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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Bußezeit von siebentausend Jahren auferlegt, die nun angeblich vorüber ist. Hellhörig bin ich geworden, als ich las, dass der gefallene Engel Licht und Verbrennung, die beiden Aspekte des Feuers, in sich vereint. Sein Symbol ist der Pfau.«
    David blickte mit glasigen Augen vor sich hin und murmelte: »Wenn der Pfau ein Rad schlägt, wandern die Punkte am äußeren Rand seiner Schwanzfedern im Kreis.«
    »Was hast du gesagt?«
    »Nichts, ich musste nur gerade an ein Bild denken, das ich einmal in Toyamas Palast in Hiroshima gesehen habe.«
    »Ach so. Na ja, jedenfalls scheint dein Spielkartenfreund uns tatsächlich auf eine heiße Spur gesetzt zu haben. Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass die Herkunft der Yezidi im Dunkeln liegt, aber man nimmt an, ihr Name leite sich von Yazatas ab, der Bezeichnung für Engel im Zoroastrismus. Und der ist ja, wie du dich vielleicht noch erinnern kannst, auch die Quelle für den Mithraskult.«
    »Mir ist, als würde sich vor meinen Augen langsam ein Mosaik zusammenfügen.«
    »Dann geht es dir genauso wie mir, David. Vor Jahren habe ich dir doch einmal gesagt, irgendetwas stecke in dem Papierstapel, den du in Ben Nedals Sturmpalast erbeutet hast, aber ich könne es nicht greifen. Seit deine Karo-Ass-Botschaft uns auf den Nahen Osten eingeschworen hat, gehen mir die Dokumente nicht mehr aus dem Kopf. Mir ist klar geworden, dass Ben Nedal immer wieder in Städte gereist ist, die in Kurdistan oder zumindest am Rande des von den Kurden bewohnten Gebietes liegen.«
    »Du redest von den Dokumenten, die Indu Cullingham übersetzt hat? Ich dachte, dabei handelt es sich nur um unwichtige Geschäftspapiere.«
    »Vielleicht wollte Ben Nedal gerade diesen Eindruck erwecken. Bestimmt hat er seine Besuche in Kurdistan sogar als Ein- oder Verkaufsreisen für sein Handelshaus getarnt. Ich glaube, ich werde sämtliche Schriftstücke noch einmal genau unter die Lupe nehmen.«
    David nickte. »Vier Augen sehen mehr als zwei. Ich helfe dir dabei.«
     
     
    Mehr als fünf Wochen lang analysierten und bewerteten David und Lorenzo, jeder für sich, die vielen Dokumente aus dem Sturmpalast Wort für Wort, Zeile für Zeile und Seite für Seite.
    Abends, wenn es in der Gelben Festung still wurde, saßen sie gewöhnlich mit Ruben zusammen und diskutierten über die Wichtigkeit oder Nebensächlichkeit hunderter von Formulierungen, Daten und Namen.
    Lorenzos Vermutung wurde insofern bestätigt, als Ben Nedal tatsächlich auffällig oft in kurdisches Gebiet gereist war. Das um seine Unabhängigkeit kämpfende Volk der Kurden besaß ja keinen eigenen Staat und deshalb hatte der vermeintliche Geschäftsmann aus Karachi eben Städte im Iran, Irak und der Türkei aufgesucht. Einmal reiste er sogar nach Jerewan, also in die Sowjetunion, und zweimal ins syrische Al-Qamishli.
    An jenem Donnerstag, als die drei Freunde über einem wirren Stapel von Papieren zusammensaßen, sprach Lorenzo einmal mehr seine Gedanken aus. »Es steckt irgendwo da drin. Und wir finden es einfach nicht.«
    David nickte und fischte die Übersetzung des koreanischen Briefes aus den anderen Papieren. Er deutete mit dem Finger auf eine bestimmte Stelle. »Hier schreibt Ben Nedal, ›in einer Krisensitzung‹ habe der Bund dieses und jenes beschlossen. Das heißt, sie treffen sich wie vor einhundert Jahren – irgendwo dort.« Davids Augen waren zu der großen Landkarte Kurdistans gewandert, die seit Wochen eine Wand in der Gelben Festung zierte.
    Lorenzos braune Augen bohrten sich in die blauen seines Freundes. »Bist du dir sicher, dass An Chung-gun dir nicht noch irgendetwas verraten hat? Es könnte ja eine unbedachte Äußerung gewesen sein, die dir damals unwichtig erschienen ist.«
    David schloss die Augen und rief sich wieder einmal die von Schatten beherrschte Szene im Haus des Koreaners in den Sinn. Nach einer Weile schüttelte er den Kopf. »Er hat mir Golizyns Namen genannt und wenigstens durch seine Mimik verraten, dass es sich bei dem Mann um den so genannten ›Salzmann‹ handelt. Außerdem bin ich durch ihn auf Barrios’ Spur in Guatemala gestoßen, auch wenn ich mir da lange selbst im Wege stand, weil ich mich in die Jagd nach Papen verrannt hatte. Aber sonst…« David wollte schon wieder den Kopf schütteln, als sich plötzlich seine Augen weiteten.
    »Was ist?«, fragte Lorenzo.
    »Als ich mit Kaeddong und Phillihi in Chung-guns Zimmer trat, hat er mich zuerst mit jemandem verwechselt. Dadurch bin ich im Grunde

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