Der Kreis der Sechs
setzte sich neben sie.
»Ich werde noch eine Weile nebenan lesen, aber ruf einfach, wenn du irgendetwas brauchst«, sagte er.
Sie schlief tief in dieser Nacht, regte sich nur einmal. Als sie am Morgen erwachte, fühlte ihr Kopf sich wie durchgeweicht an, als wäre er voller nasser Handtücher. Sie fürchtete, dass sie Duncan verpasst hatte, dass er bereits auf dem Weg zu seinem Kurs war, doch gerade, als sie sich zentimeterweise in eine sitzende Position aufrichtete, tauchte er im Zimmer auf, mit einem Becher, von dessen oberem Rand Dampf aufstieg.
»Ich habe gehört, dass du dich gerührt hast, daher dachte ich, du könntest bereit für einen Kaffee sein.«
»Oh, das ist großartig. Ich fühle mich immer noch ein wenig benommen von den Medikamenten. Heute gibt es nur noch Ibuprofen.« Sie nahm einen Schluck. »Hast du heute Morgen keinen Kurs?«
»Nicht vor zehn, aber ich werde gleich losfahren, um im Labor nach dem Rechten zu sehen. Da ist etwas fürs Mittagessen im Kühlschrank. Fällt dir noch irgendetwas anderes ein, das du brauchen könntest?«
»Nein, alles bestens. Ich werde irgendwann auf dem Campus vorbeischauen, mich dann aber wahrscheinlich den Tag über hier verkriechen und ausruhen.«
»Klingt nach einem guten Plan.« Er ließ sich auf dem Rand des Bettes nieder und strich mit einer sicheren Handbewegung Phoebes Haare aus der Stirn. Dann beugte er sich hinüber und küsste sie sanft auf die Lippen.
»Übrigens, denk nicht einmal daran, das Abendessen zu kochen«, sagte Duncan. »Ich habe bereits etwas geplant.«
Zwei Minuten später hörte sie, wie sein Wagen aus der Auffahrt fuhr. Irgendwie hatte Duncans Anwesenheit ihr geholfen, sich ihren Kummer vom Leib zu halten, aber sobald sie wieder alleine war, kam er zurück. Sie hatte Hutch nur kurz gekannt, aber sie hatte ihn gemocht, hatte sich sogar vorgestellt, während des Schuljahres in Kontakt mit ihm zu bleiben und gelegentlich einen Kaffee mit ihm zu trinken. Die Tatsache war nicht zu verleugnen, dass sie teilweise die Schuld an seinem Tod trug. Wenn sie ihn nicht um Hilfe gebeten hätte, wäre er nicht ermordet worden.
Ihr Geist kehrte immer wieder zum Anblick des toten Hutch und seinem furchtbar zugerichteten Gesicht zurück. Es war schrecklich, sich seine letzten Augenblicke vorzustellen, und die Schmerzen, die diese Schläge verursacht haben mussten. Phoebe dachte zum ersten Mal seit dieser Nacht an die groben, grauen Holzsplitter, die aus Hutchs Gesicht geragt hatten. Hatte der Mörder ein Stück Feuerholz als Waffe benutzt, fragte sie sich plötzlich. Wenn das der Fall war, schien es darauf hinzuweisen, dass der Mörder nicht mit dem ausdrücklichen Ziel, Hutch zu töten, in seine Blockhütte gekommen war.
Also, was bedeutete es dann? Sie hatte vorher angenommen, dass Hutch den Mörder vorgewarnt haben musste – persönlich oder per Telefon. Aber vielleicht hatte Hutch gar nichts so Spezielles gesagt; vielleicht hatte er seinen Verdacht nur angedeutet. Also hatte die Person – oder die Personen – Hutchs Adresse aufgespürt und war bei ihm vorbeigekommen, womit er Hutch vermutlich völlig überrascht hatte. In der Unterhaltung, die gefolgt war, könnte Hutch näher ausgeführt haben, was er wusste, in dem Versuch, die Person aufzuscheuchen. Und er könnte seine Fähigkeit überschätzt haben, die Situation unter Kontrolle zu behalten.
Die Tatsache, dass der Mörder seinen Wagen anderswo geparkt hatte, spiegelte das Bedürfnis nach Geheimhaltung wider, also wollte die Person, selbst wenn der Mord nicht vorsätzlich geplant gewesen war, sicher sein, dass sein – oder ihr – Wagen von niemandem an der Blockhütte entdeckt wurde.
Nachdem sie alle ihre Kräfte zusammengenommen hatte, zwang sich Phoebe, das Bett zu verlassen. Als sie eine weitere Tasse Kaffee trank, klingelte ihr Telefon in ihrer Handtasche.
»Wo zum Kuckuck bist du?«, verlangte Glenda zu wissen, bevor Phoebe auch nur ein Hallo herausbringen konnte. Glenda klang eher besorgt als beleidigt.
»Du bist bei meinem Haus vorbeigefahren?«
»Ich stehe gerade davor. Ich habe an die Tür geklopft, aber es macht niemand auf.«
Ich bin geliefert, dachte Phoebe. Jetzt muss ich das mit Duncan erzählen, und sie wird sauer sein, dass ich es vor ihr geheim gehalten habe.
»Ich bin nicht da. Ich – ich bin im Haus von jemand anderem. Von einem Kerl.«
Glenda kicherte gutmütig.
»Hast du irgendeinen süßen Arzt im Krankenhaus aufgelesen?«, fragte sie. »Ich muss sagen,
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