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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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umsonst.«
    »Könntest du trotzdem den übrigen Text für mich übersetzen, Kim? Vielleicht finden wir doch noch einen nützlichen Hinweis.«
    Am Mittag des darauf folgenden Tages stand fest, dass der Hesychast-Kodex wertlos war – jedenfalls aus Sicht der beiden Forscher auf dem Balkon des Olymp. Am liebsten hätte auch David Tränen der Enttäuschung vergossen, aber er hielt es, gewissermaßen als väterlicher Freund, für seine Pflicht, Kim Mut zuzusprechen. Jetzt, da sie den Eisernen Vorhang schon einmal hinter sich habe, könne sie doch ebenso gut irgendwo in der Welt ein neues, erfülltes Leben beginnen. Den Vater aus dem Leben zu schubsen – das würde sie nicht wirklich glücklich machen.
    Das bei einem leichten Mittagessen geführte Gespräch schien Wirkung zu zeigen. Kim versprach, sich die Sache noch einmal zu überlegen. Und da es für David vor Ort nichts mehr zu tun gab, beschloss er nach Istanbul abzureisen, um von dort die Rückreise nach New York anzutreten.
    Vor dem Lokal reichten sich die beiden die Hände.
    »Du bist mir ein wirklich guter Freund gewesen. Ich danke dir«, sagte Kim.
    »Ich hätte dich fast umgebracht.«
    »Das war ja nur ein Versehen. Ich vergebe dir.«
    »Das ist lieb von dir. Dann lebe wohl, Kim.« David küsste die junge Frau auf die Wange, doch als er spürte, wie sie sich an ihn schmiegen wollte, ging er auf Distanz. So sanft wie möglich löste er sich aus Kims Umklammerung und wiederholte noch einmal, was ihm auf der Seele brannte: »Und gib diesen unseligen Rachefeldzug gegen deinen Vater auf, ja? Er kann zu keinem Erfolg führen, weil er dich so oder so unglücklich machen würde.«
    Kims Augen wurden feucht. Sie nickte tapfer. David hatte sich schon zum Gehen gewandt, als sie noch hervorstieß: »Soll er doch in seinem elenden Salzsumpf ersticken.«
    David erstarrte zu einem Eiszapfen, Hat sie eben »Salz« gesagt? Langsam drehte er sich wieder um und kehrte wie ein Schlafwandler zu Kim zurück. »Ich habe dich, glaube ich jedenfalls, nie gefragt, wie dein Vater mit vollständigem Namen heißt.«
    Etwas überrascht wischte sie sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht und antwortete: »Er heißt Wladimir Michailowitsch Golizyn. Wieso?«

 
    Das Geheimnis der Fauligen See
     
     
     
    »Wäre ich Ben Nedal und An Chung-gun nicht begegnet, hätte ich deinen bitteren Worten keine weitere Beachtung geschenkt. Der pakistanische Schurke erwähnte in einem Brief den Salzmann und An Chung-gun den Namen deines Vaters. Außerdem hat der Koreaner mich mit Golizyn genauso verwechselt wie du. Mit einem Mal passte alles zusammen.«
    Kim Tongs dunkle Augen ruhten auf Davids alterslosem Gesicht. Beide saßen wieder auf der Terrasse des Restaurants, Die junge Frau nahm sich viel Zeit, um Davids Bericht zu überdenken. Er hatte ihr von seiner Jagd auf Belials Bande erzählt, jedoch weder auf die zeitliche Dimension der Verschwörung noch auf seine außergewöhnlichen Gaben hingewiesen. Für David war es ja selbst kaum zu glauben, dass seine Begegnung mit An Chung-gun – wie übrigens von Ruben Rubinstein prophezeit – nach so vielen Jahren noch ein derartiges Ergebnis zeitigte.
    »Würdest du mit mir in die Sowjetunion zurückkehren und mich zum Haus deines Vaters führen?«, begann David.
    Kim lächelte. »Ich dachte schon, du würdest mich nie danach fragen. Du kannst auf mich zählen, David. Ich habe alles genau ausgekundschaftet. Wie gesagt, Wladimirs Schlupfwinkel liegt auf einer der unzähligen Inseln in der Syvas. Die Russen nennen die seichte Meerenge Gniloye More, was ›faulige See‹ bedeutet. Die Syvas ist an vielen Stellen sumpfig und jetzt, im Sommer, sind große Teile des Gebiets mit Salz überzogen. Wladimir lässt es abbauen. Daher sein Beiname: Salzmann. Das weiße Gold hat ihn reich gemacht.«
    »Faulige See«, grübelte David. »Ich finde, der Name passt zum Kreis der Dämmerung.«
    »Was wirst du tun, wenn du Wladimir gegenüberstehst?«
    »Ich werde ihn nicht für dich töten, Kim.«
    »Das habe ich mir schon gedacht. Aber was dann?«
    David rieb sich das Kinn. »Ich werde ihm einen Ring stehlen.«
    »Das ist nicht dein Ernst!«
    »Doch. Aber das soll erst der Anfang sein. Dein Vater hatte einst einen Gesinnungsbruder, der Adolf Eichmann hieß. Meine Freunde und ich haben ihn aufgespürt und der Justiz übergeben. Vor zwanzig Jahren wurde er in Israel hingerichtet. Damit will ich nicht sagen, dass es deinem Vater genauso ergehen soll, Kim. Jeder muss

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